Musicus
Von musikalischen Villen zum simplen Songwriting
8. März 2006
Seine Auftritte im letzten Jahrzehnt lassen sich an einer Hand abzählen, nun meldet sich David Gilmour mit „On An Island“ zurück und beendet nach erfolgtem Friedensschluss mit Roger Waters Pink Floyd. Und das ist gut so. Bewertung * * * *1/2

Er würde am 6. März 60 Jahre alt, Pink Floyd wären ihm eine Nummer zu gross, begründete David Gilmour Anfang Jahr in einem Interview das Ende der Floyds. Auf der offiziellen Webseite von Pink Floyd bittet denn er auch darum, sämtliche Reunionsgerüchte zu vergessen. Kurze Rückblende: Eine der grössten Sensationen vom Londoner Live 8 im letzten Juli war der Auftritt von Pink Floyd in Originalbesetzung nach über 22 Jahren Streit gewesen. Vor einem Jahr war es auch Roger Waters gewesen, der den ersten Schritt gemacht hatte und David Gilmour zum Auftritt überreden musste. Da sich alle angestrengt hatte, verliefen die Proben und der Auftritt in Minne, David Gilmour schrieb Waters sogar eine E-Mail, worin er sich für den Spass bedankt hatte. Ein versöhnlicher Schlusspunkt unter einen Streit, der für die Band ebenso schädlich war, wie jener unter den Beatles.

Seit dem letzen Pink Floyd Album The Divison Bell sind nun 12 Jahre ins Land gegangen. Die Veröffentlichung der Pulse DVD, der Konzert-DVD der nachfolgenden Tournee, ist in den Herbst verschoben worden. Seit dem Ende der Division Bell Tour 1995 hat sich David Gilmour fast völlig auf seine Familie konzentriert. Neben wenigen Gastauftritten bei befreundeten Künstlern wirkte er die letzten Jahr über bloss in Paul McCartneys Run Devil Run-All Star Band (1999) mit und er gab die Konzerte in der Royal Festival Hall und beim Meltdown Festival 2002, die auf DVD erschienen sind. Roger Waters letztjährige Anfrage, bei Live 8 mitzuspielen, hatte er zuerst mit der Begründung abgelehnt, dass er etwas ausser Übung wäre.

Von Kathedralen zu Villen

David Gilmour hat Recht, Pink Floyd sind eine Schuhnummer zu gross für ihn und es erwartet auch niemand ein Floyd Album von ihm. Und so sucht man auf On An Island vergebens nach den grossen Floydianischen Soundkathedralen. Aber am Training mangelt es Herrn Gilmour dennoch nicht. Als Behausung auf einer Insel reicht eine Villa. Schon visuell sieht man, was es geschlagen hat: statt auf ein Cover von Storm Thorgerson zurückzugreifen, zeichnete die britische Designagentur Blade verantwortlich. Und doch ist On An Island vom ersten Ton an unverkennbar ein David-Gilmour-Album, wie weiland die ohne Roger Waters eingespielten Pink Floyd Werke The Divison Bell (1994) oder Momentary Lapse Of Reason (1987), allerdings ohne den Bombast und Wall of Sound, den die damaligen Produzenten Bob Ezrin bzw. Michael Kamen darübermischen mussten. Und während sich Roger Waters aktuell mit seiner Oper Ca Iraüber die französische Revolution brüstet, unterstreicht David Gilmour, dass der Werbeslogan «The Voice And Guitar of Pink Floyd» nicht gelogen ist, denn On An Island knüpft an klassische Floyd-Alben wie Atom Heart Mother wie an die neueren Werke wie Division Bell.

David Gilmour zeigt sich für einmal als einfacher Songwriter, dem nicht die Kunstwerke sondern der Song an und für sich wichtig ist, Manche der zehn Songs auf dem Album sind simple Songs, allesamt eingespielt mit hochkarätigen Musikern, so greift zum Beispiel Talkmaster Jools Holland in die Pianotasten, David Crosby und Graham Nash spielen ebenso mit wie Co-Floydianer Richard Wright. Da die Lyrics Gilmours Stärke nicht sind, hat wie schon bei Divison Bell seine Frau, die Schriftstellerin Polly Samson die Texte verfasst. Pink Floyd sind Geschichte - und das ist gut so. Das enttäuscht keine Erwartungen, erfüllt aber Wünsche: wie Davids Gitarrensolo bei This Heaven, seine Slidegitarre bei Smile oder das verträumte Titelstück On An Island. David Gilmour hat ein entspanntes und schönes Album veröffentlicht, das trotz seiner Schönheit gegen Ende etwas gar zu entspannt dahinplätschert.

 



Auch ohne Pink Floyd ganz gut im Strumpf, David Gilmour. Bild: Polly Samson, david-gilmour.com

Tracklisting

Castellorizon
On An Island
The Blue
Take A Breath
Red Sky At Night
This Heaven
Then I Close My Eyes
Smile
A Pocketful Of Stones
Where We Start

 

 

 

   
David Gilmour On An Island
EMI 0946 3 55695 2
 
   

Links:

www.davidgilmour.com
www.pinkfloyd.com

 Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk
Weitere Artikel über David Gilmour:

Lauf Teufel Lauf (1999, David als Gitarrist bei Paul McCartneys Run Devil Run)
• The Division Bell (1994, Pink Floyd, The Division Bell, wird in kürze freigeschaltet)