Braune Augen,
schwarzer Anzug, Stirnglatze und Hornbrille, das sind die
Markenzheichnen von Declan Patrick Mac Manus alias Elvis Costello.
Mit den Attractions zählte er Ende der 70er Jahre zu
den letzten Erneuerern der englischen Musikszene. Mitte der
80er Jahre erschien die letzte Attractionsplatte. 1990 trennten
sie sich. Im letzten Jahr vereinigte Costello die Attractions
wieder und spielte eine neue Platte ein.
Brutal
Youth ist weder brutal noch jugendlich, sondern eine gefällige
Platte eines alternden New Wavers. 20% Amnesia ist
ein gewaltiger Song, sein Refrain ein Herzensschrei. Und dass
Costello ein guter Texter ist, bweist er auch noch. Im gleichen
Look wie 20% Amnesia kommt Kinder Murder daher.
Rock vom feinsten und ein Rhythmus, der Einfährt. Costello
dazu: «Hätten wir die ganze Platte in dem Tempo
aufgenommen, wäre sie eine Tiefgarage geworden.»
Am Schluss von 13 Steps Lead Down quält Elvis
seine akkustische Gitarre fast zu Tode. Ein unvergleichliches
Gitarrensolo, um das er von vielen seiner Kollegen beneidet
werden kann. Sulky Girl wäre die Singleauskoppelung
gewesen, doch Costello koppelte keine aus. Und noch ein Fehler
unterlief ihm. Die Platte hört viel zu abrupt auf, anstatt
dass sie ruhig ausklingt. Hoffentlich passiert ihm das nicht
auch am Konzert auf dem Berner Gurten beim gleichnamigen Festival.
Auf Brutal
Youth lässt immer wieder Ex-Beatle Paul McCartney
grüssen, der Hörer kriegt den Eindruck Costello
habe sich mit McCartney zusammengetan. Tatsächlich lachte
sich Ende der 80er Jahre Musikmagier Paul Costello als neuen
Zauberlehrling an. Mc und Mac schrieben zusammen eine Handvoll
Songs, die auf Off The Ground und Flowers In The
Dirt, respektive auf Spike und Mighty Like A
Rose erschienen. Ob er jetzt der neue Jackson oder Lennon
sei, lässt Costello offen, viel wichtiger ist ihm die
Freundschaft zu Paul.
Dann war
da noch Costellos Bart. Seit 1986 war Elvis Costello vollbärtig
und trug eine schwarze Nickelbrille. Viele eingefleischte
Fans waren schockiert darüber, er sähe älter
aus damit, und die Musik werde parallel dazu schwächer.
Elvis Costellos Musik wurde eigentlich nur ideenreicher und
experimenteller. Spike war ästhetisch, das Nachfolgealbum
Mighty Like A Rose melancholisch. Zusammen mit dem
Brodsky Quartett vertonnete er Shakespeares Romeo und Julia
und nannte die Sache The Juliet Letters. Konservativen
Fans missfielen die die zahlreichen Partnerschaften, die der
bärtige Mac Manus einging (u.a. eben mit Paul McCartney
oder der Dirty Dozen Brass Band). einziger Trost, hätte
Costello gewusst, was sein Bart alles auslösen würde,
so hätte er ihn schon viel früher wachsen lassen.
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Tracklisting:
Pony St.
Kinder Murder
13 Steps Lead Down
This Is Hell
Clown Strike
You Tripped At Every Step
Still Too Soon To Know
20% Amnesia
Sulky Girl
London's Brilliant Parade
My Science Fiction Twin
Rocking Horse Road
Just About Glad
All The Rage
Favourite Hour
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Nachbetrachtung
des Artikels
Die Erstveröffentlichung. Warum dies so ist, kann nach
neun Jahren nicht mehr eruiert werden. Der Artikel, welcher
nur das nackte Hörerlebnis schildert, ist ein genialer
Artikel. Eine Kritik, die auch im Rolling Stone ihren Platz
gefunden hätte. Es ist kaum anzunehmen, dass der Autor
sich nicht getraut hat, den Bericht der Redaktion abzugeben.
Viel eher war es wohl so, dass zwei über das Album schreiben
wollten und beide dachten, der andere mache es dann, und schlussendlich
schrieb keiner. Shit happens all the time.
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Was aus
dem Album wurde
Brutal Youth war ein gutes Album, doch Elvis Costello
gehört längst nicht mehr zu den Topsellern. Seine
Scheiben werden auch kaum noch besprochen. Die nächste
gute Costelloscheibe, die erschien war anno 2001 When I
Was Cruel. Die Partnerschaft McCartney/MacManus brachte
noch einen weiteren Song hervor. Shallow Grave, erschienen
auf All This Useless Beauty (1995) von Elvis Costello.
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