Musicus
Wo Gott rockt
26. August 2006
Rockmusik und Satanismus wird oft miteinander in Verbindung gebracht. Dabei ist die erfolgreichste Band unserer Tage christlich. Und in der Tat rockt Gott tatsächlich.  


«Jesus never let me down
You know Jesus used to show me the score.
Then they put Jesus in show business
Now it's hard to get in the door.»
U2 – «If God Will Send His Angels, 1997»


Die Sinnsuche in der zeitgenössischen Musik erlebte Mitte der 60er-Jahre einen ersten Höhepunkt, als die Beatles, Donovan und Rolling Stones beim Maharishi Mahesh Yogi und seiner transzendentalen Meditation Erfüllung suchten. Im Februar 1968 reisten die Fab Four ins Zentrum des Maharishis in Rishikesh am Fuss des Himalajas. Während Ringo Starr und Paul McCartney nach kurzer Zeit wieder abreisten, hielten es John Lennon und George Harrison zwei Monate aus, bis bekannt wurde, dass der Maharishi sich an den Kursteilnehmerinnen sexuell vergehen wollte. Lennon liess seinem Zorn in Sexy Sady auf dem Weissen Album freien Lauf, der Song trug den Arbeitstitel Who The Fuck You Think You Are.

Während damals die Sinnsuche dem Zeitgeist entsprach, werden heute gläubige Musiker oft von den Medien nicht ganz ernst genommen. So versuchten sie Musicstar Carmen Fenk bei einer Sünde zu erwischen. Liess sie sich aber nicht und moderiert nach einem singenden Ausflug in die Schweizer Charts die Hitparade beim evangelischen Radio Life Channel. Gölä verzichtete auf einen Werbevertrag mit Diax, weil die Telefonnummer die Zahl 666 enthielt, was bekanntlich The Number Of The Beast ist. Auch Jeanette Macchi Meiers Wandel von der Sängerin bei E-Rotic zur Moderatorin beim Fenster zum Sonntag wurde oft belächelt.

Modedroge Kabbala

Dass bei Mick Jagger Religion eine Rolle spielen könnte, überrascht auf den ersten Blick. Im August 2000 erklärte ein Londoner Gericht Jaggers Ehe mit Jerry Hall, die er auf Bali geschlossen hatte, für ungültig. Bei der Eheschliessung war Jagger wohl noch Buddhist gewesen. Doch schon während seiner Ehe mit Jerry Hall begann er sich für die jüdische Geheimlehre des Kabbala zu interessieren. Richtig hipp wurde Kabbala bzw. sein 1969 gegründeter Ableger Kabbala Center erst, als sich Madonna dazu bekannte, dich sich nun Ester nennt. Ihre neue Überzeugung fliesst in ihre Songs ein. Dennoch scheint sie nicht angekommen zu sein, sonst müsste sie sich in ihren Shows nicht so dämlich ans Kreuz nageln lassen. Was bei ihr aber kalte Berechnung ist, ist bei ihren Jüngerinnen wie Brittney Spears bloss naives Getue, so fiel Brittney mit falsch tätowiertem herbräischem Kauderwelsch auf.

Karrierehemmer Glaube
Oft aber bedeutete der Gang in die Spiritualität einen Karriereknick wenn nicht sogar das Ende. Mitte der 60er-Jahre konvertierte George Harrison zum Hinduismus. Die Spiritualität zieht sich denn auch als roter Faden von My Sweet Lord bis hin zum Song Brainwashed (2002) durch sein Solowerk. Harrisons temporärer Rückzug aus dem Showbusiness kam zwar von seiner Abneigung demselbigen gegenüber, doch wirkten sich seine spirituellen Songs in den 70er-Jahren hemmend auf seinen musikalischen Erfolg aus. Einzig mit My Sweet Lord hatte er gleich zweimal Erfolg: 1970 und 2001, nach Harrisons Tod, stand die Anbetungshymne an der Spitze der britischen Charts.

Ähnlich wie bei George Harrison verhält es sich bei Cat Stevens, der nach eigenen Angaben immer schon ein suchender Charakter war. So begeisterte er sich in den 60er-Jahren für den Buddhismus. Sein Bruder schenkte ihm in den 70er-Jahren einen Koran. Nachdem Stevens fast ertrunken wäre, konvertierte er zum Islam und nennt sich seither Yusuf Islam, machte fortan islamische Musik und engagierte sich karitativ. Obwohl er 9/11 verurteilte, verdächtigen ihn die Behörden als Terrorist. Heute steht er zu seiner Vergangenheit und legt auf seiner Webseite www.yusufislam.com Zeugnis ab.

The Edge von U2, für manche der ganz religiösen Zeilen verantwortlich, wie beispielsweise Jesus, Jesus help me, I'm Alone In This World, And A Fucked Up World It Is Too von Wake Up Dead Man.

 

 George Harrison (links) und unten eine Skizze von ihm zum Song Brainwashed, mit dem Kopf über der Bullshit Avenue.
 Nicht ganz so weit wie Cat Stevens ging Leonard Cohen. Bereits auf Recent Songs (1979), deutlicher aber auf seinem 1984 erschienenen Album Various Positions, wurden seine Songs spiritueller: Das Gebet If it will be you will bezeichnete er einmal als seinen besten Song. 1993 zog sich Cohen für sieben Jahre in ein buddhistisches Kloster zurück und übte sich in der Zen-Mediation und kochte für seinen Meister. 1996 wurde er zum Mönch ernannt. Nach seiner Rückkehr veröffentlichte er zwei Alben, die beide nicht mehr überzeugten.

Und siehe, es funktioniert doch
U2s Frontmann Bono wird oft als Rockmessias betitelt, da sich er sich in seinen Texten auch mit dem Glauben auseinander setzt. Und wie er in If God Will Send His Angels schrieb, schadete das Showbusiness dem Glauben mehr. Das Beispiel U2 zeigt aber, dass sich Glaube und Erfolg nicht ausschliessen. Dreiviertel der Band sind Christen, einzig von Bassist Adam Clayton weiss man nicht genau, wo er steht. Nach der Veröffentlichung ihres Debutalbums Boy bedingte sich The Edge ein Timeout aus, um darüber zu sinnieren und beten, ob sich das Leben als Rockstar mit dem Glauben vereinbaren lasse. Nach wenigen Tagen kehrte er zur Band zurück. Das Resultat war das spirituelle zweite Album October. Dass U2 zu dem geworden sind, was sie heute sind, liegt nicht nur an ihren vieldeutigen Texten, die oft auch Selbstzweifel ausdrücken, sondern auch daran, dass sie stets glaubwürdig geblieben sind. Und so hat ihnen das Publikum den Ausflug in den Profanismus während der Popmart-Tour (1997) längst vergeben. Auf die 1981er-Zeit zurückblickend stellt Bono heute aber klar, dass ein Ausstieg von Edge das Ende der Band bedeutet hätte.
 

 

 

 

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