Musicus
Abgespeckt
17. November 2003
Let It Be - das Beatlesalbum, welches nach 34 Jahren endlich die Welt erblickt, wie es eigentlich hätte sein sollen. Bewertung: * * * * * *

Was auf den ersten Blick wie eine Geldmaschinerie der maroden Plattenbranche aussehen mag, ist Programm. Seit die Beatles miteinander Frieden geschlossen haben, ergänzen sie ihren Katalog, ohne ihn zu ruinieren. Mitte der 90er Jahre war es die Anthology Serie gewesen, welche einen interessanten Einblick in ihr Schaffen ermöglichte. 1998 erschien das Weisse Album remasterd. Im folgenden Jahr wurde der Zeichentrickfilm Yellow Submarine restauriert und der Filmsoundtrack um den digital remasterten Songtrack erweitert. Im Jahr 2000 folgte die fade Nummer 1 Kollektion 1, mit 27 Nummer 1 Singles, die sich über 27 Millionen Mal (was für ein Zufall) verkaufte. Nun ist die Reihe am Let It Be Album, welches nach vierundreissig Jahren vollendet wurde.

Die Entstehungsgeschichte ist hinlänglich bekannt. Währen den White-Album Sessions im Herbst 1968 traten erste Reibereien auf. Anfang Januar 1969 zogen sich die Beatles für ein neues Projekt, eine filmische Dokumentation ihres Schaffens, ins Studio zurück. Doch die Streitereien nahmen überhand. John Lennon wollte George Martin nicht mehr als Produzenten, Paul McCartney schrieb George Harrison vor, wie er die Gitarre zu spielen hatte, so dass dieser die Band vorübergehend verliess. «Wenn er bis Montag nicht zurück ist, nehmen wir Eric Clapton», war Lennons Kommentar. Slowhand wurde zum verhinderten Beatle, obwohl auf While My Guitar Gently Wheeps Gitarre spielte. Dafür schaffte es ein anderer, als fünfter Beatle aufgenommen zu werden: Billy Preston als Keyboarder. Das damals aufgenommene Album wurde nicht fertiggestellt, dafür nahmen die Beatles im Sommer - mit George Martin - Abbey Road auf. Anfang 1970, zur Fertigstellung des Films Let It Be, überarbeitete Phil Spector die Aufnahmen aus den so genannten Get Back Sessions. Das Album erschien allerdings nach der Trennung der Beatles.

Ein Meisterwerk - irgendwie
Mit Let It Be war niemand wirklich zufrieden, die Fans nicht, die Beatles noch weniger. McCartney ist bis heute schockiert über den Wall of Sound und das Streicherarrangement, welches Phil Spector The Long And Winding Road verpasste. Auch Across The Universe wurde stark von Spector verändert: Er verlangsamte die Spuren und mischte ein Chor dazu. Zwischen die Songs mischte er Gesprächsfetzen vom letzen Konzert der Beatles, aufgenommen auf dem Dach des Gebäudes von Apple. Das Album Let It Be enthielt zudem differente, schwächere Versionen der Singles Let It Be und Get Back. Es erschien als fader Nachgeschmack einer glanzvollen Karriere. Doch so schlecht konnte es gar nicht sein, mit Get Back, Across The Universe, The Long And Winding Road und Let It Be waren vier der unvergesslichsten Songs der Fab Four auf dem Album.

Auf Let It Be... Naked sind erwartunggemäss die um den Wall of Sound bereinigten Fassungen von Across The Universe und The Long And Winding Road zu hören. Bei letzterem ist anstelle des Streichersolos ein Hammond-Orgel Solo Billy Prestons getreten. Don't Let Me Down scheint ebenfalls eine andere Version zu sein, als die Single-B Seite von 1969. Die anderen Stücke wurden digital remasterd und setzen einmal mehr einen Meilenstein punkto Klangqualität. Noch nie hat Two Of Us so klar geklungen, noch nie war One After 909 so rein. Sogar das eher düstere I've Got A Feeling erhielt durch das Remaster einen frischen Glanz. Aus der Distanz von 33 Jahren und dem direkten Vergleich der beiden Alben lässt sich sagen, dass auch Let It Be... Naked ein Meisterwerk ist. Irgendwie. Schliesslich sind ja vier der grössten Beatleshits darauf vertreten.


Die Beatles während den Get Back Sessions im Januar 1969. Foto: rollingstone.com

Tracklisting:

CD1
Get Back
Dig A Pony
For You Blue
The Long And Winding Road
Two Of Us
I've Got A Feeling
One After 909
Don't Let Me Down
I Me Mine
A
cross The Universe
Let It Be

CD2

Fly On The Wall - Soundcollage

The Beatles
Let It Be... Naked
Apple Parlophone 7243 595227- 4 6

Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk

Links:
http://www.thebeatles.com
http://www.paulmccartney.com

Die weiteren Artikel über Paul McCartney von Yves Baer:

Unplugged zum zweiten (1992, Unplugged The Official Bootleg)
Flying Around (1993, Off The Ground)
Thrillington's Trance Beat (1995, ReIssue Thrillington, The Firemen Strawberries Ocean Ships Forrest)
Nekrophile Sounds (1995, Beatles Anthology Vol. 1)
Die Welt heut Nacht (1997, Flaming Pie)
The Firemen Rushes In (1998, Firemen Rushes)
Lauf Teufel lauf (1999, Run Devil Run und Working Classical)
Liverpool Soundcollage (2000, Liverpool Soundcollage)
Maccas Freiheit (2001, Driving Rain)
Nur ein kleines Detail (2003, Darf Lennon/McCartney in McCartney/Lennon geändert werden?
Zurück aus der neuen Welt (2003, Back In The USA/World CDs DVD)