In the presence of the Lords

24. Februar 2009

Eric Clapton und Steve Winwood, ein Duo mit Geschichte, ist mit Live-Album und US-Tour zurück. Anstatt die Götterdämmerung zu zelebrieren, scheinen sie einen Jungbrunnen gefunden zu haben.

Bewertung * * * * * 1/2


Eric Clapton ist mit sich und dem Leben im Reinen. Man mag es ihm gönnen, gelitten hat er weiss Gott genug. Man hört diese Zufriedenheit der Musik an. Auf seinem 2005er-Album «Back Home» war es fast so, als ob er den Blues verloren hätte. Die Platte mit J.J. Cale (2006) war nett, die Reunion von Cream liess das alte Feuer aufflackern. Doch bei allem vermisste man den Eric Clapton, der seines Gitarrenspiels wegen Gott genannt wurde.

Um Steve Winwood war es  nach Traffic und Solo-Hitparadenerfolgen in den 80er-Jahren ziemlich ruhig geworden. Seine beiden letzten Alben « About Time» (2003) und «Nine Lives» (2008) waren nett, verissen aber keine Stricke. Auf «Nine Lives» spielte Eric Clapton das Gitarrensolo von «Dirty City». Erschienen war das Album im April, zwei Monate nach den gemeinsamen Konzerten im New Yorker Madison Square Garden.

Jam-Session-Charakter
Knapp vier Jahrzehnte zuvor hatte die erste Zusammenarbeit unter dem Namen Blind Faith Geschichte geschrieben. 1969 verbrachten Eric Clapton und Steve Winwood öfter ihre Abende zusammen, bei denen sie über Gott und die Welt diskutierten und sich gegenseitig neue Songs vorspielten. Ein konkretes Ziel verfolgten sie noch nicht. Irgendwie hatte Ginger Baker, der zuvor mit Eric Clapton bei Cream gewesen war, davon Wind bekommen und war eines Abends vor der Tür gestanden. Blind Faith war geboren. Clapton stand seinem ehemaligen Drummer wegen dessen Drogeneskapaden skeptisch gegenüber, da Winwood unbedingt mit Baker spielen wollte, hatte er aber geschwiegen. Als vierter ergänzte Ric Gretsch die Band. Die Sessions fanden in Claptons Haus statt. Von Mittag bis spät Abends spielte man zusammen. Die wenigen Songs, die man entwickelte, hatten alle den Charakter einer Jam-Session. Erst als Produzent Jimmy Miller hinzugezogen wurde, nahm das Projekt Formen an.

Die öffentliche Taufe erlebte Blind Faith am 7. Juni 1969 mit einem Gratiskonzert im Londoner Hyde Park. 100 000 Personen wohnten dem Gig bei. Konzerte in Skandinvien und eine US-Tour folgten. Das Album mit bloss sechs Songs erschien im August. Man übte weitere Songs ein, doch nach der US-Tour war im September der Ofen aus, zu verschieden waren die Ansichten der Musiker. Die übrig gebliebenen Songs wurden zu einem späteren Zeitpunkt von Eric Clapton u.a. auf «Layla» neu eingespielt. Das selbstbetitelte erklomm in den USA und England die Spitze der Charts. Dass Blind Faith mehrheitlich zusammen jammte, ist auf der Deluxe-Edition von 2001 dokumentiert, die Bonus CD enthält vier weitere Jamsessions.

clapton_winwood

JSteve Winwood und Eric Clapton live im Madison Square Garden, Februar 2008


Clapton Cover

Trackliste

CD 1
Had To Cry Today
Low Down
Them Changes
Forever Man
Sleeping In The Ground
Presence Of The Lord
Glad
Well All Right
Double Trouble
Pearly Queen
Tell The Truth
No Face No Name No Number

CD 2
After Midnight
Split Decision
Rambling On My Mind
Georgia On My Mind
Little Wing
Voodoo Chile
Can't Find My Way Home
Dear Mr. Fantasy
Cocaine



 

 

Skandal Cover
Fast so legendär wie die Band und die Musik war das Cover. Entworfen hatte es der Fotograf Bob Seidenmann. Ein pubertierendes rothaariges Mädchen mit nacktem Oberkörper hielt ein modernistisches, silbernes Flugzeug in der Hand. Im Hintergrund war ein grüner Hügel und blauer Himmel. Für Eric Clapton ist das Bild ein Nebeneinander von Unschuld in Gestalt des Mädchens und Erfahrung, Wissenschaft und Zukunft. Vor allem in den USA wurde der Vorwurf laut, dass das Bild pornographisch wäre. Weil Plattenhändler drohten, das Album zu boykotieren, musste ein Alternativfoto, das die Band zeigte, aufs Cover.

Ein Stück Magie
Auch im 21. Jahrhundert ist Eric Clapton plays the blues eine der besten Affichen des Musikbusiness. Gross war die Freude im letzten Sommer, dass Claptons Setliste im Hallenstadion bis auf vereinzelte Ausnahmen dem Blues huldigte und er dabei wie schon lange nicht mehr auf der Gitarre solierte. Es schien, als ob die neuerliche Zusammenarbeit mit Steve Winwood etwas in ihm geweckt hatte. Im Mai nun erscheint das Doppelalbum und die DVD «Live From Madison Square Garden », ein Zusammenschnitt der Konzerte vom Februar 08, deren Setliste ähnlich wie Claptons letztjähriges Zürcher Konzert aufgebaut ist. Neben den obligaten Blind Faith Songs «Presence Of The Lord», «Had To Cry Today» und «Can’t Find My Way Home» sind die grössten Hits Steve Winwoods sowie einige Klassiker aus Claptons Livesets der 70er-Jahre vertreten. Magisch werden die Konzerte bei «Georgia On My Mind», nur mit Hammond Orgel begleitet, und «Rambling On My Mind» unplugged. Der Höhepunkt aber ist die 16-minütige Interpretation von «Voodoo Chile», bei welcher Eric Clapton soliert wie vor 40 Jahren. Es ist zu wünschen, dass Eric Clapton und Steve Winwood nach der US-Tour auch in Europa gemeinsame Konzerte geben werden.

blind faithDas Cover des Blind Faith Album sorgte 1969 für einen Skandal.

 

Links: Eric Clapton



  Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk

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