«Wir vertrauten auf die eigenen Ideen»
23. März 2012
Züri West legen mit «Göteborg» ein äusserst musikalisches Album vor. Kuno Lauener und Küse Fehlmann über die Entstehung, die Stadt Göteborg, die Zukunft des Schweizer Musikmarktes und einer privaten Gesangseinlage von Kuno.


Kuno, was ist dein Bezug zu Göetborg?
Kuno Lauener: Es ist eine Stadt, in der ich einmal drei Tage mitten im Winter gewesen bin. Göteborg ist eine coole Stadt in Schweden und hat einiges zu bieten. Die Mutter meiner Freundin kommt von dort. Ich werde sicher wieder hingehen.

Ihr Name hat einen guten Klang.
KL: Finde ich auch. Dass sie der Titel für unsere Scheibe ist, hat mit dem Song zu tun; aber auch, weil wir gefunden haben, dass es nicht so eine berühmte Stadt wie London, Paris oder Zürich ist. Dadurch gibt es noch Projektionsfläche für unsere Songs und die Stimmung der Platte.

Küse Fehlmann: Ein Städtenamen kann noch Träume auslösen, deshalb finde ich ihn als Albumtitel toll.

Göteborg hat einen Fussballclub…
KL: … IFK
Bist du ein heimlicher Fan?
KL: Nein! Götborg hat aber auch einen Hockeyclub, der Schweizer Jenny spielte lange dort. Die sind recht gut. IFK und Jenny war alles, was ich kannte, bevor ich die Stadt besuchte.

Was ist die lokale Spezialität von Göteborg?
KL: Die traditionelle schwedische Küche, alle Heringspezialitäten, wie zum Beispiel Schotpilar, das ist Kartoffelgratin mit Hering, sind sehr gut. Alles hat seinen Platz auf dem schwedischen Weihnachtsbuffet. Und auch Bier: Man beginnt um 3 Uhr Nachmittags, wenn es dunkel wird, mit dem Buffet und endetet gegen 10 leicht nüchtern. Die Schweden sind ein geselleiges Volk.

Die Platte gefällt mir gut.
KL: Freut uns.

Küse, wie gross war die Lust, nach 25 Jahren etwas Neues zu probieren, zum Beispiel mit den Bläsern?
KF: Die ist immer gross. Die Frage ist eher, was dir in den Sinn kommt. Man macht, was man in sich trägt, die Ideen kommen beim Spielen heraus. Ich habe das Gefühl, dass wir im Prozess der Songbearbeitung neue Facetten an unserem Klangkörper entdeckt haben, den wir damit zu ergänzen versuchten, zum Beispiel mit den Bläsern. Das hat sich zufällig ergeben, Kuno hat bei einem Song gefunden, dass Nothern-Soul-Bläser bei ihm noch cool wären. Und plötzlich tauchte ein anderer Song auf, so hat sich das entwickelt.

KL: Wir gehen immer offen an eine neue Scheibe. Es gab schon Vorgaben, so versuchten wir am Punkt zu bleiben, worum es in den Songs geht. Wir setzten das Instrumentarium reduziert auf die Bedürfnisse des einzelnen Songs ein. Als wir aber mit ihnen arbeiteten, gab es zwei oder drei, die in der Mitte noch Platz für ein blumiges Arrangement gehabt haben. Wir sind sicher nicht exakt dort geblieben, wohin wir ursprünglich gewollt haben. Wir liessen uns durch Zu- und Notfälle leiten, wie beispielsweise dieser Song hat plötzlich zu wenig Text, jener zu viel Subtext, so dass man mit der Musik etwas darzustellen versuchte. Bei «3027» zum Beispiel kam Tom (Etter) mit der Celeste und seinen gregorianischen Chören, die er zuhause selber eingesungen hat, ins Studio und plötzlich wurde der Song eine halbbarocke Komposition. Wir haben dann lediglich noch etwas Hall auf den Bass gelegt.
Es ist recht spannend, wenn solch verschiedene Welten zusammenkommen. Beim ersten Mal hören dachten wir, das können wir so nicht veröffentlichen, beim zweiten Mal merkten wir, dass es ein cooler Song geworden ist. Bei dieser Platte haben wir unser Studio voll ausgenützt, auch zeitlich, als wir uns sagten, jetzt gestalten wir zwei Wochen intensiv unsere Songs. Zudem haben wir uns auch nicht mehr soviele Gedanken wie früher gemacht, was die Leute, Musikkriter, die Jazz Polizei, etc. wohl denken würden. Wir vertrauten auf die eigenen Ideen. Und konnten am Ende gar nicht alle verwenden. Die Platte ist in einem sehr kreativen Prozess entstanden.

