Blättert
man in den Kritiken über die Arbeit der irischen Rocksaurier
U2, welche sie in den letzten zwei Jahren machten, so stösst
man immer wieder auf Begriffe wie schräg, ausgeflippt
oder Demontage des kommerziellen Rock n' Rolls. Wer so argumentiert
hat recht; wer sagt, es sei primitv, hat recht; und wer sagt,
dass es genial sei, hat recht. Doch verstanden hat niemand.
Der Schlüssel, um den tieferen Sinn in der Arbeit von
U2 zu finden, liegt in ihrer Live-Show; Zoo TVgenannt.
Es begann
am 17. Januar 1991. Wie Millionen anderer Menschen verfolgte
auch Paul Hewson, alias Bono Vox, den Beginn des Golfkriegs.
Bono erzählt: «Damals hat die Welt einen Videospiel
erlebt. Mit der Fernbedienung konnte man von der Zerstörung
menschlicher Leben auf eine nette Serie oder Werbung umschalten.»
Diese Erkenntnis führte bei Bono zu einem inneren Konflikt.
Aus diesem Konflikt heraus entstand das Album «Achtung
Baby».
Auf der
anschliessenden«Zoo-TV-Tour arbeitet die Band
mit namhaften Videokünstlern zusammen. Auf über
40 Fernsehbildschirmen erscheinen Slogans wie «Jeder
Künstler ist ein Kannibale» oder «Jeder Mensch
ist Ausländer». Aussagen, die verwirren, die aber
auch einen tieferen Sinn habe, wie zum Beispiel: «Alles
was Du weisst ist falsch». Dieser Slogan ist das Motto
der Band. Gitarrist The Edge: «Sicherheit ist die Mutter
der Katastrophe. Sobald du dich auf deinen Lorbeeren auszuruhen
beginnst, läuft der Countdown zum Desaster». U2
will mit ihrer Zoo-TV-Show den Leuten eine Spiegel
vorhalten. Sie fragen: «What do you want? - Was wollt
Ihr?»
Zoo
TV und die Medien
Die Zoo-TV-Show wurde von vielen fälschlicherweise
als Widergabe der Medienübersättigung empfunden.
aus der Tatsache heraus, dass man die Massenmedien nur schwr
kritisieren kann, setzte U2 den Informationsüberfluss,
der uns im Alltag überforder, gezielt in ihre Light-Show
ein, um die Musik zu unterstreichen. Auf die Frage, ob es
denn in der Show nicht um Nähe und Distanz geht, erklärt
The Edge: «Das ist nur so eine Idee, die wir in unsere
Show einbauten. Distanz hat in der heutigen Zeit keine Bedeutung
mehr. Per Fernbedienung ist man in Sarajewo oder Kuwait. Wir
wollen mit der kleinen Vorbühne dem Publikum näherkommen.»
Trotzdem ist es schwierig, der Band näherzukommen, denn
schon nach kurzer Zeit geht Zoo TV erneut los.
Zoo
TV und Nazipropaganda
Beim Song Bullet The Blue Sky liefen Bilder von Konzentrationslagern
und anderen Nazigreueln über die Videowand. Die Scheinwerfer
spielten Krieg. In dieses Lichterinferno hinein schrie Bono
mit eiserner Stimme und perfektem Deutsch: «So weit
darf es nicht mehr kommen!»
Zu Beginn
der Zooropa '93-Show, welche sich überhaupt nicht
von Zoo TV unterscheidet, lief ein Nazipropagandafilm.
The Edge dazu: «Mit dieser Montage wollen wir den Optimismus
faschistischer und kommuninistischer Regimes zeigen. Wir präsentieren
Visionen Europas, die gescheitert sind, ohne dabei die schlechten
Seiten zu unterstreichen. Wir fragen, ws wollt Ihr? (...)
Europa ist sehr unsicher geworden, und man weiss nicht einmal
mehr, was es heisst, Europäer zu sein. Diese Situation
könnte sehr schlecht ausgehen, aber auch Ausgang neuer
Ideen sein.»
Zoo
TV wird Zooropa '93
Während ihrer US-Tour mischte sich U2 ungewollt in den
laufenden amerikanischen Wahlkampf ein. Sie telefonierten
während ihrer Bühnenshow ins Weisse Haus. Nach Reklamationen
liess die Band George Bush in einem Video «We Will Rock
You» rappen, was viele Amerikaner als Unterstüztung
für Bill Clinton werteten. Einige Wochen später
empfing die Band Bill Clinton in ihrer Hotelsuite. Sie sagte
ihm, dass U2 weder ihn noch George Bush unterstützen
werde. Nach seiner Wahl bedankte sich Clinton über den
irischen Aussenminister bei U2 für ihren ungewollten
Einsatz.
Nach ihrer
US-Tour nahm die Band ihr aktuelles Album Zooropa auf.
In einem Interview erzählt Bono: «Mit Zooropa (der
Show) versuchen wir, die Spuren der Dadaisten aus dem Berllin
der 20er Jahre aufzunehmen. Wir picken den Machoaspekt des
Faschismus heraus und machen ihn lächerlich.»Doch
eigentlich ist es kein Lächerlichmachen des Faschismus,
sondern eine Warnung an uns alle vor der Neo-Faschismus-Welle,
die auch die Schweiz erfasst hat.
Zukunft
U2 und REM wollen zusammen ins Studio gehen und eine Platte
miteinader aufnehmen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Bei der Feier, die Bill Clinton zu siener Amtseinführung
fab, traten Mike Mills und Michael Stipe von REM sowie Larry
Mullen JR. und Adam Clayton von U2 zusammen auf und sangen
den U2 Song One. Die Band nannte sich Automatic Baby,
benannt nach den beiden Alben Automatic For The People
von REM und Achtung Baby von U2.
Die nächste
CD wir wahrscheinlich ein Live-Album sein. Grund: Die letzte
und einzige Live-CD, Under A Blood Red Sky erschien vor zehn
Jahren. Seither waren U2 auf fünf grossen Welttourneen
und es kursieren genügend Raubpressungen von U2-Konzerten.
Foto:
Anton Corbijn, U2.com
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Tracklisting
Zooropa
Babyface
Numb
Lemon
Stay (Faraway, So Close)
Daddy's Gonna Pay For Your Crashed Car
Some Days Are Better Than Others
The First Time
Dirty Day
The Wanderer
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Nachbetrachtung
des Artikels
Ein sehr interessanter Artikel. Auffällt, dass U2 nicht
eine Pluralform, eine Band eben, ist. Die Quellen für
diesen Artikel waren die diversen Interviews in der Fach,
aber auch Tages- und Wochenpresse. Man kann bemängeln,
dass das Konzert von Basel nicht mit einem Wort erwähnt
worden war. Zur Zeit, als der Artikel erschien, hat es dieses
Foto noch nicht gegeben. Aufgenommen wurde es Ende 1993. Aber
dies ist Cyberspace, nichts ist real, nur virtuell.:o)
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