Musicus
See you on Cloud 9
November 2002
Nicht alles ist neu auf Brainwashed, dem finalen Studioalbum von George Harrison, dessen Fertigstelleung er nicht mehr erlebete. Dennoch ist es Kandidat für das Album des Jahres. Bewertung: * * * * * *

Das Warten auf George Harrisons neues Studioalbum, dem ersten seit dem 1987er Meisterwerk Cloud Nine, dauerte lange. Sehr lange, zumindest einer - so sagen Zyniker - hat das Warten auf George nicht überlebt, er selbst. Waren es zuerst die erfolgreichen Alben mit Travelling Wilburys und die Japan-Tournee mit Eric Clapton anno 1992, welche das Album verzögerten, so wars in der Folge das Stillhalteabkommen der Rest-Beatles, die Anthology Serie nicht mit eigenen Solo-Alben zu torpedieren. Seit 1996 aber spach Harrison von seinem neuen Album und zitierte wacker Songs davon. Doch George sollte die Veröffentlichung nicht mehr erleben. Er hatte den Kampf gegen Krebs am 29. November 2001 verloren. Das Album wurde von Jeff Lynne und Dahni Harrison, Georges Sohn beendet.

Brainwashed ist ein starkes Adieu, Harrisons letztes Meisterwerk. Der älteste Song ist Run So Far, der bereits auf Journeyman von Eric Clapton anno 1989 erschienen ist. Bei Slowhand passte der Song nicht so ganz auf die Scheibe, ganz anders bei Harrison. Locker und beschwingt kommt der Opener Any Road daher, begleitet von einer frischen Slide Gitarre. Any Road ist eine Lektion in Zen: «If you don't know where you're going, any road will take you there.» Vatican Blues ist vielleicht der Beste Song, eine ironische Abrechnung mit dem schönen Schein des Katholizismus.

Pisces Fish, Looking For My Life und Stuck Inside A Cloud sind wohl autobiographische Songs, die von der Krankheit und dem Messerattentat von Ende 1999 handeln. Und was wäre ein Harrison Album ohne die Suche nach Gott und den Sinn des Lebens? Es wäre nur ein halbes Album, ja nicht mal eine Single. My Sweet Lord, nach Harrisons Tod noch einmal als CD-Single veröffenlticht, eroberte in England die Hitparadenspitze. Waren seine Alben in den 70er Jahren stark predigerhaft, so hat er bei Brainwashed den Bogen raus: «God, God, God, lead us through all this mess» singt er im Titelsong, der in einem indischen Mantra endet, eine Coda der Erlösung, wie David Fricke vom Rolling Stone meinte.

Welch Klasse Gitarrist ging der Welt verloren. Der Marwa Blues ist ein Instrumental, alles freundlich weinende Slide Gitarren. Es ist beinahe unmöglich herauszufinden, welche Gitarren noch von Harrison gespielt wurden, und welche Jeff Lynne und Dahni einspielten. Überhaupt ist es Jeff Lynne gelungen, das Album nicht zu verbocken. Es klingt zwar nach Travelling Wilburys Vol 5, doch eben auch nach George Harrison. Gerade beim Gitarrenspiel, das nicht geglättet wurde.

Brainwashed ist zu schön, um ein Abschiedsgeschenk zu sein. Tröstend und Hoffnung spendend wirken Harrisons eigene Worte: «See you on Cloud 9». Ein Wiedersehen und -hören im Himmel, das Freude bereiten wird.

Tracklisting:

Any Road
Vatican Blues Pt2 (Last Saturday Night)
Pisces Fish
Looking For My Life
Rising Sun
Marwa Blues
Stuck Inside A Cloud
Run So Far
Never Get Over You
Between The Devil And The Deep Blue Sea
Rocking Chair In Hawai
Brainwashed

Bonus DVD
Die Bonus DVD enthält ein rund 10 minütiges EPK über die Entsehung des Albnums. Interviewt wurden George Harrison, Jeff Lynne und Dahni Harrisson.

George Harrison
Brainwashed
EMI Parlophone 7423 xxxyyy 2 (CD und DVD Box Set)

Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätt's getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk

Links:
http://www.georgeharrison.com