Morgenlachen
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Am Anbeginn der Zeiten, nachdem Gott den Himmel und die Erde erschaffen und mit seinem Wort die Landmassen vom Wasser getrennt und den Tag von der Nacht geschieden hatte, zur Zeit, als noch keine Bäume und Sträucher wuchsen, und es noch keine Felder gab, da es Gott noch nicht hatte Regnen lassen, da schuf er den Menschen aus Staub vom Erdboden und blies ihm seinen Odem in die Nase. So wurde der Mensch, er war noch ein Kind, ein lebendiges Wesen. Das Kind setzte sich neben Gott und schaute ihm zu, wie er in Eden einen Garten anlegte. Jedes Mal, wenn Gott einen Baum aus dem Erdboden wachsen liess, gluckste es glücklich. Als Gott die vier Flüsse anlegte und sie Wasser führen liess, lachte das Kind vergnügt. Und als es schlussendlich von Gott auf den Arm genommen wurde, um mitten im Garten Eden abgesetzt zu werden, da sagte es sein erstes Wort: ein helles Pa. Und als es sah, dass Gott gütig darüber lächelte, wiederholte es noch einmal das helle Pa. So wurde Papa zum ersten Wort, das je ein Mensch gesprochen hat.

Gott setzte das Kind in die Mitte des Garten Edens, ans Ufer des Flusses Pischon. Er sagte zum Kind, es solle nicht zu weit fortgehen, er würde noch weitere Lebewesen schaffen. Doch es hörte nicht hin und spielte bereits mit dem Kies am Ufer. Besonders die goldenen Steine gefielen ihm gut, vielleicht, weil sie so selten waren. Es wurde Abend und das Kind wurde müde. Zufrieden rollte es sich am Ufer zusammen und schlief schon bald ein.

Am anderen Morgen trat Gott zu ihm hin gab ihm Früchte zu essen. Das Kind biss in eine Frucht. Dann nahm es etwas Gold und streckte es Gott hin. In diesem Moment reflektierte das Gold einen Sonnenstrahl und sandte sein warmes Licht durch den Garten Eden. Als Gott das Kind darüber lachen sah, wurde es ihm warm ums Herz und er beschloss, dass es nicht gut wäre, wenn es alleine wäre. Und so erschuf er ihm Adam und Eva als Vater und Mutter. Und auch sie freuten sich mit Gott an dem Kinderlachen. Und noch heute, viele tausend Jahre nach dem ersten Morgenlachen, lieben die Menschen das Gold von allen Steinen am meisten, doch sie spenden freigebig für Gott. Und sie fühlen sich, wenn sie ein Kind lachen sehen, an das Ufer des Pischon zurückversetzt.

 

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Morgenlachen – 2013  


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