Livealben
nach erfolgreichen Tourneen gibt es zuhauf. Auch von Paul
McCartney: Wings Over America (1976), Tripping The
Life Fantastic (1990) oder Paul Is Life (1993).
Letzteres eine Ergänzung zum Tripping-Album mit
Songs (ausser Live And Let Die), die nicht schon auf
der World Tour von 1989/90 gespielt wurden. Dies sind
aber alles Tourzusammenschnitte. Einen Konzertmitschnitt bietet
lediglich Unplugged - The Official Bootleg. Es war
das erste Unpluggedkonzert überhaupt. Und auch das erste
Unplugged-Album, anno 1991. Von der finalen Wingstour 1979
gibt es bis heute kein Zeugnis, ebensowenig von der Universitäts-
und Europatour von 1972, welche den Ex-Beatle nach Montreux
und ins Kongresshaus Zürich geführt hatte.
Die Driving
USA Tour im Frühjahr 2002 bereitete den Kritikern,
Konzertbesuchern und nicht zuletzt McCartney solchen Spass,
dass er bereits im Herbst, bei der Back In The USA Tour
als Souvenir die CD Back In The USA verkaufte. So kam
es, dass in Europa nur ausgesuchte Läden die CD im Sortiment
führten. Ebenso die gleichnamige DVD. Als im März
dieses Jahres die Europatournee begann, war für McCartney
der Zeitpunkt gekommen, Back In The World zu veröffentlichen,
sozusagen eine CD des Konzertes das man eben gehört hatte.
Vom Krieg
eingeholt
Ein Fan muss sich beide Alben kaufen - versteht sich von selbst.
Denn zwischen den USA und dem Rest der Welt veränderte
Sir Paul auch die Setliste. Freedom oder Vanilla
Sky (warum eigentlich???) fielen in Europa aus dem Set,
dafür kamen She's Leaving Home, Calico Skies und
Let 'Em In neu hinzu. Freedom, von vielen fälschlicherweise
als Kriegshymne missverstanden, war in Europa, das mehrheitlich
gegen den Irakkrieg war, deplatziert. McCartney schrieb den
Song am 12. September 2001, einen Tag nach dem er Augenzeuge
der schrecklichen Ereignisse in New York geworden war. Als
alter Hippie gilt es zu sagen, ich kämpfe für meine
Freiheit. Und dass der Song aus dem Set verschwand, bedeutet
folgerichtig, dass ein Krieg um Erdöl, ein Eroberungskrieg
folglich, kein gerechter Krieg sein kann und nichts mit der
von Paul McCartney gemeinten Freiheit zu tun. (Vergleiche
hierzu auch den Arikel über das Album Driving Rain
im Archiv). Calico Skies ist auch auf dem Warchild-Sampler
zugunsten der notleidenden irakischen Kinder zu finden.
Die Höhepunkte
Die Höhepunkte der beiden Alben lassen sich leicht feststellen,
auch wenn die CD1 von Back In The USA und CD 2 von
Back In The World das ideale Album abgegeben hätten.
Die beiden Tribute an die verstobenen Freunde und Partner
John Lennon und George Harrison gehören zu den Highlights:
Here Today ab dem Album Tug Of War erlebte hier
seine Livepremiere. Bei Something von George Harrison
spielte McCartney solo die Ukulele. Überhaut ist sein
Solo und Unpluggedteil der stärkste des Konzertes. You
Never Give Me Your Money, Vanilla Sky (nur auf BIT US)
oder Calico Skies (nur auf BITW) zeugen davon.
