Rückkehr der Wildnis in den Grossstadtdschungel
4. September 2010


In der Stunde vor Mitternacht die dunkle Holbrigstrasse hinab durch den bewaldeten Taleinschnitt Richtung Heim und Bett unterwegs. Von der Siedlung rechts oberhalb kommend huscht ein Schatten über die Strasse, ehe er im Gestrüpp zur Linken in Richtung der Gärten der nächsten Siedlung verschwindet. Ein Fuchs. Hätte er mich bemerkt, hätte er erschrocken Reissaus genommen. Damit er dies nun auch wirklich tut, setze ich meine Gummisohlen etwas forscher auf, in der frommen Hoffnung, dass ihn das dumpfe Hallen auch vertreibt. Stadtfüchse sind in Zürich etwas alltägliches, neben einem Raben-, Elstern-, Spatzen- und Entenpaar sowie der Nachbarskatze gehört Reineke zu meinen animalischen Nachbarn. Doch wie verhält sich der metroplitane Mensch des frühen 21. Jahrhunderts korrekt, wenn die gezähmte Wildnis sich erdreistet, in den Grossstadtdschungel zurückzukehren?

Seit vor fünf Jahren meine pelzigen Namensvettern von Italien her futternd die bündnerische Schweiz durchquert haben, ehe sie in Bayern sesshaft wurden, gilt auch hierzulande die Regel, dass man sich im Kontaktfall mit Bären ruhig, wenn nicht regungslos zu verhalten habe. Soweit so gut, in den nahen Pyrenäen unterhält Familie Lumpatz die Touristen. Seit Jahren aber fasst der Wolf wieder Fuss und reisst sich regelmässig alpweidende Schafe, so dass die nationalen Hütehunde Meisterschaften längst nicht mehr nur folkloristischen Wert haben. In zwei Wochen bin ich in Flims, wo ein Wolf leben soll. Was tun, wenn ich bei der Bergwanderung auf ihn treffe? Darauf vertrauend, dass die Bündner Jäger ihrem Ruf gerecht werden und ihn wie ihre Walliser Kollegen doch noch erlegen, werde ich wohl das iPhone zücken und nach der korrekten Verhaltensweise bei Wolfskontakt googeln, so Swisscom auf dem Vorab eine Mobilfunkantenne installiert hat. – Glücklicherweise leben erst 25 sich in One Night Stands vermehrende Wölfe über die helvetischen Alpen verstreut und enthornte weidende Kühe bilden noch immer die grössere Gefahr für brave Wanderer, starb doch erst vor Monatsfrist ein Rentner, der auf Zweieinhalbtausend Metern taurisches Opfer eines Menschenkampfes wurde. –

Doch wie verhält man sich nun angeischts eines Stadtfuchses korrekt? Beisst er einem, ist er tollwütig und die nächste Notfallabteilung fällig. Und sonst? Als Metropolit ist einem der Umgang mit 40-Tönnern und schnellen Autos mit der Muttermilch eingetrichtert worden. Doch was tun, wenn man mitten in der Stadt unvermittelt vor einer Füchsin mit ihren Jungen steht?




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