Bei Gitarren Johnny gefällt mir die Reduktion, die bestens zum Text passt, der Titel aber mehr erwarten lässt. Die Gitarre kommt erst am Schluss. War zuerst, der Text oder die Musik?
KL: Die Idee kam vom Film «Johnny Guitar» mit Joan Crawford, ein alter Western, worin wie in einem Singspiel gesungen wird, da erinnerte ich mich an die Lolitas aus den 80er-Jahren, die den Titelsong coverten, und ich kriegte Lust, meine eigene Version davon zu machen. So machte ich ein Layout für die Band. Wir begannen mit einem Schlagzeug und fragten uns, weshalb bloss eines, so wurden es zwei, eines links, eines rechts, richtig Stereo. Dann dachten wir an eine Westerngitarre, Jüre (Schmidhauser) nahm eine Bartiongitarre und spielte die Meldoie. Aber du hast Recht, es gibt kein Solo. Live setzen wir den Song mit Trompeten um, damit die Gitarre wirklich bis zum Schluss fehlt.
Am Ende wurde es ein psychodelischer Boogie, als Vierminüter sogar lange für unsere Verhältnisse. Es passsiert immer das gleiche, bei jedem Durchgang kommt ein weiteres Instrument hinzu. Wir haben sogar noch mehr gehabt, das Klavier beispielsweise, aber wir fanden, dass der Song archaisch bleiben sollte, so etwas wie Neandertaler Rock, mit dem geschuffleten Rhythmus. Solchen Sachen sind wir bisher ausgewichen, weil sie von anderen Bands besetzt sind oder an Altherren Rock erinnern. Wir sehen das heute unverkrampfter, und so konnten wir auch bluesiger werden. Es gibt ja viele neue Bands wie die Black Keys oder Jack White, die Blues spielen und so zu unseren spirituellen Kumpanen wurden.

Schmocker oder Schmid, ein Song übers Älterwerden?
KL: Voll erfasst! Ein Song über Vergesslichkeit. Wir kamen im Übungsraums darauf, als mein Verstärker mal nicht funktioniert hat. Zuerst glaubte ich, dass es eine Röhre wäre, dann war es eine Sicherung. Du hältst die Sicherung in der Hand und fragst in die Runde «kannst du lesen, wieviel Ampère die Sicherung hat? – Nein, kannst du es? – Warte, ich hole schnell die Lupe», dann kommst du mit der Lupe und merkst: «Oh, ich habe die Sicherung liegen lassen, wo ist sie jetzt? Ich habe sie doch dorthin gelegt?»
KF: Der bin ich gewesen. Ich ging im Anschluss an die Probe eine Lesebrille kaufen.
Lachen.
KL: Dann machen wir uns übereinander lustig, weil es allen gleich geht. Schmocker oder Schmid sieht jemanden vorbeigehen und rekapituliert, was ihm zu dem Typ in den Sinn kommt, bis er merkt, dass der ist ja gestorben ist, aber dafür sieht er noch gut aus. Weshalb grüsst er mich nun nicht? –vDie Geschichte von leicht verwirrten alten Säcken, die Songs schreiben…
…in denen sich alle finden…
KF: …wenn man ehrlich genug ist, findet man sich drin.
KL: Die Szene muss aber an einem belebten Ort, wie ein Flughafen oder ein belebter Platz spielen, nur so kommt das Marseille-Feeling des Songs rüber, das wir auch mit der Be Bop Trompete ausdrückten wollen. Thomas Knuchel spielte das Solo, wir haben es alle voll geil gefunden. Zuerst haben wir wieder gedacht, wir können es so nicht veröffentlichen. Doch nach dem dritten Mal hören entschieden wir uns dafür. Und so öffnete sich für uns ein neues Tor.

Das Überraschende ist im Vergleich zu «Haubi Songs» mit seiner düsteren Stimmung, dass man mit dem Titel «Göteborg» ebenfalls an eine kalte Platte denkt Und dann hat man eine südländische Sommerplatte mit verschiedene Musikrichtungen.

KL: Du weisst, wie das ist, wenn man eine Single auskoppelt, wir wollten etwas Bodenständiges, das einen Bogen spannt, aber keine Ballade ist.

