In den Hotelzimmern während den Tourneen hat Damon Albarn schon öfter aufgenommen. Sein Album «Demo Crazy» von 2004 ist ein solches Zeugnis eines musikalischen Skizzenbuchs. Seither ist eine halbe Weltepoche vergangen, zumindest was die Technik anbelangt, denn wieder hat Albarn während einer Tour Songs aufgenommen, mit dem iPad dieses Mal. Auch die Abmischung erfolgte auf dem Apple Tablet. «Ich liebe mein iPad, seit ich es habe, und ich habe eine komplett andere Art von Album damit gemacht», erklärt Damon Albarn in einem Interview.

Das Album bietet 15 Songs, die fast alle nach Schnellschuss klingen. Das war das Konzept, und das ist gut. Ob die Gorillaz das richtige Vehikel dafür sind, bleibe dahingestellt. Es drängt sich die Frage auf, ob Billigsynthis und Damon Albarns dauernder Gesang statt irgendwelchen Hiphop die Wünsche des Publikums erfüllen. Im ersten Fall ist dies anzuzweifeln, im letzteren Fall aber zu begrüssen, Vorgänger «Plastic Beach» (2010) war mehrheitlich ein Hiphop Album, verkaufte sich bloss noch eine Million Mal und hatte keine Hitsingle. Kurzum, für Bandverhältnisse ein Flop, auch wenn Albarn der Meinung ist, dass es ihm egal sei, ob sich ein Album verkaufe oder nicht.

Waren die Gorillaz vor zehn Jahren ein Mittel für Albarn, um aus dem Blur-Korsett auszubrechen, schafft er es mit «The Fall», sein verzetteltes musikalisches Ego wieder zu einen. Zusammen mit Comic Zeichner Jamie Hewitt (Tank Girl) kreierte er 2001 die virutelle Band Gorillaz um Russel, Noodle, 2-D und Murdoc. Das Internet war jung und alles sollte virtuell werden. So auch die Band, die neben Albarn namhafte Gastsänger wie Ibrahim Ferrer hatte. Beim Nachfolgealbum «Demon Days» (2005) folgten erste Konzerte, die Musiker spielten noch hinter den Bühnen. Eine Konzert DVD wurde veröffentlicht. Nach «Plastic Beach» gingen die Gorillaz als reguläre Truppe auf Tour und waren Headliner des Glastonbury Festivals. Die Comicfiguren waren bloss noch Livestaffage. Deshalb überrascht es nicht weiter, dass Albarn nun konzertfähiges Material braucht.

Ein Reise-Skizzenbuch
Was «The Fall» von seinen Vorgängern unterscheidet, ist dass es ein Thema hat, man reist in den Songs von den Wäldern Aspens über Seattle nach Kalifornien und telefoniert nach Arizona. Die Songs tragen die Namen der Ortschaften, in denen sie entstanden im Titel, beispielsweise «Seattle Yodle», «Detroit», «Joplin Spider» oder «Amarillo». Bobby Womack, der schon auf «Plastic Beach» sang, lieh «Bobby In Phoenix» seine Stimme. «The Fall» ist eine LoFi Platte über den Herbst und erinnert entfernt an die ruhigen Alben «Mutations» und «Sea Change» von Beck.

Alben, die während Touren entstehen, gibt es einige, z.B. das formidable «New Adventures In HiFi» von R.E.M. Auf die Einspielung eines, nennen wir es ruhig, regulären Longplayers hat Albarn verzichtet. Bewusst verzichtet. Denn in der Regel folgte ein Jahr nach dem Gorillazalbum eine Compilation, welche alle Remixes und B-Seiten vereinigt, «D-Sides» war es nach «Demon Days», «G-Sides» nach «Gorillaz». Die «P-Sides» fehlen noch. Gewiss werden sie als Toursouvenir oder auf das Weihnachtsgeschäft noch erscheinen. «The Fall» wird wie das 2002 erschienene Dub-Remix Album «Gorrilaz vs Spacemonkeys» ein Schmankerl im Bandkatalog sein. Und gut möglich, dass der eine oder andere Song, auf der nächsten regulären Albarn-Veröffentlichung nochmals neu arragniert auftauchen wird.

Gorillaz live. Foto In.com

Gorillaz
The Fall
EMI

Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk