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Eine
Begegnung fast wie in 1001 Nacht |
17.
Dezember 2002
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Als
erste politische Partei besuchte die SP 10 an ihrer Monatsversammlung
das islamische Zentrum an der Rötelstrasse. Die Mitglieder
waren eingeladen, das Nachtgebet zu beobachten. In der anschliessenden
Diskussion standen Fragen um den interkulturellen Dialog und
der Integration im Vordergrund.
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Spätestens
seit der Al-Aqsa-Intifada und den Anschlägen des 11.
Septembers 2001 prägt das Schreckgespenst Islam die Berichterstattung
in den Medien. Selbst in weltoffenen, toleranten und liberalen
Kreisen ist man nicht gefeit davor, alle Muslime in den Topf
des Fundamentalismus und Terrorismus zu werfen. Ein Mittel,
um solche Vorurteile abzubauen, ist die direkte Begegnung
und der Dialog. Diese Überlegungen standen im Vordergrund,
die Monatsversammlung der SP für eine Begegnung mit den
in Zürich lebenden Moslems zu nutzen. Mit Freude begrüsste
Abu Mussaf, der Quästor der Stiftung Islamische Gemeinschaft
Zürich, die SP als erste politische Partei überhaupt
in den Räumen des islamischen Zentrums. Eine besonders
erfreuliche Tatsache, da laut Abu Mussaf die Werte der Sozialdemokratie
den Grundwerten des Islams am nächsten kommen. Zudem
ist die SP die verlässliche politische Partnerin, z.B.
bei der Realisierung des Muslimfriedhofs.
Das Gebet
Noch während den einleitenden Worten klang das melodische
und auch für westliche Ohren nicht unbekannte Rufen des
Muezzins durch das Haus. Bis zum Beginn des Gebetes haben
die Gläubigen nun noch acht bis zehn Minuten Zeit für
die rituelle Waschung. Männer und Frauen verrichten das
Gebet in voneinander getrennten Räumen. Der Imam, im
Zentrum an der Rötelstrasse ist dies Scheich Ibram, singt
das Gebet vor. Die Gläubigen beten abwechslungsweise
stehend und kniend. Die Litanei des Imams wird einzig durch
Allah-hu-aqbar-Rufe (=Gott ist gross) unterbrochen. Beim Freitagsgebet
und während des Fastenmonats Ramadan ist das islamische
Zentrum mit 600 700 Gläubigen jeweils zum bersten
voll, so dass die Betenden ihr Gebet nicht mehr auf dem Boden,
sondern auf dem Rücken ihres Vordermannes verrichten
müssen.
Das Zentrum an der Rötelstrasse
Die Mahmud Moschee beim Balgrist gehört einer nicht anerkannten
islamischen Sekte. In der Schweiz gibt es keine Moschee, da
der Islam nicht als Landeskirche anerkannt ist, auch wenn
gemäss der Volkszählung im Jahr 2000 rund 350 000
Muslime in der Schweiz leben, 10% davon im Kanton Zürich,
viele haben den Schweizer Pass. Die Stiftung Islamische Gemeinschaft
Zürich wurde 1975 mit dem Ziel gegründet, eine ethnisch
unabhängige Begegnungsstätte für Seelsorge
und Unterricht zu gründen. In der Tat ist kommen im islamischen
Zentrum Gläubige aus der ganzen islamischen Welt zusammen.
Die Stiftung geniesst im Haus an der Rötelstrasse, das
den Vereinigten Arabischen Emiraten gehört, Gastrecht.
Doch missgünstige Nachbarn versuchen den Auszug gerichtlich
zu erwirken. Das Zentrum ist nicht nur Gebets- und Begegnungsstätte,
es nimmt auch integrative Aufgaben wahr: Der Koran wird in
deutsch unterrichtet und der Inhalt der Suren auf den Alltag
in der westlich säkularen Gesellschaft gedeutet.
Für eine Moschee und staatliche Anerkennung
Nach einem reichhaltigen Buffet in der Tradition bester orientalischer
Gastfreundschaft skizzierte Dr. Ismail Amin, Präsident
der Stiftung Islamische Gemeinschaft Zürich, in seinem
Referat die Wünsche und Probleme im Alltag. Mit beharrlichem
Einsatz und nach zähem Ringen wird im Lauf des nächsten
Jahres der islamische Friedhof eröffnet. Bis dahin werden
die Verstorbenen in ihre Heimat überführt. Die Hauptanliegen
der Stiftung sind die Errichtung einer Moschee und die staatliche
Anerkennung als Glaubensgemeinschaft. Beides Massnahmen, die
für das interkulturelle Verständnis von Vorteil
wären. Eine Moschee in der Stadt Zürich würde
als Beweis für das weltoffene Image Zürichs betrachtet
und sich als Standortvorteil auswirken. Die Moschee übernähme
die Funktionen des aktuellen Zentrums als Kirche,
Begegnungs- und Unterrichtsstätte. Einhergehend mit der
staatlichen Anerkennung würde der Unterricht aus den
Hinterhöfen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt.
