Musicus - Archiv 1994
Rolls Royce Techno
Dezember 1994
Die Zürcher Band Yello eroberte mit ihrer Musik die Welt. Nun legen sie ein neues Album vor.
Bewertung: * * * * *

Zwei Zürcher eroberten mit ihrer Musik die Welt: Boris Blank und Dieter Meier, besser bekannt unter dem Namen Yello. Ihre Musik kennt jeder, da sie als Signet für Verkehrsmeldungen oder für die Hitparade gebraucht wird. Yello ist eine der ältesten Technobands der Welt, sie gelten als Technopäpste. «Was wir machen wollten, ist Musik für einen neuen Tanzkult unserer Zivilistaion», verkündeten sie 1983. Den Kult gibt es heute. Boris Blank trug als Soundmanager von Yello sehr viel zur Entwicklung des Technos bei und verbreitete die Sampletechnik. Als Folge davon tauchen immer wieder Yello-Sounds in House- und Technoproduktionen auf.

Das Album
Zebra schliesst einen Kreislauf. Es schliesst an die alten Alben wie zum Beispiel Stella an, setzt aber auch den zum Teil überperfektionierten Sound der letzten Scheiben Flag und Baby fort. Der erste Song, Suite 909, verweist auf die späteren folgenden Songs How How und Tremendeous Pain. Dschungelgeräusche und Panflöten lassen den Zuhörer in einen geheimnisvolle Welt eintauchen. Tremendous Pain ist der Remix von Suite 909 und umgekehrt. Bei der Ballade Fat Cry winken Ace Of Base von Ferne. Der Song ist eine Mischung von Reggae, Technorhythemn Meiers Sprechgesang und den Backvocals seiner Frau Eleonore.

Do It war Anfangs Sommer die erste Singleauskoppelung. Der Song ist hitparadentypisch aufgebaut. Die zweite Single, How How, beschreitet neue Wege. Nach der Albumversion des Songs kommt jeder Sampleteil einzeln. Somit kann sich jeder DJ und Yellofan, der über die nötige Software verfügt, sich seine eigene Version von How How mixen. Der Titel Zebra ist ein Wortspiel. Es bezieht sich auf die Gegensätze der Band. So ist ihre Musik schwarz und weiss, in ihr prallen der Gegensatz von Spontaneität und Kalkül aufeinander. Der Titel spricht auch die Gegensätze zwischen Blank und Meier an. Blank, der Handwerker, der regelmässig an seinen Soundvisionen tüftelt und Meier, der Intellektuelle und Komponist, dessen Ideen oft spannender sind, als deren Ausführung.

Boris Blank
Blanks Tonstudio befindet sich an nobler Adresse am Zürichberg. In senem Innern befinden sich 25 Synthesizer. Zdem besitzt Blank eine der grössten Klangsammlungen der Welt. Sie umfasst weit mehr als 10 000 Saxophonsamples. Blank hält nicht viel von Demokratie in der Musik. Er testete früher einmal das Bandleben, was aber nicht klappte. Am wohlsten foühlt er sich alleine mit seiner Musik. «Ich mag es nicht, wenn man mir beim Musikmachen über die Schultern schaut», sagte er. Darum arbeitet er nicht als DJ in einer Disco.

Er arbeitet wie ein Büroangestellter. Morgens um neun beginnt er, um zwölf ist Mittagspause und um achtzehn Uhr Feierabend. Um einen neuen Song auszutüfteln stellt scih Blank zuerst einmal etwas vor, zum Beispiel ein nebelverhangenes Reisfeld in China, worüber ein Sommervogel fliegt. Dann sucht er in seiner Samplothek das Geräusch des Flügelschlags des Schmetterlings. Wird er nicht fündig, holt Blank das Geräusch aus der Natur. Zum Schmetterlingsflug mischt er dazupassende Effekte bei. Dieter Meier vollendet das Klangbild, indem erihm eine Art Filmfigur gibt und ihr Worte und Melodie verpasst. Balank verglich sich mit einem Maler, der zuerst eine Rose malen möchte, und dann ein Elefant daraus entsteht. Über seine Musik sagte er: «Es ist wie in der Sauna: Zuerst hat man das Gefühl der Gebrogenheit, weil es so schön warm ist, danach fragt man sich bald, wie lange man es noch aushält und geht unters kalte Wasser.»

Dieter Meier
Er ist wohl eine der faszinierendsten heute lebenden Personen. Er galt als enfant terrible der Zürcher Kunstszene. In der 1968er Jahren schlug er sich als Experimentalfilmer und als brotloser Schreiber durchs Leben. Seine Kunsthappenings wurden selten verstanden und lösten Kopfschütteln aus. So scheiterte eine Plakataktion ihm Geld zu überweisen daran, dass die angestrebten 10'000 Franken nicht zusammengekommen waren. Vor dem Zürcher Kunsthaus füllte er während einer Woche 100'000 Metallplättchen in Plastiksäcke ab, als Aufschrei dagegen, dass Kunst von Können komme. Später verbrachte er vier Jahre damit, in der Zürcher Halbwelt zu pokern. Heute bezeichnet er diese Phase als Flucht von der Welt. 1979 verspürte er den Dran, sich der Welt verkaufen zu müssen und er gründete die Gruppe Yello.

Meier hält es für das grösste Glück in seinem Leben, nie etwas für Geld zu tun zu müssen. Dieses Privileg wurde ihm schon in die Wiege gelegt, sein Vater war Bankier und Fabrikant. Rolls Royce Fahrer Meier lebte in seiner Jugend bescheiden und behautet, noch heute wochenlang von Brot und Rüebli leben zu können. Er gönnt sich ein Taschengeld von dreissig Franken pro Tag. und spendet imemr wieder, da ihn die Armut in der Welt wütend und ohnmächtig macht. «Unsere Zeit ist nur noch ein Regulativ: die Rendite des Kapitals.» Meier sagt von sich selbst, dass er eine Art Unverhältnis zum Geld habe, er hasse alle Kreditkarten und Bankbelege, die ihm die Übersicht raubten. Die Managern kümmern sich um sein Vermögen.

Immer wieder taucht in den Medien sein Film Snowball auf. Seit neun Jahren arbeitet der Kosmopolit aschon an ihm. Ständig wechselten die Schauspieler (ausser Dieter Meier selber) und die Drehorte. Mittlerweile ist der Film in Hollywood angelangt. Sein Erscheinen wird immer wieder hinausgezögert. Meier schrieb in seiner NZZ-Folio-Rubrik Blick in die Welt: «Niemals wird Herr Meier wissen, wer Herr Meier wirklich ist. Und wenn ihn mal die Musen küssen, ist auch das nur eine List.» Dass er selbst den nächsten Erscheinungstermin verpassen wird ist so sicher wie das nächste Yelloalbum.

Tracklisting
Suite 909
How How
Night Train
Do It
I... I'm In Love
S.A.X.
Fat Cry
Tremendous Pain
Move Dance Be Born
The Permix (How How)
Poom Shanka

 

Yello
Zebra
Mercury 522 496-2

Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwer
k

Links:
http://www.yello.ch