Die Texte konterkarieren aber die Stimmung der Musik.
KL: Das ist gut, wenn die Texte nicht immer zu Musik passen.
Gerade beim «Schissluun», mit schön bist du da, nun kann wieder in meine Melancholie absinken.
KL: Das muss man zwischendurch.
KF: Der Song hat beides, einerseits möchte man die schlechte Laune nicht, andererseits ist es einem wohl, wenn sie wieder hier ist.

KL: Die letzte Zeile «fühl dich wie zuhause» hiess lange «denn hier bist du zuhause». Aber ich fand, das dies doch zu stark wäre, es gibt viele Leute mit Depressionen. Wenn man darüber singt, muss man sie nicht noch glorifizeiren und herbei sehnen. – Ich habe keine solchen Gefühle, aber es reizt einem, die Geschichte mit «schön, bist du wieder da» ad absurdum zu führen.

Du hast die Scheibe gehört, es ist eine Freude. Manchmal hat man mit Journalisten zu tun, die keinen Ton gehört haben und bloss die Texte gelesen haben.
Danke. Ich hatte sie am Samstag in der Post.

./.



 


Nun die mit der Redaktion abgesprochene Frage. Kuno: Du bist 51, Vater geworden, du verscheuchst Songs. Ein idealer Zeitpunkt aufzuhören?
KL: Der war schon oft. Jetzt bin ich soweit entfernt vom Aufhören. Wir haben so hart gearbeitet, haben so Freude am Album, dass es taktisch blöd wäre, wenn ich meinen Rücktritt verkünden wurde. «Göteborg» ist ein kreiertes Szenario, sogar abgeschaut. Tom Waits sagte in einem Interview, er wäre von einem Song belästigt worden, hätte aber keine Zeit für ihn und sagte ihm: «Geh doch zu Leonard Cohen.» Das fand ich lustig, so kam ich auf die Songidee. Aber, ja klar, es gibt immer Momente, in denen man sich fragt, ob es das war. Aber jetzt ist kein solcher, obwohl es war hart, wir haben starkt mit uns gerungen. Wir haben wieder alle Fehler gemacht, die wir nicht mehr machen wollten. Aber es ist ein Züri West Album geworden.

KF: Es gehört zu uns.

Küse, spürt man schon Kunos Familie, schreibt er andere Songs? Die Platte entstand während der Schwangerschaft, hat er sich verändert?
KF: Nein so konkret ist das nicht spürbar gewesen. Im Prozess war die Emotionalität schon spürbar. Kuno ist ein sehr emotionaler Mensch. Er war noch feinstofflicher unterwegs als sonst. Im Studio ist man sehr eng zusammen, wenn man an den Songs bügelt. Aber ich kann keinen Song auf die Vaterschaft zurückführen.

KL: Die schwierigste Zeit war zwischen dem Zeitpunkt, als wir erfuhren, dass wir schwanger sind, aber noch nicht darüber reden durften. In dieser Zeit hatten wir eine Studiosession. Küse ist mein älterster Freund, ich wollte mich ihm mitteilen. Ich ging am Morgen mit dem Kopf voller Songideen ins Studio, daneben aber hatte ich die Gewissheit, uh mein Leben ändert sich, dann willst du das teilen, da werde ich wohl schon Rätsel aufgegeben haben. Ich habe mit meiner Freundin abgemacht, dass wir das während dieser Zeit für uns behalten. So war die erste Studiosesion eine komische Situation.
Danach geschieht das Schritt für Schritt, man hat das Gefühl, dass man gleich Vater wird und realisiert, dass es noch lange geht, und wennn man darauf plangt, geht es noch länger. Man ist aufgeregt, aber schon so viele Leute haben es geschafft, also kann man es locker nehmen. Es fliesst sicher mit ein. Aber es gab schon anderes, das in unsere Arbeit eingeflossen ist. Ich denke, das kommt bei einer weiteren Produktion. Aber ich denke, ich habe mir hier keine Blössen gegeben.
Alben zu produzieren war teilweise wie ein Kinderersatz – Nein das ist jetzt blöd, aber die Arbeit wächst einem ans Herz, das Album ist in einem embrionalen Zustand im Übungsraum, du bist im Studio, fort vom Tageslicht, fort von der Welt, seit 25 Jahren sieht es gleich aus, es ist unser Revier in das sehr wenige Leute kommen. Das ist auch eine Geubrt. Nicht vergleichbar mit der anderen. Aber man lässt sich mit Haut und Haaren darauf ein. Mit dem Unterschied, dass man es nach einer Tournee weggeben kann.

