Ihre beste
Zeit hatten die Stones Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre,
in der Alben wie Let It Bleed, Sticky Fingers oder
Exile On Main Street entstanden. Bewusst schürte
das Rolling Stones Lager die Erwartungen hoch, ist doch A
Bigger Bang mit über einer Stunde Spieldauer das
längste Album seit dem 1972er-Exile On Main Street.
Dass die Stones nicht nur die dienstälteste Rockband
sind, sondern ein gut funktionierendes Grossunternehmen, belegt
die Tatsache, dass ihre auf dem Bösebuben-Image aufgebaute
Promotionskampagne eingeschlagen hat. Bereits anno 1991 warfen
die Stones George Bush senior vor, den Golfkrieg bloss des
Erdöls wegen geführt zu haben. Mick Jaggers heiligen
Zorn auf sich gezogen hat nun George Bush junior mit seinem
Irakkrieg. Im Song Sweet Neo Con wirft Jagger Bush
vor, kein richtiger Christ und Patriot, sondern ein Heuchler
und ein Sack Scheisse zu sein. Die ultrakonservativen und
religiösen krochen Jagger auf den Leim und empörten
sich entsprechend lauthals über den Song. Doch nehme
Anstoss, wer sich daran stossen möchte, denn erstens
kommt der Anti-Bushsong mindestens ein Jahr zu spät und
zweitens leben die Herren Jagger und Richards seit bald drei
Jahrzehnten mit ihren Steuertricks und exorbitant hohen Ticketpreisen
bis zu 500 Franken auf der aktuellen Tour den
von ihnen so kritisierten neoliberalen Geist vor. Passend,
dass Jagger im Ausklang des Songs statt ein angewidertes Oh
No ein müdes Yeah Yeah singt.
Das eigentliche Problem von A Bigger Bang ist nicht
die mangelnde Glaubwürdigkeit der Band, sondern schlicht
und einfach, dass die Stones auf die klassische Art versagen.
Mit ihrer im Vergleich zur LP längeren Spielzeit verleitet
die CD dazu, zu viel Material zu verwerten. Man nennt dies
die CD-Falle, in welche die Stones munter musizierend getappt
sind. Der Opener Rough Justice schraubt die Er-wartungen
derart hoch, dass sie von den wenigsten Songs erfüllt
werden können. In Rain Fall Down ist die sexgeladene
Luft des Rotlichtmillieus spürbar. Bei Back Of My
Hand scheint Muddy Waters auferstanden zu sein, während
die Disocnummer Laugh I Nearley Died in die Beine geht.
Das von Keith Richards gesungene Infamy erinnert an
Bob Dylan und ist ein letzter Höhepunkt auf dem Album.
Der Rest, wie die Single Streets Of Love, ist B-Seiten
würdig und taugt allenfalls noch in den Senderaster der
Formatradios.
Per se ist A Bigger Bang weder ein gutes noch ein schlechtes
Album, sondern bloss Mittelmass. Die Rolling Stones haben
sich auf ihre musikalischen Stärken konzentriert, Mick
Jagger und Keith Richards gaben sich auch beim Songwriting
Mühe. Selbst, dass sie sich musikalisch nicht weiter
entwickelt haben, ist nicht ein Nachteil. Bloss reicht heutzutage
ein mittelmässiges Album nicht aus, um gegen die jungen
Rockbands wie Franz Ferdinand oder The White Stripes bestehen
zu können.
Seht
Euch bloss Ron Woods Smile an. (Bild: Rollingstones.com)
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Tracklisting:
Rough
Justice
Let Me Down Slow
It Won't Take Long
Rain Fall Down
Streets Of Love
Back Of My Hand
She Saw Me Coming
Biggest Mistake
This Place Is Empty
Oh No, Not You Again
Dangerous Beauty
Laugh I Nearly Died
Sweet Neo Con
Look What The Cat Dragged In
Driving Too Fast
Infamy
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