Actu
Vernissage der Ausstellung 175 Jahre Männerchor Höngg
2. November 2003
Der Männerchor Höngg, ältester Verein des Zürcher Quartiers Höngg und einer der fünf ältesten Chöre der Stadt Zürich, feiert dieses Jahr sein 175 Jubiläum. Die am Höngger Wümmetfäscht erstmals präsentierte Festschrift ist mehr als eine gewöhnliche Chronik: Sie ist eine kulturge-schicht-liche Reise zum Thema Zürcher Gesangswesen.

«Einzigartig seit 1828» lautet das Motto des Männerchors Höngg, der dieses Jahr sein 175 jähriges Bestehen feiern kann. Der Männerchor ist der älteste Verein Hönggs und wurde über ein Jahrhundert vor der Eingemeindung des Winzerdorfes in die Stadt Zürich von Johann Ulrich Wehrli gegründet, der u.a. das berühmte «Sempacherlied» komponiert hatte. Das genaue Gründungsdatum des Chores ist nicht verbrieft. Es muss um die Zeit von 1826 - 28 gewesen sein. Zusammen mit den Chören von Wipkingen, Albisrieden, Aussersihl, Schwamendingen und Fluntern wurde 1228 der «Sängerverein im Limmat-Thale» gegründet. Somit gehört der Männerchor Höngg zu den ältesten Chören Zürichs. Am ersten grossen Sängertag des selben Jahres zählte der Chor 38 Sänger, je 15 davon sangen im 1. Tenor und im 2. Bass.

Eine Geschichte des Gesangswesens als Vereinschronik
Zu seinem Jubiläum schenkte sich der Chor eine Vereinschronik, die am Höngger Wüm-metfäscht zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert worden war. Der berühmte Grün-dervater war schon fast Verpflichtung, in der vierundsechzigseitigen Broschüre nicht nur die wechselhafte Geschichte des Chors zu erzählen, sondern darüber hinaus einen informativen Einblick in die Geschichte des Zürcher Gesangswesens zu geben. Ein Kapitel ist den Reisegewohnheiten gewidmet. Zu Gründerzeiten reiste man noch per pedes an die Sängertage, welche der Distanz wegen in den Nachbargemeinden stattfanden. So lagen Dietikon oder Birmensdorf schon ziemlich weitab, und die Limmat war noch ein echtes Hindernis. Das Schuhwerk bestand aus Halbschuhen, hohen Schuhen oder Stiefeln, der Sänger trug schwarze Hosen, Rock und Hut, führte eventuell einen Stock oder Schirm mit sich, seinen Reiseproviant verstaute er im Militärtornister. Zum Proviant gehörten auch Wein und Schnäpse, da die Stimme für die Marschgesänge geölt werden musste. Doch schon bald reiste man mit der Eisenbahn, nach dem zweiten Weltkrieg kamen das Auto und der Reisecar hinzu, 1973 flog man gar nach Wien, um einen befreundeten Chor zu besuchen.

Der zweite Teil der Chronik ist der Vereinsgeschichte gewidmet. Eine kleine heraldische Lektion vermittelt das Kapitel über die Entwicklung der Vereinsflagge. Die aktuelle wurde 1998 eingeweiht. Gestaltet wurde sie vom bekannten Bündner Maler Rudolf Mirer. Da das wichtigste in einem Chor der Gesang ist, erhält der musikalische Teil genügend Raum. Je nach Auftritt – dies kann von der musikalischen Begleitung des Muttertagsgottesdienstes bis zum «Solokonzert» gehen – ist ein anderes Programm angesagt. Werner Giger, der Verfasser der Chronik, beleuchtet diese Thematik verständlich und stellt sie auch in den jeweiligen historischen Kontext. In der Gründerzeit sang man andere Lieder als heute, und das heutige Liedgut unterscheidet sich von demjenigen aus der Zwischenkriegszeit. Das Programm des Jubiläumskonzertes im vergangenen Juni spannte den Bogen von Mozarts «Das klinget so herrlich» über das «Sempacherlied» Johann Ulirch Wehrlis zu Bobby McFerrins Hit «Don’t Worry Be Happy». Was in der Chronik beschrieben wird, lässt sich in der Sonderaustellung im Höngger Ortsmuseum (bis 30. November) erfahren.

Das Höngger Chorwesen im Wandel der Zeiten
In den ersten Jahren des Männerchors wurde Höngg zu einem regelrechten musikalischen Zentrum, die meisten Aufführungen der Sängerschaft Limmattal fanden in der Höngger Kirche statt. 1836 gründete Johnan Ulrich Wehrli den zweiten Höngger Chor, den Gemischten Chor Höngg, der in den 1860er Jahren immer bedeutender wurde, der Männerchor verlor an Sängern. 1860 formierten sich die 26 Mitglieder des Männerchors in den Sängerverein Höngg um. Doch bereits 1875 wurde ein weiterer Konkurrenzchor, der Männercor Lerche, gegründet, der vor allem jüngere Sänger ansprach. 1882 fusionierten die beiden Chöre zum Sängerbund zusammen, der damals wieder 35 Mitglieder zählte. 1947 wurde der Sängerbund in Männerchor Höngg umbenannt. Von 1908 bis in die 50er Jahre gab es noch den Arbeiter-Männerchor der Sozialdemokratischen Partei. Die Zeiten der gesellschaftlichen Trennung sind heutzutage glücklicherweise vorüber. Die Mitglieder des Chores repräsentieren die gesamte Gesellschaft des heterogenen Stadtquartiers wie vier der Berufe der Sänger illustrieren mögen: Innenarchitekt, Landwirt, Bäcker, Werber.



Die Fahne , gestaltet von Johann Mirer.



Die Chronik anlässlich des 175. Jubiläums des Männerchors Höngg. Sie kann im VzfB-Shop bezogen werden.

   
Link:
http://www.maennerchor-hoengg.ch