Du schläftst nun gut, seit du eine Tochter hast?
KL: Nein, nun habe ich einen Grund wach zu bleiben, so ist es ertärglicher. Ich schlafe nicht immer gut. Aber ich möchte nicht darüber weinen. Es gibt viele, die sich bei mir outen. Eben, Charlotte, Frau Gainsbourg, hat dieselben Probleme. So denke ich noch oft an sie, vielleicht schläft sie nun auch besser, sie hat auch ein Kind.

Stichwort Jarvis Cocker:
KL: Der hat bei der ersten Gainsbourgscheibe die Texte geschrieben. Ich finde ihn ein guter Texter, einen grossen Zyniker und einen schönen Mann. Er ist eine imposante Bühnenerscheinung – was ich auf DVD gesehen habe, ich habe ihn noch nie live erlebt.
KF: Er ist ein wilder Brite.
KL: Ein schräger Siech. – Du spielst auf den Song an. Mir gefällt der Song sehr gut, deshalb versuchte ich ihn auf Schweizer Verhältnisse mit bekannten Leuten umzumünzen.
Für mich war es eine tolle Überraschung.
KL: Du kanntest ihn?
Ja, ich habe seine Soloalben und «This is Hardcore»…
KL: … das ist noch von Pulp. Sein erstes Soloalbum ist super, das zweite braucht mehr Zeit, es ist bandmässig. Aber es hat es zwei Perlen. Jarvis Cocker ist eine super Inspiration für viele Textschreiber, er hat einen guten Anstatz, die Dinge anzuschauen, er scheut sich nicht, absurde Gegenpositionen einzunehmen, ihm ist egal, was die Leute denken. Er provoziert sehr unterhaltsam: «I never said I was deep», sagt er auf der neuen Scheibe.
Kuno singt die Zeile.
Er schreibt dies einfach einer Frau: «Ich arbeite nur mit den niederen Instinkten, ich habe niemals gesagt, dass ich tiefsinnig wäre.» –
Ist er gross? Hast du ihn gesehen?
Nein, leider auch nicht. Er ist einfach dünn. Darum finde ich das Cover der Single «Fat Children» geil: einfach im Photoshop die Höhe zurechtgestutzt, so dass er klein und dick wurde.
KL: Und dann ist er so so eckig auf den Fotos, so Monsieur Hulot mässig.

Ich stelle nun meine letzte Frage etwas früher: Kuno, hast du dich als Vater entschieden, mit deiner Tochter professionell Musik zu machen?
KL: Ich habe das Gefühl, dass ich dann schon einen 80er auf der Gitarre habe, da werde ich wohl eher wie in der Muppetshow Statler- und Waldorf-mässig in der Loge sitzen.
KF: Wir sagen ihr dann, welches Röchken nicht geht.
KL: Ich halte sie von jeder Casting Show weg!
KF: Nein, das geht überhaupt nicht.

./.

 

 
zueriwest 2012
 


Blick in die Zukunft, gibt es eine Alternative ausser Musikmachen für euch?
KL: Alternativen gibt es immer, es ist eine Frage, wo das Herz schlägt. Meines schlägt für das Musikmachen und auf die Bühen zu gehen. Mal schauen, wie es weitergeht.

KF: Wir planten immer von Platte zu Platte und nicht zehn Jahre im Voraus. Hätte man mir vor zehn Jahren gesagt, dass ich noch Musik machen würde, hätte ich gesagt: «Vergiss das.» Mittlerweile sind wir 28-jährig. Das hätte ich mir nie vorstellen können,aber es ist total normal. Solange wir die Power und Ideen haben, machen wir weiter. Wenn wir das Gefühl haben, dass es genug ist, hören wir auf.

KL: Die Alternativen werden schon dünner, je älter man wird. Wir als Band haben schon immer unsere Auszeiten genommen, in denen man zwischen den Touren und Alben Zeit hat, auf Projektebene Anderes zu tun. Ich habe nicht das Gefühl, dass Züri West zu eng ist. Ich bin am meisten drin. Wenn ich etwas produziere, ist es oft schon in einem grösseren Schaufenster, als es dem Projekt gut tun würde. Ich bin vorsichtig damit, weil mein Name sehr exponiert ist. Aber Möglichkeiten hat man: Unser Drummer ist Pilot, Küse ist Studioleiter, Sport ist bei uns ein Thema. Es fühlt sich nicht nach 30 Jahren Musik an. Wir machen es solange wir es auch finanziell durchhalten.

