Musicus
Aus Spass an der Freude
3. Juni 2004
Aloha From Züri West ist ein auf die narrativen und musikalischen Stärken der Band reduziertes Album geworden. Es zeigt die Berner Mundart Rocker gereift. Eine Annäherung an den Songwriter Kuno Lauener.
Bewertung: * * * * * 1/2

Das Blubbern, das auf den letzen beiden Alben den musikalischen Untergrund legte, ist verschwunden. Stattdessen kehrten die Gitarren in einer selt-nen Vielfalt zurück: verzerrt, akkustisch, heulend, nie aber krachend. Ebenso verschwunden ist die zusammengeschriebene Schreibweise des Bandnamens. Züri West besannen sich ihrer Wurzeln und reduzierten sich auf ihre musikalischen und erzählerischen Stärken.

Schon immer wurde Kuno Lauener das Etikett des literarischen Songwriters verliehen. Tatsächlich erzählt er in seinen Songs immer wieder Kurzgeschichten, beispielsweise in 7:7, Glücklech, 1968, Zorro oder in der Adaption von Peter Bichsels Amerika Git's Nid. Auf Aloah ist der narrative Part wieder so wichtig wie früher. In Geri Gagarin erzählt Kuno Lauener augen-zwinkernd die Geschichte von Geri Gagarin, der schon 1967 auf dem Mond landete, und heute noch gerne den Leuten winkt. Die Parallelen zu Bichsels Kolumbus sind nicht von der Hand zu weisen.

Laueners grösste Gabe ist es, Alltagssituationen so zu schildern, dass das Publikum das Gefühl hat, mit einem verständnisvollen Freund zu sprechen. Die spontane Reaktion auf Zimmerwaud kann nur ein bewundernd gesprochenes «Genau das habe ich auch schon erlebt. Aber Kuno kann’s in die richtigen Worte verpacken» sein. Geschildert wird in Zimmerwaud das x-te nächtliche Wachliegen, bei welchem der Umstand der Schlaflosigkeit ebenso schwer wiegt wie die eigentlichen Probleme.

Der beste Song auf Aloha ist I Ha Ke Ahnig Wie Me Mit Som’ Ne Ängu Redt, der ähnlich wie I Schänke Dr Mis Härz vor zehn Jahren nicht nur Hit- sondern auch Suchtpotenzial enthält. War es vor zehn Jahren Küse Fehlmanns wimmernde Gitarre, zu welcher Lauener sein Herz anpries, ist es in Ängu Tom Etters Mundharmonika, welche den Zuhörer auf derselben sentimentalen Ebene abholt. Unvermittelt steht Laueners Protagonist vor einem (mensch-lichen) Engel, muss aber resigniert feststellen, dass er keine Ahnung hat, wie man zu einem solchen spricht. Tröstlich, dass auch Vergötterte überfordert sein können.

Kuno Lauener integriert immer wieder die Songs seiner Vorbilder sprachlich und geografisch in die ihm bekannte Welt rund um Bern. Das Resultat klingt jeweils so selbstverständlich, als hätten Lou Reed und Prince schon immer über den Schreiner aus Hasle-Rüegsau und das Shoppy Land geschrieben. Auf Aloha nahm er sich David Bowie und der Ideal-Sängerin Annette Humpe an. Tribsand und Mir Hei Üs Troffe Im Ne Garte werden ihren festen Platz in Züri Wests Repertoire einnehmen, wie das I Ha Di Gärn Gha und Lue Zersch Wohär De Wind Wääit getan haben.

Den Sex nur noch in der Stimme

Bereits der erste Song Tribsand macht das schwache Vorgängeralbum Radio Zum Glück vergessen. Die damaligen Neuzuzüger Oli Kuster und Jürg Schmidhauser haben sich bestens integriert. Die Band ist derart homogen geworden, dass Gastsängerin Jaël auf Schötem wie ein altgedientges Bandmitlglied klingt. Bei der gemeinsamen Interpretation des Gainsbourg Klassikers verführt sie mit ebensoviel Erotik in der Stimme, wie man das von Lauener in seinen besten Momenten gewohnt ist.

Die Sexualität ist bei Laueners Songs abgehackt. Den Sex hat er in seine Stimme zurückgelegt und verführt damit wieder die alten Fans, die intelligente rockige Songs radiotauglichem Pop vorziehen. Ironischerweise klang gerade Radio zum Glück wie der zu recht kritisierte Einheitsbrei der Radios. Es macht den Anschein, als ob Züri West zehn Jahre nach ihrem unerwarteten Grosserfolg wieder zu sich gefunden haben. Aloha From Züri West ist ein Album, womit die Band nichts beweisen muss, sondern aus Spass aus der Freude musiziert.



Ohalätz, ZüriWest in Bälpmoos? Foto: Anette Bouteiller, zvg

Tracklisting:

Tribsand
Fingt ds Glück Eim?
I ha ke Anig Wie Me Mit Som'Ne Ängu Redt
Geri Gagarin
Zimmerwaud
Hula
Römer
Pünktli
Popsong
Am Tag Wo Är Isch Gange
Mir Hei Üs Troffe Im Ne Garte
Schötem - Jaël vs Lauener

ZüriWest
Aloha From ZüriWest
Weltrekords/Sound Service 120604

Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk

Links:
www.zueriwest.ch

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