Artikel - Archiv 1997
Vom Saulus zum Paulus
12. Dezember 1997
Gedanken zum Porträt von Emil Grabherr im letzten Höngger

In denWahlkämpfen sind die Kandidatinnen und Kandidaten immer geläutert, sie scheinen heilig zu sein. Auch Emil Grabherr sollte zu Gute gehalten werden, dass er sich im Wahlkampf äusserst freundlich und mehrheitstauglich präsentiert. Mal spendiert er einen Purezmorge, dann ist ihm wieder das Wohl der gesamten Stadtbevölkerung ein Anliegen. Auch auf dem Wahlplakat sieht er nicht unloyal aus und in Tele Züri war er sogar ein richtig Netter, als er Roger Schawinski ein Geschenk für das Kind überreichte. Ein Beweis seiner Konsensfähigkeit ist sicher sein Wunsch nach besserem Zusammenleben der Gesellschaft mit der Wirtschaft. Dabie betont Herr Grabherr, dass dies nur im Rahmen von law and order gehen kann. Als Lehrer ist er ein intimer Kenner der Bildungsfront und er wird zweifelsohne wissen, wie sich das Bildungswesen zukunfts- und praxisorientiert reformieren lässt. Schade, dass er sich dafür nur einsetzen möchte.

Es ist erfreulich zu lesen, dass Emil Grabherr die ausländische Wohnbevölkerung stärker in die Verantwortung miteinbeziehen will. Dazu braucht er auch seine Zivilcourage, denn Friedhöfe sind, vor allem moslemische, potenzielle Unruheherde in einer Oase des Friedens, wie Zürich es ist. Mit seinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hat Emil Grabherr auch den Klärschlammsumpf durchwühlt. Undank war schon immer der Welten Lohn gewesen, denn nur so lässt sich die Weigerung von offensichtlich linksgerichteten bürgerlichen Stadträten erklären, gemeinsam mit ihm für ein Wahlplakat zu posieren. Aber vielleicht sind dies ja auch nur Akzente in einem Wahlkampf.

Es mach durchaus ein Omen für die Zukunft sein, dass der Friedensrichter Grabherr sein Stadtratswahlkampfprogramm auf dem friedlichen Zürichsee präsentiert hat. Mit seinem Schiff Sentosa, was im malayischen bekanntlicherweise Frieden bedeutet, zieht er tapfer in die Schlacht, Verzeihung, in den Wahlkampf um das Stadthaus. Nur schade, dass auch die unsinkbare Armada gesunken ist.



Emil Grabherr, Stadtratskandidat SVP 1998.

 

Nachbetrachtung des Artikels
Die SVP zog 1997/98 u.a. mit Emil Grabherr in den Stadtratswahlkampf. Emil Grabherr gehörte zu denjenigen Politikern der SVP, welche die destruktive Politik der SVP durch ihre oft sinnlosen Vorstösse wehement mittrug. Grabherr, der in der Nähe des Friedhofs in Altstetten wohnte, brachte eine teilweise Öffnung für die Moslems der Stadt Zürich auf diesem Friedhof, zu Fall. Eine Umfrage unter den Schülern von Emil Grabherr hatte ergeben, dass er ein mässiger aber unbeliebter Lehrer war.

Die einzige Art, auf das anbiedernde Porträt, welches im Höngger erschienen war -in welchem Emil Grabherr als armer Politiker dargestellt wurde, der nur das Beste für die Gesellschaft möchte und von den Linken und den Medien zu unrecht als Unmensch geschildert wird - die gehörige Portion Sarkasmus und Zynismus vor der obenstehender Artikel strotzt.

Der Autor hatte noch mit Emil Grabherr eine Begengnung der dritten Art: Am Sylvester 1997 spazierte er per Zufall an Grabherrs Haus vorbei (Unfälle geschehen halt von Zeit zu Zeit). EG wartete in seinem Reiheneinfamilienhäuschen hinter der Türe und passte den Spaziergängern und Friedhofsbesuchern ab. Jedes Mal, wenn er jemand entdeckt hatte, eilte er an den Gartenzaun und wünschte überfreundlich einen guten Tag. Ein Unmensch, wer dabei böses denkt.

Emil Grabherr verpasste die Wahl in den Stadtrat deutlich. Als im Jahr darauf an seiner Strasse, wo er nur etwa zwei bis drei Autos sein Eigen nannte, die Parkplätze in blaue Zone umgewandelt wurden, zügelte er fort.