Musicus
Auf der Rückseite des Mondes
12. April 2007
Roger Waters kehrte auf die Bühne des Hallenstadions zurück, um The Dark Side Of The Moon live zu spielen. Ein Genuss. Bewertung * * * * *

Mehr noch als David Gilmour ist Roger Waters Pink Floyd. Auch wenn er vier Soloalben veröffentlicht hat, wird er zurecht als Kopf von Pink Floyd gehandelt. Seine Musik geht weniger ans Herz wie Gilmours Songs nach Waters Ausstieg von Pink Floyd. Deshalb konnte man einen kopflastigen Abend erwarten. Punkto Show kriegt Roger Waters die Bestnote, was er an Filmmaterial, Bühnenbild fliegenden Astronauten und dem fliegenden Schwein zu bieten hatte, ist seiner würdig.

Besonders das Bühnenbild gilt es zu erwähnen. Ein Standbild mit einer Whiskyflasche, einem vollen Glas vor einem alten Radio, auf welchem ein Modell eines Kampffliegers aus dem 2. Weltkrieg liegt. Dieses Bild ist beleuchtet, während die Leute ins Hallenstadion strömen, während aus den Boxen Bob Dylan dröhnt. Punkt 19.45 Uhr wechselt die Musik auf alten Rock'n'Roll und das bisherige Standbild wird animiert, es beginnt Zigarettenrauch aufzusteigen. Von Zeit zu Zeit greift eine Hand ins Bild und schnippt Asche in den Aschenbecher oder sucht einen anderen Sender.

Spulen durch's Programm
Musikalisch stimmte zu Beginn noch nicht alles ganz überrein, Waters Stimme wirkte brüchig und ging in den leiseren Teilen gar fast unter. Zudem war der Bass zu stark abgemischt, was sich weniger im Vibrieren der Stühle denn im überschlagenden Sound widerspiegelte. Man kommt nicht umhin zu sagen, dass Waters das Standardprogramm fast lustlos absolvierte. Shine On You Crazy Diamond und Wish You Were Here weckten keinerlei Emotionen. Zwar liefen bei Set The Controls For The Heart Of The Sun und Shine On... Bilder von Syd Barret auf der Leinwand, aber kein Wort des Gedenkens an Syd Barret äusserte Waters.


Richtig ins Element kam die Band erst, als es in die zweite Hälfte des erten Teil ging, und Waters seine politischen Songs wie The Fletcher Memorials Home oder ganz eindrücklich Pigs On The Wing inszenieren konnte. Im alten Bildmaterial von Fletcher Memorial Home hängt nun neben Reagan, Thatcher nun Saddam, George W. Bush und Osama Bin Laden. Mit Leaving Beirut präsentierte Waters einen neuen Song, dessen Quintessenz ist, dass die Briten und Amerikaner nun selbst Eroberer wie Dschingis Kahn wurden und er als einfacher Mensch nie mehr seine kollektiv aufelandene Schuld den Menschen in Libanon gegenüber gut machen könne. Mehr als der Text überzeugte die visuelle Umsetzung des Songs. Andy Fearwather Low trug einen Cowboyhut. Im Hintergund war der Song als schwarzweisser Comicstrip mit Roger Waters als Hauptfigur zu sehen. Die Sprechblasen zeigten, egal wo man im Raum sass, auf die singenden Personen.

Mond einfach und zurück
Nach einer Viertelstunde Pause ging die Inszenierung von Dark Side Of The Moon los. Ton für Ton spielten die Musiker das Album nach. Das ist einerseits gut so, bei einer Mozartsymphonie wird auch nicht interpretiert. Dennoch hätte Roger Waters seinen Mitmusikern ein wenig mehr Interpretationsfreiheit geben können, so wie das David Gilmour oder Eric Clapton tun. Dark Side gewinnt durch seine multimediale Umsetzung noch an Kraft. Immer wieder tauchte das Bild des Mondes auf. Beim Greatest Gig In The Sky kriegte man das Gefühl, als ob die Sängerin den Mond anheulen würde. Am Ende des Albums leuchtete eine Laserpyramide über den Köpfen des Publikums auf, die sich mit dem verklingen des letzten Tones in die Visualisierung der Plattenhülle verwandelte. In die linke Saalhälffte leuchtete der weisse Lichtstrahl, in die rechte der Regenbogen, danach drehte die Projektion.

Nach Dark Side Of The Moon kam das Zugabenset, bei welchem das Album The Wall im Zentrum Stand: Another Brick In The Wall Pt. 2, Vera, Bring The Boys Back Home und dann als einlullender Abschluss Comofortably Numb. Noch einmal lebte Roger Waters als Pazifist auf: Bring The Boys Back Home zeigte Bilder aus Israel während die Drums den überflüssigen und sinnlosen Bombenfall darstellten. Bei Another Brick In The Wall zeigte die Bildanimation die Berliner Mauer, die dann auch fiel, den Abschluss bildeten Bilder der israelischen Schutzmauer das Bildmaterial. Mit Comfortably Numb hat sich Roger Waters den Abschluss ein wenig versalzen, denn es war der falsche Schlusspunkt, weil man total eingelullt wurde. Run Like Hell oder Arnold Layne hatten zum Abschluss nochmals gerockt. So aber fragt man sich nach der Aussage der Show: Man protestiert zwar, dass die Jungs nach Hause sollten, aber danach lässt man sich in seinem Nest einlullen.

Das Zürcher Konzert war der Auftakt der Europatour. Roger Waters bedankte sich beim Publikum und stellte fest, dass er keinen besseren Start hätte erwischen können. Die optische Schau, das Bühnenbild am Anfang und die Comicumsetzung in Leaving Beirut geben ihm die Note 6. Das Abspulen der Greatest Hits und lassen diese Note auf eine Fünf schrumpfen. Dennoch, für einen, der Konzerte hasst, war es eine verdammt gute Show.

Setliste

In The Flesh
Mother
Set The Controls For The Heart Of The Sun
Shine On You Crazy Diamond
Have A Cigar
Wish You Were Here
Gunners Dream
Fletcher Memorial Home
Perfect Sense
Leaving Beirut
Pigs On The Wing

Speak To Me
Breathe
Time
The Greatest Gig In The Sky
Money
Us And Them
Any Color You Like
Brain Damage
Eclipse

The Happiest Days Of Our Lives
Another Brick In The Wall
Vera
Bring The Boys Back Home
Comfortably Numb


 

 

   

Links: Roger Waters

  Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk
   

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