Schwarzer Honigregen im Hinterhof
9. Juli 2012
«Johnny» ist das beste Patent Ochsner-Album seit «Stella Nera», auch wenn es noch nicht das Niveau der 90er-Jahre erreicht.
Bewertung * * * * *


Büne Huber ist immer am besten, wenn er sich selber ist. So war das vor zwanzig Jahren mit dem ersten Patent Ochsner Album, der «Schlachtplatte». Das nächste Mal war Huber auf seinem 2000er-Soloalbum «Honigmelonemond» sich selber. Mit «Johnny» hat er es zum dritten Mal geschafft, weder sich an Kuno Lauener zu messen noch Formatradio tauglichen Muzak zu schreiben. Zwischen Kuno Lauener und Büne Huber verhält es sich wie zwischen John Lennon und Paul McCartney: Jeder bewundert den anderen für das, was er ist. Kuno ist der witzigfrechintelligente Texter, der sich jegliche Provokation über Sex und Gott leisten kann, Büne ist der verschmitztmalerischmusikalische Genius mit dem Hang zum Profanen. Vergleichen lassen sich die Bands schlecht, denn Kuno ist der Apfel und Büne die Birne. Und doch: Während es Züri West gelang, selbst schwache Alben mit unsterblichen Songs zu veredeln, war das gesamte letzte Jahrzehnt von Patent Ochsner ein Tal der Tränen. Weder die Musikredaktoren der Radios noch das Publikum an Konzerten scheint sich an die letzten Alben zu erinnern. Auf «Trybguet» (2002) musste sich die Band neu finden, «Liebi, Tod & Tüfu» (2005) war zu radiotauglich banal, und «Rimini Flashdown Part 1» litt unter der verbockten pseudobarocken Produktion. Seither ging Bünes Ehe auseinander, 23 Jahre liegen in Trümmer. Irgendwie lässt sich jeder Text auf «Johnny» auf diese persönliche Katastrophe zurückführen. Oder auch nicht.

Das Album knüpft an die erste Hälfte des Ochsnerschen Kanons von der «Schlachtplatte» bis «Honigmelonemond» an. Mal blubbert es unter den Songs, die Rhytmen wechseln, verfremdete Stimmen, die Guggenbläser und Bünes feiner Humor ergeben ein harmonisches Ganzes. Lediglich die radiotauglichen «Kreissaal» und «The Sinking Sailor» und die gelegentlichen textlichen Hänger, beispielsweise wenn Huber Hofers Polosofie zitiert, werfen ihre Schatten auf das Bild. Meistens aber sind die Texte so honigsüss wie der scharze Honig, den es in den Hinterhof regnet. «Guet Nacht Elisabeth» ist die Mitsingnummer an Konzerten, «Gummiboum» und «Houdini» könnten direkt von der «Schlachtplatte» oder von «Fischer» stammen. Bei «Houdini» wecken die Bläser das typisch melancholische Patent Ochsner Feeling.

Man hört dem Album die Mitarbeit der Band an: Gitarrist Disu Gmünder und Schlagzeuger Andi Hug waren bereits beim Songwriting miteinbezogen und Menk Grossniklaus verpasste dem Album den letzten Schliff. So wurde aus «Johnny» ein musikalisches Feuerwerk. Schickte Kuno Lauener auf «Göteborg» die Songidee weiter zu Huber, stellt man fest, dass diese offenbar bei Kuno geblieben ist, weshalb sich Büne Huber auf seine alten Stärken besann und munter drauflos musizierte. Und das ist gut so, die Berner Verhältnisse bleiben in unserer bewegten Zeit dieselben und vermitteln so den Eindruck, dass wenigstens in der Schweiz die Welt noch in Ordnung ist.


Gruppenbild mit Gummiboum in der Mitte: Büne Huber hat mit ebendiesem den nächsten Mundartrock-Klassiker geschrieben.


Tracklist:
J
ohnny
Zucker & Zitrone
Guet Nacht Elisabeth
Houdini
Git's über üs e Himmu?
Nachtgänger
The Sinking Sailor
Gummiboum
Sunnedeck
Kreissaal
Vermisst
Johhny - Reprise







 

 

Links: Patent Ochsner



  Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk

© 2012 VzfB | Alle Rechte vorbehalten