im Wüstensand wartet der Blues
29. Januar 2013
Ben Harper und Charlie Musselwhite erfreuen mit einem erfrischend erdigen Bluesalbum. Bewertung * * * * * 1/2


Die Vinylscheibe legt weltweit an Umsatz zu, während die digitale kleine Schwester CD schwächelt. Ben Harper und Charlie Musselwhite spielen auf ihrem gemeinsamen Album die Musik des Vinylzeitalters digtial klar ein. Vom ersten bis zum letzten Ton des Albums dröhnt der Blues erdig, frisch, warm und soulig aus den Boxen, aber ohne das Rauschen der 1930er-Jahre. Harper ist der zeitgenössische Musiker, der seine Wurzeln pflegt, Charlie Musselwhite diente als Vorbild zu Blues Brother Elwood. Sein Geld hatte der junge Musselwhite mit Whiskyschmuggel verdient. Mit 18 Jahren war er nach Chicago übersiedelt und hatte Muddy Waters und Howlin’ Wolf kennengelernt. Ben Harper traf Charlie Musselwhite 1997 während den Sessions zum «Best Of Friends»-Album von John Lee Hooker, der auch Charlies Trauzeuge gewesen ist.

Sie verstehen sich gut, nicht nur menschlich, sondern auch musikalisch, wie das Album belegt: Beim akustischen Blues «Don’t Look Twice» imitiert Harper mit fragiler Stimme den weisen Ratgeber «If your ship isn’t coming, don’t have a problem with the shore» und lässt Musselwhites Harmonika, der Bluesharp, freien Lauf. «I’m In I’m Out And I’m Gone» ist der verschwitzte klassische Zwölftakter, Harper setzt hierfür auf seine volle Stimme und man fragt sich, wo Charlie Musselwhite bei seiner Harmonika die verschiedenen Register zieht, die er spielt. Der Bruch zu «We Can’t End This Way» ist offenhörbar. Ein stampfender Gospel, der seiner schwarzen Wurzeln beraubt wurde und im Dreivierteltakt walzert. Ein Experiment, das funktioniert. Man stelle sich die Verwirrung beim Wiener Opernball vor, wenn anstelle der «schönen blauen Donau» «We Can’t End This Way» erklingen würde.

«I Don’t Believe A Word You Say» ist der ordinärste Song, der ebenso gut auf Harpers 09er-Album mit den Relentless 7 Platz gefunden hätte. «I Ride At Dawn» kriegt beinahe chinesische Züge, wie sie Damon Albarn in den letzten Jahren getragen hat, bevor mit «She Got Kick» und dem Titelsong «Get Up!», der Bluesrock zurückkehrt. Blues ist Rebellion, auch im Zeitalter des ersten schwarzen US-Präsidenten, so singt Harper «Don’t tell me I can’t break the law because the law broke me!».

Zwei leichte Schwächeanfälle, die den Hörgenuss kaum trüben, sind «You Found Another Lover», wo Harpers Gitarre das Klavier und Musselwhites Harmonika Linda Perrys Gesang auf der Piano-Version von «What’s Up?» der 4 Non Blondes imitieren. «She Got Kicks» ist der hundertste Bruder von Elvis’ «Hound Dog». «Get Up!» ist kein reinrassiges Bluesalbum, aber, wie SRF 3 richtig lobte, die erste Bluessensation des Jahres. Das Album erreichte in den Billboard-Blues und Roots-Charts in den USA die Spitzenposition. Empfohlen sei die Deluxe Edition mit der DVD, und diese sollte man zuerst schauen, bevor man das Album hört.

Ben Harper und Charlie Musselwhite, spielen beseelt den Blues. – Foto: benharper.com



cover get up

Tracklist:
Don’t Look Twice
I’m In I’m Out And I’m Gone
We Can’t End This Way
I Don’t Belive A Word You Say
You Found Another Lover (I Lost Another Friend)
I Ride At Dawn
Blood Side Up
Get Up!
She Got Kick
All That Matters Now







 

 

Links: Ben Harper



  Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk
 

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