Bei jeder Scheibe beginnen wir quasi bei Null, hier gibt es Musiker, die 40 Jahre Musik machen und noch einen Nebenjob unter jeder Würde haben. Arbeit ist Arbeit, aber wenn du auf der Bühne bist und tagsüber im Bahnhof Gepäckträger, dann machst du das mit Sonnenbrille. In Amerika wären sie Stars, sie könnten von den Touren leben. In der Schweiz stösst du schnell an die Grenzen. Ohne unser Standing, das eine Kontinuität zulässt, würde es uns wohl auch nicht mehr geben. Bei den Touren sind 12, 13 Leute unterwegs, die ein halbes Jahr davon Leben.

KF: Die wirtschafltiche Grundlage wird nicht besser mit der ganzen Downloadgeschichte und den Signalen des Bundesrates, der Gratisdownloads für okay befindet. Wir dachten, wir machen dafür ein T-Shirt mehr, aber so ist es natürlich nicht… Wir sind vital abhängig davon, dass die Leute unsere Alben kaufen oder downloaden. Es leben so viele Leute von unserem Produkt, dass wir spüren, wenn wir 30 bis 50 % weniger Alben verkaufen. Wenn es so weitergeht, dass man keine Alben mehr verkauft, werden wir auch aus finanziellen Gründen aufhören.

KL: Das ist keine Drohung, sondern etwas sehr Wehmütiges. Wir sind 51 und finden den Job noch super. Aber es gibt immer Möglichkeiten.

Ist es in der Schweiz auch so, dass man mit der Tour mehr verdient als mit den Verkäufen.
KL: Das wird sich zeigen. Bei der letzten Platte war es etwa fifty fifty, wir haben sie für unsere Verhältnisse gut verkauft. Das waren etwa 75 000 Einheiten. Der Break Even liegt bei 15 000 Verkäufen. Der Rest bringt Gewinn. Wenn diese Spanne auf die Hälfte schrumpft, wird es schwierig, denn die Fixkosten, ein Album aufzunehmen und zu promoten, bleiben. Unser Aufwand ist gemessen am Markt gross. Der Erfolg ermöglicht uns aber unser Leben, das mal besser, mal schlechter läuft. Wenn man aber solche Aussagen liest, dass es für Schweizer Künstler keine Rolle spiele, ob sie ihre Sachen verkaufen oder nicht, dann schluckst du schon leer weil das einfach nur dumm ist.

KF: Die Aussage des Bundesrates stimmt nicht! Die Gratismentalität wird die Kultur als Ganzes an einen komischen Ort hinführen.

KL: Man muss Liaisons mit grossindustriellen Betrieben eingehen. Das ist komisch. Die Kommerzwelt gibt keine Power, weil alle Ja und Amen sagen, weil sie froh sind, wenn sie überhaupt etwas machen dürfen. So etwas ist freudlos. Für uns ist es besonders schwierig, weil wir aus einer Zeit kommen, in der alles besser war.

Mein Handy klingelt. Der Klang einer Gibson Les Paul klimmt die Tonleiter hoch und wieder hinab.
Sorry, mein Handy!

KL: Geiler Klingelton.
KF: Gefällt mir gut.
Er ist einzigartig. Das ist «Soggy Noodle» von Paul McCartney – der ganze Song von einer Single B-Seite.
KF: : Echt? Hätte ich ihm nicht zugetraut. Und doch…
KL: Der gibt doch jetzt ein Konzert.
Ja, am Donnerstag, im Hallenstadion. Ich gehe hin.
KL: Geil! Ich wünsche Dir viel Spass. Ich war eher der John Typ. Wobei Paul schon auch coole Sachen gemacht hat.
KF: Iuw.
KL: Was meinst du, würde der Lennon heute noch Musik machen? Was hätte er nicht noch alles für Musik gemacht.
KF: Ich glaube nicht, dass er noch Musik machen würde.
KL: Was glaubst du?
Er schaut mich fragend an. Ich weiss es nicht. – Jedenfalls herzlichen Dank für das Gespräch.


 

Links: Züri West

 

© 2012 VzfB | Alle Rechte vorbehalten