Wer ist dieser Drummer schon wieder?
25. Februar 2014
Obwohl Abe Laboriel Jr. für Mylène Farmer, Johnny Halliday, Dave Stewart, Sting, Eric Clapton und Lady Gaga spielte, kennt ihn hierzulande kaum jemand.
 


Abe Laboriel Jr. fällt hinter seinem Schlagzeug mit seiner grossen Figur, dem Kahlkopf und Ziegenbart auf. Er singt ebenso passioniert wie er auf den Drums spielt. Und doch ist es ein Paradox: Liest man die Namen der Musiker, mit denen der 42-jährige Abe Jr. bereits gespielt hat, so müsste er der berühmteste Schlagzeuger der Welt sein. Es sind die grossen Namen wie Sheryl Crow, B.B. King oder Meshell Ndegeocello, aber auch Manhattan Transfer oder die jüngeren, noch als Popsternchen belächelten Ladies wie Gaga oder Miley Cyrus, denen er Takt gab. Nach Konzerten hierzulande jedoch, bei denen Abe Laboriel Schlagzeuger war, wird man mehrmals Ohrenzeuge des folgenden Dialogskriptes:

A: «Was für ein tolles Konzert!»
B: «Echt genial, dass XY gespielt wurde.»
A: «Oh ja, und auch AB»
B: «Dieser Schlagzeuger… Ich habe noch nie zuvor einen so kräftigen Schlagzeuger gesehen.»
A: «Stimmt. Der hat mir auch sehr gut gefallen!»
B: «Wer ist dieser Drummer?»

abe laboriel jr

Wer ist also Abe Laboriel Jr., der mit allen spielt, vom Publikum geliebt wird und an dessen Namen sich doch niemand erinnern kann?

eine musikalische Familie
Abe Laboriel Jr. wurde am 23. März 1971 in Boston geboren. Von 1977 an wuchs er in Los Angeles auf. Sein Grossvater war Gitarrenlehrer in Mexiko, sein Vater Rock’n’Roll Gitarrist, bevor er 1972 ans Berklee College of Music gewechselt und Komposition studiert hat. Abe Sr., nun an der Bassgitarre, war gefragter Sessionmusiker und spielte u.a. für Count Basie, Ella Fitzgerald, Al Jarreau, Herbie Hancock, Michael Jackson, Madonna oder Umberto Tozzi. Sein zweiter Sohn, Mateo, arbeitet als Produzent, Songwriter und Komponist von Filmmusik.

Abe Jr. erhielt mit vier sein erstes Schlagzeug geschenkt. In der Stube spielte er «Sgt. Pepper» und das «Weisse Album» von den Beatles sowie «Shining Star» von Earth Wind & Fire nach. Und er durfte seinen Vater zu dessen Sessions begleiten. Die Drummerszene von LA, Jeff Porcaro, Chester Thompson, Bill Maxwell und Alex Acuña, nahm sich des Knaben an. Als Abe zehn war, erklärte er, dass er Schlagzeuger werden wolle und erhielt Lektionen von Steve Gadd und Vinie Colaiuta. Sein Talent fiel auf: 1989 wurde er von der National Foundation For The Advancement Of The Arts und dem Down Beat Magazine ausgezeichnet. Anfang der Neunziger folgte Abe Jr. dem Weg seines Vaters und studierte bis 1993 in Berklee.

paul mccartney abe laboriel jr 2013
Abe Laboriel singt und spielt Gitarre. Hier mit Paul McCartney, auf dessen Schulter eine Heuschrecke sitzt. Ein Heuschreckenschwarm hat McCartneys Konzert überfallen, doch the show must go on.. – Foto: paulmccartney.com; MJ Kim.

Workaholic on Tour
Ein erstes Ausrufezeichen setzte Abe auf einer Tour mit Steve Vai, die ihn zu Seal führte. Danach spielte er auf Alben seines Vaters, von Duran Duran oder Mylène Farmer mit. Am nachhaltigsten war die Zusammenarbeit mit K.D. Lang, die 1997 startete. Ende 2000 machte ihr Produzent Kipper, der bei Sting in der Band spielte, Abe mit Sting bekannt, der ihn als Nachfolger von Manu Katché engagierte. 2004 und 2006 folgten weitere Touren mit Sting. Abe Laboriel bezeichnet sich als Workaholic, von 1997 bis 2002 gönnte er sich keine Ferien, um sich voll und ganz auf die Musik zu konzentrieren. Und so schien er mit 30 auf dem Höhepunkt seiner Karriere zu sein. Nach Sting spielte er für dessen Trompeter Chris Botti und es folgten Einsätze für die Top of The Pops wie Ricky Martin und Shakira, Avril Lavigne und später Lady Gaga oder Miley Cirus. Ebenso klopfte Altmeister Eric Clapton an, der Abe seit Mitte der Nullerjahre neben Steve Gadd als Schlagzeuger bei Studiosessions und für Tourneen engagiert.

der Kreis schliesst sich
Im Jahr 2000 fragte David Kahne, A&R Manager bei K.D. Langs Label, ob er auf Paul McCartneys nächsten Album spielen wolle, dass Kahne produzierte. Abe Laboriel gehört seit 2001 zu Paul McCartneys Begleitband, mit dem er seither über 300 Konzerte gespielt und auf neun Studio- und Livealben mitgewirkt hat. «Die Zusammenarbeit ist sehr natürlich. Paul erforscht die Musik lieber als sie zu diktieren», erzählt Abe. Multiinstrumentalist McCartney umgibt sich nur mit seinesgleichen, so spielt Abe Bild auch Gitarre, hat als Backgroundsänger John Lennon zu ersetzen und tanzt mit grazilen Bewegungen. 2012, bei «Dance Tonight», eroberte er das Zürcher Publikum im Nu. «Am Schlagzüg und Tanz: Abe Laboriel Jr.», radebrechte McCartney auf Züridütsch und führte den Einzelapplaus für seinen Schlagzeuger an. Dennoch erinnerte sich nach dem Konzert kaum jemand an den Namen des Drummers.

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Joe Walsh (Eagles), Paul McCartney (Beatles, Wings, Fireman), Dave Grohl (Nirvana, Foo Fighters) und Abe Laboriel Jr. live in Los Angeles, 2012. – Foto: Jason Merrit; Getty Images



abe laboriel jr 2008


Abe Laboriel Jr. (*1971), Foto aus dem Tourprogramm 2008 von Eric Clapton.

 


 
 

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