Here I am in Locarno's old Town...
18. Juli 2010
Mark Knopfler pflegt zurzeit bei Konzerten vor allem sein Solowerk. Das ist Gut so. Vorallem, wenn vor der malerischen Kulisse der Altstadt von Locarno stattfindet.
Bewertung * * * * * 1/2


Während fast einem Jahr konnte man auf der Europakarte auf Markknopfler.com verfolgen, wie Konzerttermin um Konzerttermin hinzugefügt wurde. Rund um die Schweiz. Wie in der politischen Realität klaffte da in der Mitte des alten Kontinents ein Loch, das irgendwie an an liegendes Schwein erinnert. Dann kam eines Tages im kalten Winter 2010 der Newsletter, worin Mark schrieb, er würde diesen Sommer an zwei der schönsten Festivals in Europa spielen: am Jazzfestival Montreux und tagsdarauf unter freiem Himmel beim Moon & Stars in Locarno. Als er dann im regnerischen Frühling per Newsletter verkündete, dass man die Konzerte legal als Memorystick oder MP 3 Download kaufen könne, war die Freude doppelt so gross.

Die Piazza Grande in Locarno füllt sich schon eine Stunde vor dem Konzert. Die Kameraleute filmten das Publikum auf dem Platz und auf den Balkonen der Anrainer, wie ein vierjähriger Knabe zu seinem grossen Gaudi feststellt, als er sich auf der Videowand entdeckt. Schwierig, dieses Kinderlachen noch an Schönheit zu übertreffen. Das Konzert beginnt, was eher selten ist im Rockbetrieb, pünktlich. Begleitet von Fiedel und Flöte beginnt Mark Knopfler mit «Border Reiver». Wortlos betritt er die Bühne, setzt sich hin und spielt, als es Zeit für seinen Einsatz ist, die ersten Töne, hebt die Hand und winkt ins Publikum, spielt wieder das Riff, hebt erneut die Hand und winkt ins Publikum, welches brav zurück grüsst und ein drittes Mal wiederholt er das Spiel. Schon nach den ersten Takten ist klar, dass es ein Konzert ist, bei dem das Solieren im Vordergrund steht. Wohl kommen die beiden nächsten Songs «What It Is» und «Sailing To Philadelphia» noch nahe an die Originalversion heran, wird bei «Coyote» der Jazzbass hervorgeholt und der Song in der Livefassung zu voller Blüte gebracht.

Mit dem «Hill Farmer’s Blues» wird ein weiterer Solosong gespielt. Es sollte einer der ersten Songs sein, die mit bloss einem Instrument gespielt beginnen und Minuten später in einem Tutti endet. Während des Songs drehen zwei Gleitschrime hoch oberhalb der Piazza Grande ihre letzten Runden in der Dämmerung. Während des Gitarrensolos zeigt Mark Knopfler, dass er durchaus mit einem Riff das ganze Solo an sich reissen und die lauteren und harten Töne anschlagen kann. Die ersten fünf Songs stammten ab den drei Alben«Get Lucky» (2009), «Ragpicker’s Dream» (2002) und «Sailing To Philadelphia» (2000), was das Publikum wohl wollend aufgenommen hat, einen begeisternden Applaus erhält Knopfler, als es «Romeo And Juliet» erkennt. Es ist einer der wenigen ruhigen Songs, bei dem man in der abendlichen Sommerhitze durchatmen kann. Denn schon folgen die «Sultans Of Swing», bei welchem Knopfler sein ganzes Können auf der Rockgitarre, von seinem gezupften Apreggiospiel bis zu Soli à la Eric Clapton zelebriert.

Nach den schwingenden Sultanen wird die Band vorgestellt. Mit Phil Palmer und Guy Fletcher sind zwei Stammmitglieder der Dire Straits dabei. Der zweite Teil des Konzertes beginnt, wie der erste. Der Folksong «Done With Bonaparte» ab «Get Lucky» wird von «Marbletown» von «Ragpicker's Dream» und «Speedway At Nazareth» von «Sailing To Philadelphia» gespielt. «Speedway At Nazareeth» beginnt als Countrysong, der schon zu beginn von einer fahrenden Rockgitarre übertönt wird und endet als Rocksong mit Powerchords und einem harten Gitarrensolo. Danach wird es ruhiger, von der schnellen Fahrt auf der Autobahn nach Nazareth biegt man auf der Telegraph Road ein.

«Telegraph Road», der viertelstündige Opener von «Love Over Gold» von 1982, bedeutet Klavier und dass Mark Knopfler seine akkustische Martin hervorholt. Es ist ein Highlight in seinem Songkatalog, im Studio wie live. Schön, dass er sich daran erinnert hat. Danach geht es in die Zugaben, es geht ruhig weiter, «Brothers In Arms» erklingt. Anstelle des Zippos aus dem Raucherzeitalter werden die iPhones aus dem digitalen Zeitalter in die Luft gehalten. Noch immer ist es ein Wunder, dass ein Song über Bürgerkrieg und Waffenbrüder so poetisch daherkommt, dass die Leute verzaubert werden. Inhalt und Empfinden sind weit von einander entfernt. Doch nicht soweit wie Mark und das Publikum, die zweite Zugabe ist «So Far Away», der Song ab «Brothers In Arms», der vollkommen zeitlos und daher am besten altert. Anstelle von here I Am In this mean old Town singt Knopfler «Here I am in Locarno's Old Town».

Zum Schluss endet das Konzert, wie es begonnen hat, mit einem Folksong ab «Get Lucky». «The Piper At The End» beendet das Album. Und auch das Konzert. Es war ein wunderbares Konzert. Vor allem hat Knopfler nach zwanzig Jahren «Money For Nothing» und «Theme From Local Hero» aus der Setliste gestrichen, was sehr gut getan hat. Warnte mich vor ein paar Jahren noch ein paar Jahren noch eine Freundin, sie hätte Tickets für ein Konzert von Mark Knopfler und ich war an einem Dire Straits Konzert, war es in Locarno ein Konzert von Mark Knopfler. Und das war gut so.

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Setliste
Border Reiver
What It is
Sailing To Philadelphia
Coyote
Hill Farmer's Blues
Romeo & Juliet
Sultans Of Swing
Done With Bonaparte
Marbeltown
Speedway At Nazareth
Telegraph Road

Brothers In Arms
So Far Away

Piper To The End

Links: Mark Knopfler

 

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