Spaziergang mit Werner zur Kirche Monstein hoch, haben uns seit bald einem Jahr nicht mehr gesehen. Die Bauern haben das schöne Wetter genutzt, um die Wiesen zu mähen. Auf sämtlichen Matten liegt das Gras zum Trocknen, die überfüllten Heutransporter brummen an uns wie Hummeln vorbei. Werner und ich halten vor der Kirche inne und schauen dem fast vollen Mond zu, wie er über der Inneralp aufsteigt. «Zwei Männer den Mond betrachtend», sagt Werner. Ich stimme ihm zu. «Kennst du das Bild von Caspar David Friedrich?», fragt er. «Kann sein», antworte ich ehrlich. Ich habe keine Projektion vor meinem geistigen Auge, was nicht heisst, dass ich es nicht gesehen habe. Als ich das erste Mal mit Vater in Dresden gewesen bin, konnten wir nicht nur eine der drei noch existierenden Maya Handschriften studieren, sondern hatten auch drei oder vier Mappen mit Aquarellen von Friedrich durchgeblättert. Werner und ich spazieren noch ein paar Schritte im Mondschein. Als wir zur Kirche zurückkehren, hängt die Mondkugel im blauen Himmel, darüber eine rechteckige, weiss erleuchtete Wolke, darunter die dunkeln Berggipfel, sonst bloss noch der klare Nachthimmel. Wenn das Bild nicht Gottes Auge persönlich ist, das auf uns beide in Monstein hinabblickt, so ist es doch dessen Piktogramm. –
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Zum 200. Geburtstag von Caspar David Friedrich veröffentlichte die DDR 1979 eine Sondermarke mit dem Sujet der beiden Mondbetrachter. Bis zur Wiedervereinigung 1990 war die Marke gültig.
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