Zu unausgewogenes Set
Schade, dass McCartney noch immer mehr als die Hälfte
seines Sets mit Beatlessongs füllt. Sein Solowerk ist
nicht zu verachten. Wer das Tracklisting der beiden Alben
vergleicht, sieht, dass mit C'Moon, Every Night, My Love,
Let Me Roll It, Band On The Run, Jet und Maybe I'm
Amazed die 70er Jahre recht gut vertreten sind. Dass aber
zwischen Here Today und Driving Rain eine Schaffenslücke
von zwanzig Jahren klafft, lässt sich aus rationalen
Gründen nicht erklären. Say Say Say, No More
Lonely Nights, Off The Ground, This One, My Brave Face würden
jedes überflüssige All My Loving, I Saw Her Standing
There oder We Can Work It Out aufwiegen. Ein Trost
bleibt. Die Zweijahrzehtelücke von Back In The USA
wurde dank der wunderbaren Version von Calico Skies
ab dem 97er Album Flaming Pie auf fünfzehn Jahre
reduziert. Und je jünger McCartneys Mitmusiker werden,
die nicht mit den Beatles, sondern mit seinem Solowerk aufgewachsen
sind, desto eher können sie Sir Paul dazubringen, die
zu beatleslastigen Sets auzugleichen.
Die Hauptdiskussion
Dass auch McCartneys Livealben keine grossen Stricke zerreissen,
zeugt die Tatsache, dass die Kritker sich darüber auffhielten,
dass bei den Beatlessongs die Autorangabe auf McCartney/Lennon
lautete. (Mehr darüber in der Rubrik In Media Veritas).Nur
das Rolling Stone Magazin bemerkte, dass Sir Paul ein Wiederholungstäter
ist, denn bereits bei Wings Over America lauteten die
Credits der damals fünf Beatles Songs im Set auf McCartney/Lennon.
Und weder John noch Yoko hatten sich von 27 Jahren daran gestört.
Und tun es auch heute nicht. Denn Lennon ist genausowenig
Mitautor von Hey Jude wie McCartney von Give Peace
A Chance. Obwohl beide als Autoren angegeben werden. Warum
also sollte man nicht langsam eine als allgemeingültig
angenommene Tatsache der Legende von Lennon/McCartney überstülpen
dürfen?
Von der Ehe mit Heather Mills und den beiden
Spitzenalben Flaming Pie (1997) und Driving Rain (2001) beflügelt:
Paul McCartney während der Back In The World Tour 2002/2003.
Foto: paulmccartney.com
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Tracklisting:
CD1
Hello Goodbye
Jet
All My Loving
Getting Better
Coming Up
Let Me Roll It
Lonely Road
Driving Rain
Your Loving Flame
Blackbird
Every Night
We Can Work It Out
Mother Nature's Son
Vanilla Sky
Carry That Weight
Fool On The Hill
Here Today
Something
CD2
Eleanor Rigby
Here, There And Everywhere Band On The Run
Back In The USSR
Maybe I'm Amazed
C Moon
My Love
Can't Buy Me Love
Freedom
Live And Let Die
Let It Be
Hey Jude
The Long And Winding Road
I Saw Her Standing There Yesterday
Sgt. Pepper/The End
Änderungen gegenüber Back In The World CD:
CD1:
C'Moon, Vanilla Sky und Freedom wurden entfernt. CD 1 enthält
nur 17 Songs!
Neue Songs auf CD2:
3. Calico Skies
4. Michelle
8. Let 'em In
10. She's Leaving Home
14.
Hey Jude (live in Mexico)
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Die weiteren
Artikel über Paul McCartney von Yves Baer:
Unplugged zum
zweiten (1992, Unplugged The Official Bootleg)
Flying Around
(1993, Off The Ground)
Thrillington's
Trance Beat (1995, ReIssue Thrillington, The Firemen Strawberries
Ocean Ships Forrest)
Nekrophile Sounds
(1995, Beatles Anthology Vol. 1)
Die Welt heut Nacht
(1997, Flaming Pie)
The Firemen Rushes
In (1998, Firemen Rushes)
Lauf Teufel lauf (1999,
Run Devil Run und Working Classical)
Liverpool Soundcollage
(2000, Liverpool Soundcollage)
Maccas Freiheit
(2001, Driving Rain)
Nur ein kleines
Detail (2003, Darf Lennon/McCartney in McCartney/Lennon
geändert werden?
... und
in Kürze in Musicus:
Let It Be Naked, alles über die Urfassung des
Let It Be Albums von den Beatles, welches am 7. Novembernach
34 Jahren veröffentlicht wird.
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