Das Blubbern,
das auf den letzen beiden Alben den musikalischen Untergrund
legte, ist verschwunden. Stattdessen kehrten die Gitarren
in einer selt-nen Vielfalt zurück: verzerrt, akkustisch,
heulend, nie aber krachend. Ebenso verschwunden ist die zusammengeschriebene
Schreibweise des Bandnamens. Züri West besannen sich
ihrer Wurzeln und reduzierten sich auf ihre musikalischen
und erzählerischen Stärken.
Schon immer wurde Kuno Lauener das Etikett des literarischen
Songwriters verliehen. Tatsächlich erzählt er in
seinen Songs immer wieder Kurzgeschichten, beispielsweise
in 7:7, Glücklech, 1968, Zorro oder in der Adaption
von Peter Bichsels Amerika Git's Nid. Auf Aloah
ist der narrative Part wieder so wichtig wie früher.
In Geri Gagarin erzählt Kuno Lauener augen-zwinkernd
die Geschichte von Geri Gagarin, der schon 1967 auf dem Mond
landete, und heute noch gerne den Leuten winkt. Die Parallelen
zu Bichsels Kolumbus sind nicht von der Hand zu weisen.
Laueners grösste Gabe ist es, Alltagssituationen so zu
schildern, dass das Publikum das Gefühl hat, mit einem
verständnisvollen Freund zu sprechen. Die spontane Reaktion
auf Zimmerwaud kann nur ein bewundernd gesprochenes «Genau
das habe ich auch schon erlebt. Aber Kuno kanns in die
richtigen Worte verpacken» sein. Geschildert wird in
Zimmerwaud das x-te nächtliche Wachliegen, bei
welchem der Umstand der Schlaflosigkeit ebenso schwer wiegt
wie die eigentlichen Probleme.
Der beste Song auf Aloha ist I Ha Ke Ahnig Wie Me
Mit Som Ne Ängu Redt, der ähnlich wie
I Schänke Dr Mis Härz vor zehn Jahren nicht
nur Hit- sondern auch Suchtpotenzial enthält. War es
vor zehn Jahren Küse Fehlmanns wimmernde Gitarre, zu
welcher Lauener sein Herz anpries, ist es in Ängu
Tom Etters Mundharmonika, welche den Zuhörer auf
derselben sentimentalen Ebene abholt. Unvermittelt steht Laueners
Protagonist vor einem (mensch-lichen) Engel, muss aber resigniert
feststellen, dass er keine Ahnung hat, wie man zu einem solchen
spricht. Tröstlich, dass auch Vergötterte überfordert
sein können.
Kuno Lauener integriert immer wieder die Songs seiner Vorbilder
sprachlich und geografisch in die ihm bekannte Welt rund um
Bern. Das Resultat klingt jeweils so selbstverständlich,
als hätten Lou Reed und Prince schon immer über
den Schreiner aus Hasle-Rüegsau und das Shoppy Land geschrieben.
Auf Aloha nahm er sich David Bowie und der Ideal-Sängerin
Annette Humpe an. Tribsand und Mir Hei Üs Troffe
Im Ne Garte werden ihren festen Platz in Züri Wests
Repertoire einnehmen, wie das I Ha Di Gärn Gha
und Lue Zersch Wohär De Wind Wääit getan
haben.
Den Sex nur noch in der Stimme
Bereits der erste Song Tribsand macht das schwache Vorgängeralbum
Radio Zum Glück vergessen. Die damaligen Neuzuzüger
Oli Kuster und Jürg Schmidhauser haben sich bestens integriert.
Die Band ist derart homogen geworden, dass Gastsängerin
Jaël auf Schötem wie ein altgedientges Bandmitlglied
klingt. Bei der gemeinsamen Interpretation des Gainsbourg
Klassikers verführt sie mit ebensoviel Erotik in der
Stimme, wie man das von Lauener in seinen besten Momenten
gewohnt ist.
Die Sexualität ist bei Laueners Songs abgehackt. Den
Sex hat er in seine Stimme zurückgelegt und verführt
damit wieder die alten Fans, die intelligente rockige Songs
radiotauglichem Pop vorziehen. Ironischerweise klang gerade
Radio zum Glück wie der zu recht kritisierte Einheitsbrei
der Radios. Es macht den Anschein, als ob Züri West zehn
Jahre nach ihrem unerwarteten Grosserfolg wieder zu sich gefunden
haben. Aloha From Züri West ist ein Album, womit
die Band nichts beweisen muss, sondern aus Spass aus der Freude
musiziert.
Ohalätz, ZüriWest in Bälpmoos? Foto: Anette
Bouteiller, zvg
|
Tracklisting:
Tribsand
Fingt ds Glück Eim?
I ha ke Anig Wie Me Mit Som'Ne Ängu
Redt
Geri Gagarin
Zimmerwaud
Hula
Römer
Pünktli
Popsong
Am Tag Wo Är Isch Gange
Mir Hei Üs Troffe Im Ne Garte
Schötem - Jaël vs Lauener
|