Musicus
Vertagte Revolution
26. August 2005
Die Diskrepanz zwischen Claptons Konzerten und Alben nimmt immer mehr zu. Die Konzerte gehören zur Meisterklasse, die Alben mittelmass. Auch das neue, Back Home. Bewertung * * * * 1/2

Ähnlich wie der Vorgänger Reptile von 2001, spannt Back Home den Bogen über Eric Claptons Virtuosität und man kriegt den Eindruck nicht los, dass man einen Sampler hören würde. Von Reggae über Rock bis Blues ist die gesamte Bandbreite der Rock und Popmusik vertreten. Selbst mit dem akkustischen Titelstück sind die 90er-Jahre mit dem Unplugged Hype enthalten, den Clapton mit der Veröffentlichung seines Konzertes bei MTV mitbegründet hatte.

Mit seinem neuen Album kehre er von einer Reise zurück, die er 1989 begonnen habe, lässt sich Eric Clapton in der Pressedokumentation zitieren. 1989 hatte Clapton, endlich vom Alkohol losgekommen, Phil Collins als Produzenten geschasst, der ihm Mitte der 80er-Jahre zwei der seltsam poppige Alben produziert hatte. Mit dem damaligen Album Journeyman erinnerte sich Slowhand an seine Blueswurzeln zurück. Ein Jahr später verunfallte sein vierjähriger Sohn tödlich, was die beiden nachfolgenden Alben mit Songs wie Tears In Heaven und My Fathers Eyes prägen sollte. Anfang 2004 verkündete Clapton dann, dass er diese beiden Songs nicht mehr live spielen werde, da er den Tod seines Sohnes verarbeitet habe. In derselben Zeit konzentrierte sich Eric Clapton auf seine musikalischen Wurzeln und veröffentlichte mit From The Cradle 1994, dem mit B.B. King eingespielten Riding With The King 2000 und seinem Tributalbum an Robert Johnson eine Album Trilogie, welche den klassischen Blues in unsere Tage hinüber rettete.

Back Home ist weder ein gutes noch ein schlechtes Album. Obwohl es nur gute Songs enthält, vermag eigenlich keiner richtig zu überzeugen. Sie wurden durch den Produzenten Simon Climie zu glatt abgemischt und passen allesamt ins Musikprogramm von DRS 1. Und das ist eigentlich nicht das Radioprogramm, wo Eric Clapton spielt. Mit So Tired hat Clapton den Reggae aus der Mottenkiste genommen, den er 1974 mit der Coverversion von Bob Marleys I Shot The Sheriff weiten Kreisen zugänglich machte. Den Song hat er seit letzem Jahr wieder in seinem Liveprogramm. Piece Of My Heartist ganz passabel. Der einzige Blues ist Lost And Found, geschrieben von Jeremy Stacy und Claptons 2. Gitarristen Doyle Bramhal II. Der interessanteste Song ist aber Revolution, ein Crossover von Reagge, Soul und Blues. Unglaublich, dass dieses Potenzial nicht besser genutzt wurde. Denn live spielt Eric Clapton nach wie vor unter den besten der Zunft. Im Studio aber hat Slowhand den Blues (vorderhand) verloren. Man mag es ihm gönnen, aber ob das musikalisch gut ist?



Eric Clapton (rechts) und sein erster Mentor, John Mayall, backstage anno 2003. (Foto: johnmayall.com)

Tracklisting

So Tired
Say What You Will
I'm Going Left
Love Don't Love Nobody
Revolution
Love Comes To Everyone
Piece Of My Heart
One Day
One Track Mind
Run Home To Me
Back Home

 

   
Eric Clapton
Back Home
Warner - Duck Records
 Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk
   
Links:
www.ericclapton.com
 
   

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