Die Auswahl der Lehrkräfte wäre staatlich kontrolliert.
Neue Realitäten akzeptieren
Auch wenn der fundamentalistische Islam ein anderes Bild prägt,
gehört die Lehre des Islam zu den tolerantesten. So erhebt
er ausserhalb seiner angestammten Gebiete keine Machtansprüche.
Im Gegenteil, Muslime sind gehalten, sich den lokalen Gegebenheiten
unterzuordnen. Das Wissen über die andere Religion ist
eine Bereicherung. Manche Massnahme, wie der Bau einer Moschee,
erfordern den Mut, neue Realitäten anzuerkennen und einen
echten Dialog zu beginnen. Dieser kommt in Gang, wenn die
Vergagenheit mit Polemik und gegenseitiger Diffamierung überwunden
wird.
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Der
Gebetsstuhl des Imams - Scheich Ibram - im islamischen Zentrum
an der Rötelstrasse.
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Den
Text als PDF-Download sowie weitere Bilder sind auf der Homepage
der SP Zürich 10 zu finden. |
Links:
http://www.sp10.ch
http://www.ahmadiyya.ch |
*** Leserreaktion
vom 20. Juni 2003***
Sehr geehrter Herr Baer
Mit Interesse habe ich o. g. Bericht gelesen und es freut
mich, dass Sie sich für die Verständigung der Religionen
einsetzen.
In Ihrem Bericht schreiben Sie, "die Mahmud Moschee beim
Balgrist gehört einer nicht anerkannten islamischen Sekte".
Diese Aussage ärgert mich. Im Islam gibt es keine zentrale
Instanz, die über Anerkennung oder Nichtanerkennung entscheidet;
das Wort Sekte suggeriert einem Christen Negatives, was die
Mahmud Moschee in nicht zutreffender Weise diffamiert.
Die Ahmadi, wie die Anhänger dieser Gemeinschaft heissen,
sind ausgeprägt liberal und tolerant eingestellt, wie
ich als Protestant in persönlichen Gesprächen und
im Handeln feststellen durfte. Ihr Glaube weicht vom sunitischen
und schiitischen Islam ab, weswegen die Anhänger dieser
Religion, nach eigenen Angaben 10 bis 15 Millionen Menschen,
ausgegrenzt werden und auch verfolgt und getötet werden
von radikalen Schiiten und Suniten.
Ich vermute, o. g. Aussage ist Ihnen vom Iman des Zentrums
in der Rötelstrasse in den Mund gelegt worden. Diesem
Herrn würde mehr Toleranz gut zu Gesicht stehen. Bitte
verwenden Sie solche Aussagen nicht unkritisch. Warum besuchen
Sie, Ihre Partei und die Angehörigen des Zentrums in
der Rötelstrasse nicht mal die Mahmud Moschee?
Mir liegen diese Menschen am Herzen und ich fände es
unlogisch, wenn ich als Christ Ahmadi anders behandeln würde
als ich Suniten und Schiiten behandle.
Freundlicher Gruss
Martin Kunzi
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Antwort
des Vorstandes der SP 10 zu nebenstehendem E-Mail:
Der Vorstand der SP 10 bedankt sich für die Einladung
in die Mahmud-Moschee. Da es sich bei der Frage ob die Ahmadi
eine Sekte sind oder nicht, um eine Glaubensangelegenheit
handelt, erklärt sich die SP als neutral. Weder die SP
noch der Autor wollten jemanden beleidigen. Die SP besuchte
das islamische Zentrum an der Rötelstrasse vor allem
aus dem Grund, dass es im eigenem Stadtkreis gelegen ist.
Weder die SP 10 noch ein Mitglied von ihr hat mit ihrem Besuch
eine Aussage darüber machen wollten, was die SP-10 für
den
richtigen Islam hält.
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Anwort
des Autors an Martin Kunzi:
Der Autor wollte mit der Verwendung des Begriffs Sekte keine
religiösen Gefühle verletzten. Sollte dies Fall gewesen
sein, entschuldigt er sich an dieser Stelle. Vielleicht wären
die Begriffe Bewegung, Gruppierung oder Schule neutraler gewesen.
Vom Wortsinn her bedeutet Sekte Abspaltung. Der negative Beigeschmack
kommt von neueren Definitionen, welche einen Totalitätsanspruch
und die Ausrichtung auf eine Führungspersönlichkeit
zu typischen Merkmalen einer Sekte erklären.
Da es sich über einen Bericht über den Abend im islamischen
Zentrum, das für alle Muslime offen steht, handelt und
aufgrund der Rücksprache mit dem Orientalischen Seminar
der Universität Zürich welches den Begriff
Sekte vom jeweiligen Standpunkt abhängig macht, aber bestätigt,
dass die Muslims die Ahmadyy nicht anerkennen, was diese verärgert
sowie des Artikels im Tages
Anzeiger vom 20. Juni 2003 über das Jubiläum der
Mahmud Moschee bleibt der Autor beim ursprünglich verwendeten
Begriff. |
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