Abstieg mit Thomas Mann
22. Juni 2014


Nehmen den Thomas-Mann-Weg zum Waldhotel in Davos Platz hinab. Vor acht Jahren wurde dieser Weg zum Gedenken an Thomas Manns Aufenthalt in Davos und seine Spaziergänge im Gebiet der Schatzalp geschaffen. Der Weg verbindet die beiden Hauptschauplätze aus dem «Zauberberg», die Schatzalp und das Waldsanatorium, das heutige Waldhotel. Entlang des Weges gibt es zehn literarische Stationen, die mit Zitaten Bezüge in Thomas Manns Roman zu Davos aufzeigen. Hinter Tafel 3 kann man zum Schiabach abzweigen und an Hans Castorps Lieblingsplatz oberhalb der Waldschlucht auf einer neuen Ruhebank sitzen.

Im «Zauberberg» heisst er Ort des Regierens. «Aber aus dem Gehölz hervortretend, stand er überrascht vor einer prächtigen Szenerie, die sich ihm öffnete, einer intim geschlossenen Landschaft von friedlich-grossartiger Bildmässigkeit: IIn flachem, steinigem Bett kam ein Bergwasser die rechtsseitige Höhe herab, ergoss sich schäumend über terrassenförmig gelagerte Blöcke und floss dann ruhiger gegen das Tal hin weiter, von einem Stege mit schlicht gezimmertem Geländer malerisch überbrückt. Der Grund war blau von den Glockenblüten einer staudenartigen Pflanze, die überall wucherte. Ernste Fichten, riesig und ebenmässig von Wuchs, standen einzeln und in Gruppen auf dem Boden der Schlucht (…) Rauschende Abgeschiedenheit waltete über dem schönen, einsamen Ort. Jenseits des Baches bemerkte Hans Castorp eine Ruhebank (…) denn rauschendes Wasser liebte Hans Castorp ebensosehr wie Musik, ja vielleicht noch mehr.»

Ich stelle mir vor, wie vor hundet Jahren hier Thomas Mann auf ebendieser Bank sass, dem Rauschen des Schiabaches lauschte und in Gedanken am «Zauberberg» schrieb. Im Roman heisst dieser Platz Ort des Regierens, weil Thomas Mann Hans Castorp hier zurückkehren liess, um sich zu erinnern und Ordnung in die grosse Konfusion seiner Gedanken zu bringen, zu regieren eben.

Fehlten mir gestern am See die Eichhörnchen, hat es hier im Kämpfenwald am Davoser Westhang nun es unzählige. Echte Davoser Eichhörnchen, die sich nicht vor den Touristen fürchten, sondern sie neugierig betrchten. Vor allem gierig, denn die dreisteren von ihnen betteln um Nüsse.


 

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