Ihre
Lebensgeschichte, welche die damals 25-Jährige verbreitete,
war ebenso gut wie ihre Songs: Die böse Stiefmutter hatte
Klein-Linda für fünf Monate in einen finsteren Keller
eingesperrt. Ernährt habe sie sich von dicken Spinnen.
Und natürlich gebrüllt wie am Spiess, um wieder
frei gelassen zu werden. Als sie endlich, quasi von der Spinnenfrau
geküsst, wieder das Tageslicht erblicken durfte, hatte
sie eine Stimme, um in einer Band auftreten zu können.
Die wohl frei erfundene Räuberpistole weist auf das grösste
Plus Linda Perrys hin: ihre Stimme. Schnell wurde sie mit
Janis Joplin und Kate Bush verglichen. Der New Musical
Express kommentierte: «Verdammt gut! Sie singt
so, wie Axl Rose nur glaubt, sich anzuhören». Die
Guns n’ Roses hatten damals gerade ihren Spaghetti Unfall
veröffentlicht.
Frühes Bush-Bashing
Gegründet wurden die 4 Non Blondes1989 in San Francisco.
Sie tingelten durch die diversen kalifornischen Clubs, ihre
erste Single Dear Mr. President richtete sich an
George Bush Senior, worin sie ihn bezichtigte, die USA zu
Grunde zu richten. Die Single wurde in den kalifornischen
Radiocharts ein Achtungserfolg. Der Song verschwand 1993 aus
dem Liveset der Band, weil damals Bill Clinton sein Amt antrat
und Linda Perry dem neuen eine Chance geben wollte. Die Labelsuche
gestaltete sich trotz Radio-Airplay schwieriger als geplant.
Schlussendlich nahm Interscope/Atlantic die Band unter Vertrag.
Ende 1992 erschien ihr Album Bigger, Better, Faster, More.
Das Cover zierte eine Zeichnung von einem rasenden Dampfzug,
der von einem grimmigen Baby gesteuert wurde, später
dann, als sich das Album doch noch in die Charts zu verirren
begann, wurde das Bild durch ein braves Bandfoto ausgewechselt.
Doch zunächst liessen sich die Albumverkäufe nur
schleppend an. Erst als die Single What’s Up ausgekoppelt
wurde, begann die Maschine zu laufen.
Kometenhafter Aufstieg
1993 war das Jahr, in welchem sich Jamiroquai als zu jung
zum Sterben befand, Stephan Eicher von Carcassonne aus die
Kritikerherzen eroberte, Pearl Jam sich aus dem Schatten Nirvanas
zu lösen begannen, Prince zum Symbol mutierte, U2 die
Welt als Zoo betrachteten, Mick Jagger und Paul McCartney
mit Sweet Thing bzw. Hope Of Deliverance um
die höchsten Chartpositionen buhlten derweil sich in
den Clubs der Techno seuchenartig auszubreiten begann.
Doch im zweiten Halbjahr war dann alles anders: What’s
Up erhielt irgend wann im Frühsommer 93 sein Radioairplay.
Am 1. August stieg die Single in die Schweizer Charts ein
und blieb 32 Wochen darin, davon 14 auf Rang 1. Die Single
belegt Rang 45 in der ewigen Bestenliste. Wie es sich für
eine anständige Single gehört, zog sie das Album
mit auf die Erfolgswelle. Bigger, Better, Faster, More
hielt sich 33 Wochen in den Charts, war 12 Wochen Nummer
1 und erreichte Doppelplatin. In Deutschland verkaufte sich
die Single eine Million mal, das Album 800 000 mal. Bei den
Bay Area Music Awards erhielten die 4 Non Blondes die Auszeichnungen
für das beste Album, die beste Single und die beste Sängerin.
1994 folgten Touren mit Pearl Jam, Bob Dylan und Neil Young.
Zweitleben als Produzentin
Alles schien für eine grossartige Karriere zu sprechen,
nach dem Album folgten Soundtrackbeiträge, darunter für
Wayne’s World 2. Doch Linda Perry befand den
Weg der Band zu kommerziell und verliess sie. Solo spielte
bei den Touren von The Who und Jethro Tull und nahm ihr erstes
Soloalbum auf. Doch sowohl The Flight als auch das
99er- After Hours floppten. Doch schon zwei Jahre
später war alles anders. Zuerst schrieb Linda Perry für
Christina Aguilera die Songs Cruz und Beautiful,
ehe sie Pinks Missundaztood produzierte sowie
Lonely Girl und den Hit Get The Party Started
schrieb. In der Folge arbeitete sie als Produzentin mit den
Sugababes, Robbie Williams, Enrique Iglesias oder Courtney
Love zusammen. Und mit ihrem Song What You Waiting For
schrieb sie die Debutsingle für Gwen Stefani. Ein Jahrzehnt
nach What's Up war Linda Perry zurück in der Szene.
Für die Qualität des Songs spricht, dass What's
Up trotz des Erfolges nicht in den zig Best-of-80er-und
90er-Formatradios zu tode genudelt wurde.
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4
Non Blondes: Bigger, Better, Faster More
Tracklisting:
Train
Superfly
What's Up?
Pleasantly Blue
Morphin And Chocolate
Spacemen
Old Mr. Heffer
Calling All The People
Dear Mr. President
Drifting
No Place Like Home
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