Die Single «Schiffsverkehr» kündigt es musikalisch an, Gröni hat es nach dem letzten, lahmen Album «12» geschafft, nicht noch einmal das Überalbum «Mensch» von 2002 zu kopieren. Die pampigen Begleitklänge seiner Band, die die Songs auf «Zwölf» zugekleistert hatten, sind verspielten Rhytmen gewichen, die sogleich in die Beine fahren. Locker, flockig und gar rotzfrech kommt die eine Hälfte von «Schiffsverkehr» daher. Die drei ersten Songs «Schiffsverkehr», «Kreuz meinen Weg» und «Fernweh» kann man sich gut in einer Playlist bei einer bierseligen Grillparty vorstellen. Der Kracher wird der letzte Song sein, «So wie ich», bei dem Gröni dem Ich die definitve Hymne widmet und hat das Potenzial von «Männer»: «Ich bin total in mich verliebt, keiner liebt mich so wie ich, ich bin so froh, dass es mich gibt.»
Die andere Albumhälfte knüpft an die melancholischen Momente von «Mensch» an, womit uns Gröni auch im Winterblues den Soundtrack liefern wird. Gröni nennt die Selbstzweifel den Antrieb seines Schaffens. Es ist eine Forschungsreise ins innere Ich mit der Frage, ob man für sich selber noch spannend sei.
Für Grönemeyer ist «Schiffsverkehr» ein Neustart, obwohl ihm seit 14 Jahren Alex Silva im Studio zur Seite steht. Begonnen haben die Aufnahmen nahtlos nach dem Einspielen des Soundtracks von «The American» mit George Clooney von Anton Corbijn. Auf dem Album wollte Gröni den unbekümmerten Sound der Achtzigerjahre wieder herstellen. Was ihm nicht ganz gelingt. Neues gibt es dennoch, der Titelsong beginnt in e-Moll und geht in einen Refrain in as-Moll über.
Rückblickend betrachtet Gröni die Alben «Bleibt Alles Anders» (1998), «Mensch» und «Zwölf» als Trilogie, die Verarbeitung des Verlustes von Frau und Bruder. Die Zeit heilt Wunden: «die Dämonen sind versenkt» oder «denn auch jedes Tief dreht sich ins Hoch» singt Gröni im Titelsong und wünscht sich als Allegorie auf den Neuanfang mehr Schiffsverkehr. Am Ende teilt Grönemeyer die Meinung des Rezensenten, dass das Album durch die schnellen und druckvollen Nummern und nicht die Balladen besticht.
Grönemeyer sucht Schiffsverkehr – auch am Zürichsee.
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Tracklisting:
Schiffsverkehr
Kreuz Meinen Weg
Fernweh
Unfassbarer Grund
Deine Zeit
Erzähl Mir Von Morgen
Auf Dem Feld
Zu Dir
Wäre Ich Einfach Nur Feige
Lass Es Uns Nicht Regnen
So Wie Ich
Erschien in der Ausgabe 3/2011.
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