Musicus
Vom Kuss der Spinnenfrau
8. Juli 2006
What’s Up von den 4 Non Blondes steht auf Platz 45 der ewigen Bestenliste der CH-Singlecharts. Nach dem Ende der Band startete Frontfrau Linda Perry ihre Solokarriere, Christina Aguilera, Pink und Gwen Stefani hatten in diesem Jahrzehnt mit Songs von Perry Hitsingles.  

Ihre Lebensgeschichte, welche die damals 25-Jährige verbreitete, war ebenso gut wie ihre Songs: Die böse Stiefmutter hatte Klein-Linda für fünf Monate in einen finsteren Keller eingesperrt. Ernährt habe sie sich von dicken Spinnen. Und natürlich gebrüllt wie am Spiess, um wieder frei gelassen zu werden. Als sie endlich, quasi von der Spinnenfrau geküsst, wieder das Tageslicht erblicken durfte, hatte sie eine Stimme, um in einer Band auftreten zu können. Die wohl frei erfundene Räuberpistole weist auf das grösste Plus Linda Perrys hin: ihre Stimme. Schnell wurde sie mit Janis Joplin und Kate Bush verglichen. Der New Musical Express kommentierte: «Verdammt gut! Sie singt so, wie Axl Rose nur glaubt, sich anzuhören». Die Guns n’ Roses hatten damals gerade ihren Spaghetti Unfall veröffentlicht.

Frühes Bush-Bashing

Gegründet wurden die 4 Non Blondes1989 in San Francisco. Sie tingelten durch die diversen kalifornischen Clubs, ihre erste Single Dear Mr. President richtete sich an George Bush Senior, worin sie ihn bezichtigte, die USA zu Grunde zu richten. Die Single wurde in den kalifornischen Radiocharts ein Achtungserfolg. Der Song verschwand 1993 aus dem Liveset der Band, weil damals Bill Clinton sein Amt antrat und Linda Perry dem neuen eine Chance geben wollte. Die Labelsuche gestaltete sich trotz Radio-Airplay schwieriger als geplant. Schlussendlich nahm Interscope/Atlantic die Band unter Vertrag. Ende 1992 erschien ihr Album Bigger, Better, Faster, More. Das Cover zierte eine Zeichnung von einem rasenden Dampfzug, der von einem grimmigen Baby gesteuert wurde, später dann, als sich das Album doch noch in die Charts zu verirren begann, wurde das Bild durch ein braves Bandfoto ausgewechselt. Doch zunächst liessen sich die Albumverkäufe nur schleppend an. Erst als die Single What’s Up ausgekoppelt wurde, begann die Maschine zu laufen.

Kometenhafter Aufstieg
1993 war das Jahr, in welchem sich Jamiroquai als zu jung zum Sterben befand, Stephan Eicher von Carcassonne aus die Kritikerherzen eroberte, Pearl Jam sich aus dem Schatten Nirvanas zu lösen begannen, Prince zum Symbol mutierte, U2 die Welt als Zoo betrachteten, Mick Jagger und Paul McCartney mit Sweet Thing bzw. Hope Of Deliverance um die höchsten Chartpositionen buhlten derweil sich in den Clubs der Techno seuchenartig auszubreiten begann.

Doch im zweiten Halbjahr war dann alles anders: What’s Up erhielt irgend wann im Frühsommer 93 sein Radioairplay. Am 1. August stieg die Single in die Schweizer Charts ein und blieb 32 Wochen darin, davon 14 auf Rang 1. Die Single belegt Rang 45 in der ewigen Bestenliste. Wie es sich für eine anständige Single gehört, zog sie das Album mit auf die Erfolgswelle. Bigger, Better, Faster, More hielt sich 33 Wochen in den Charts, war 12 Wochen Nummer 1 und erreichte Doppelplatin. In Deutschland verkaufte sich die Single eine Million mal, das Album 800 000 mal. Bei den Bay Area Music Awards erhielten die 4 Non Blondes die Auszeichnungen für das beste Album, die beste Single und die beste Sängerin. 1994 folgten Touren mit Pearl Jam, Bob Dylan und Neil Young.

Zweitleben als Produzentin
Alles schien für eine grossartige Karriere zu sprechen, nach dem Album folgten Soundtrackbeiträge, darunter für Wayne’s World 2. Doch Linda Perry befand den Weg der Band zu kommerziell und verliess sie. Solo spielte bei den Touren von The Who und Jethro Tull und nahm ihr erstes Soloalbum auf. Doch sowohl The Flight als auch das 99er- After Hours floppten. Doch schon zwei Jahre später war alles anders. Zuerst schrieb Linda Perry für Christina Aguilera die Songs Cruz und Beautiful, ehe sie Pinks Missundaztood produzierte sowie Lonely Girl und den Hit Get The Party Started schrieb. In der Folge arbeitete sie als Produzentin mit den Sugababes, Robbie Williams, Enrique Iglesias oder Courtney Love zusammen. Und mit ihrem Song What You Waiting For schrieb sie die Debutsingle für Gwen Stefani. Ein Jahrzehnt nach What's Up war Linda Perry zurück in der Szene. Für die Qualität des Songs spricht, dass What's Up trotz des Erfolges nicht in den zig Best-of-80er-und 90er-Formatradios zu tode genudelt wurde.

4 Non Blondes: Bigger, Better, Faster More

Tracklisting:


Train
Superfly
What's Up?
Pleasantly Blue
Morphin And Chocolate
Spacemen
Old Mr. Heffer
Calling All The People
Dear Mr. President
Drifting
No Place Like Home

 

 

Linda Perry mit ihrem Markenzeichen, der Fliegerbrille.

 
   

Links der im Artikel erwähnten Shops:

www.lindaperry.com

 

 

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