Nein, «You Want It Darker», das 19 Tage vor Cohens Tod 2016 erschien, ist nicht sein letztes Album. Während den Aufnahmen nahm er weitere Songs auf, die nun auf «Thanks For The Dance» erscheinen. Leonards Sohn Adam Cohen vollendete die Songs. Er bedauert, dass nicht mehr Zeit blieb, mit seinem Vater über die Instrumentalisierung zu sprechen.

Weder ist es eine typische Resteverwertung geworden noch ein typischer Sohn-Tribut. «You Want It Darker» ist gezeichnet von der Todesahnung, «Thanks For The Dance» ist noch im Leben behaftet, es ist Cohen durch und durch, erotisch, trüb- und tiefsinnig. Von seiner Krebserkrankung gezeichnet, sass er Stubentisch und sang in ein Mikrofon. Sohn Adam holte sich Unterstützung aus Cohens Band (Javier Mas auf der Laute) und bekennende Cohen Jünger wie Daniel Lanois oder Beck.

Wissend um seinen Tod zieht Leonard in «Happens To The Heart» Bilanz: «Ich arbeitete immer hart und nannte es nie Kunst. Ich bekam meinen Scheiss zusammen, Christus treffend und Marx lesend.» Im Titelsong singt er sinngemäss, dass sein Leben die Hölle, ein Wellenritt und Spass war: «It was hell, it was swell, it was fun.» Cohen, der grosse Poet, der den Literaturnobelpreis mindestens so verdient gehabt hätte wie Bob Dylan, schöpfte lyrisch nochmals aus dem Vollen und er tritt mit Stil und Schalk ab: «Thanks For The Dance» endet mit dem Gedicht «Listen To The Hummingbird», worin Cohen rät, dem Kolibri zu lauschen, anstatt ihm zuzuhören.


Leonard Cohen und sein Sohn Adam, der ihn schon bei «You Want It Darker» unterstützt hat, bei der Präsentation desselbigen Albums 2016.

Tracklist
Happens To The Heart
Moving On
The Night Of Santiago
Thanks For The Dance
It's Torn
The Goal
Puppets
The Hills
Listen To The Hummingbird

Erschien am 6. Dezember in der Augabe 10/2019.