Yello setzen einen Punkt
28. August 2020
Yello überzeugen mit ihrem neuen Album «Point» mit neuen Tönen. Die Musik ist so verspielt wie schon lange nicht mehr..
Bewertung: * * * * * 1/2


Pure Begeisterung, dies ist das simple Verdikt: «Point» ist das Album, das man seit bald einem Vierteljahrhundert von Yello erwartet und das Nachfolgealbum von «Pocket Universe» von 1997 hätte sein sollen. «Point» hat rundum Klasse und ist eines der fünf besten Yello-Alben. Es setzt bei der Techno-Expertise von «Pocket Universe» ein und führt zurück zur Spontaneität von «You Gotta Say Yes To Another Excess» (1983), «Stella» (1984) und «One Second» (1987) und ergänzt diese mit den technischen Möglichkeiten und Sounds der 2020er-Jahre. Manch zeitgenössische Elektro-Pop-Band müht sich vergeblich ab, um nur im Ansatz nach Boris Blank zu klingen. Zugleich ist im Spiegel von «Point» alles, was Yello in den letzten zwanzig Jahren veröffentlicht haben, blosse Etüde. Wie es der Name impliziert, setzt «Point» einen Punkt.

yello point

Das Album ist verspielt, dadaistisch, altbekannt und dennoch progressiv, weil es neue Klanglandschaften erschliesst; Stichwort Metallgitarren und Headbangen. Unzählige Künstler und Bands wie U2, R.E.M., Sting, Nine Inch Nails oder Queens Of The Stone Age scheiterten mit Remixes ihrer Songs, Boris Blank zeigt mit «Big Boy’s Blues» auf, wie eigentlich Rock-Remixe zu klingen hätten, die Gitarren und Beats ergänzen sich, ohne dass die prägenden Merkmale der eigentlichen Künstler verloren gehen. Dass Punk-Gitarren in der DNA von Yello liegen, bezeugten in den 1980er-Jahren die beiden Songs «Base For Alec» und «Si Senor, the Hairy Grill», letzterer einer der Höhepunkte bei den Konzerten 2017. In «Big Boy’s Blues» krachen die Gitarren wie bei den Foo Fighters und doch verzerrt sie Blank fast zum Knattern eines Helikopter-Rotors, derweil er Meiers Stimme in «Out of Sight» beinahe wie die von The Edge verfremdeten Gitarren in «Numb» klingen lässt. Überhaupt die Rockgitarre, auf keinem anderen Yello-Album ist sie prägender als auf «Point», so auf «Arthur Spark»; wer sich gefragt hat, was den U2-Alben nach «Pop» (ebenfalls 1997) fehlt, höre sich diesen Song an. Böse Zungen mögen über Dieter Meiers Sprechgesang nölen, dass er mittlerweile seine endgültige Form gefunden hat – dass Yello auf «Big Boy’s Blues» wie Leonard Cohen auf «I’m Your Man» klingen, lässt einem erschaudern. Wüsste man es nicht besser,

«Point» wäre ein Meisterwerk von zwei dreissigjährigen Genies, aber Boris ist 68-jährig, Dieter 75. – Wobei heute 75 das neue 30 ist und «Point» sich in illustrer Gesellschaft befindet: Bob Dylans (79) neues Album «Rough And Rowdy Ways» erreichte in diesem Sommer ebenso wie «Egypt Station» des damals 76-jährigen Paul McCartneys 2018 international die Chartspitzen. Der politische Kampfbegriff der alten Weissen Männer wird durch die Musik widerlegt, allein auf «Point» von Yello finden sich mehr musikalische Ideen, als sie eine durchschnittliche Band je entwickeln wird.


yello point 2020 waba duba
Boris Blank und Dieter Meier im Video zu «Waba Duba». Screenshot



Tracklist
Waba Duba
The Vanishing Of Peter Strong
Way Down
Out Of Sight
Arthur Spark
Big Boy's Blues
Basic Avenue
Core Shift
Spinning In My Mind
Hot Pan
Rush For Joe
Siren Singing (feat. Fifi Rong)

Bonus Tracks
CD aus Collectors Box

Insane
Zephyr Calling
Meet My Angel

Inhalt Collectors Box:
• CD Album mit Bonus Tracks
• DVD/BlueRay Live At Montreux 2017
• Picture LP
•signierter Druck




Erschien am 28. August in der Augabe 7/2020.

 

 

 

 


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Yello

Notenraster:
* Geld verschwendet
* * Eine EP hätts getan
* * * Okay
* * * * gutes Album
* * * * * we are pleased
* * * * * * Meisterwerk

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