«Irgendwie wusste ich im Hinterkopf immer, dass ich in den Sechzigerjahren Fotos gemacht hatte. Zunächst konnte ich nicht mehr genau sagen, in welchem Jahr, ich war mir aber sicher, dass wir noch recht jung waren und die Beatles gerade erst so richtig am Durchstarten waren.» Erinnert sich Paul im Vorwort von «Eyes Of The Storm», das in der deutschen Version «Augen des Sturmes» heisst, von Conny Lösch übersetzt wurde und bei Ch. Beck erscheint. «Als wir 2020 eine Ausstellung meiner verstorbenen Frau Linda vorbereiteten (Linda McCartney Retrospective in der Walker Gallery in Liverpool), erwähnte ich meine Bilder und erfuhr, dass sie sich in den Archiven bei MPL befanden.», so Paul weiter.
Paul gründete 1970 nach der Trennung von den Beatles MPL, McCartney Productions, die als Verlag, Managmenet und heute auch als Archiv seines Schaffens dient.
Liebe zur Fotografie
Die Liebe zur Fotografie muss in der Familie McCartney schon immer gross gewesen sein: Pauls Bruder Mike ist selbst Fotograf, Tochter Mary führt das Erbe ihrer Mutter Linda als Fotografin fort, so stammt das Cover von «Kisses On The Bottom» und Backcover von «McCartney 3» von ihr. Paul erzählt: «Fotografie hat mich ehrlich gesagt immer fasziniert, schon in den Fünfzigerjahren, als ich klein war und es in unserer Familie eine kleine Boxkamera gab.

Ringo Starr und George Harrison in Miami, 1964, gesehen von Paul McCartney. Foto: MPL Archive LLP
«Eyes Of The Storm» umfasst, meistens, Fotos von Paul, die er mit einer 35-mm-Kamera aufgenommen hat. Sie halten die Monate Ende 1963 und Anfang 1964 fest, als die Beatlemania im Vereinigten Königreich ausbrach und die Band zu ihrem ersten Besuch in die USA aufbrach. Die Fotos sind Pauls persönliche Momentaufnahmen dieser Zeit und geben einen einmaligen Einblick in die Zeit der Beatlemania. Für die gleichnamige Ausstellung und das Buch hat Paul von fast 1000 Fotos 275 ausgewählt.
«Wer ein persönliches Relikt oder einen Familienschatz wiederentdeckt, wird augenblicklich von Erinnerungen und Emotionen überflutet, die dann Assoziationen auslösen, die im Dunst der Zeit begraben sind. Genau diese Erfahrung habe ich gemacht, als ich diese Fotos sah, die alle während einer dreimonatigen intensiven Reise aufgenommen wurden, die ihren Höhepunkt im Februar 1964 hatte. Es war ein wunderbares Gefühl, in diese Zeit zurückversetzt zu werden», so Paul. Er bezeichnet es als sein fotografisches Tagebuch der Beatles in sechs Städten, in Liverpool und London, gefolgt von Paris und dann New York, Washington und Miami.
Das Buch
«Eyes Of The Storm» versammelt die 275 Fotos in sechs City-Portfolios bzw. Kapitel, die nach den oben genannten Städten benannt sind. Paul verfasste das Vorwort und er reflektiert die Fotos in den Legenden.
Zunächst fotografierte Paul schwarzweiss, gegen Ende des Buches, in den USA; sind es Farbfotos. Es war nicht nur Paul, der abdrückte, auch John, George und Ringo bedienten sich der Kamera. Und so wurden professionelle Fotografen, Sicherheitsleute, die auf die Gruppe aufpassten, und vor allem die Tausenden von Fans, die überall auf die Beatles warteten, abgelichtet. Immer wieder fotografierte Paul auch seine Mit-Beatles.

Doppelseite 158/159 aus dem Portfolio Paris. Auf Plakat für das Konzert im Pariser Olympia wurden Fotos von Astrid Kirchherr aus den Hamburger Tagen verwendet. Rechts John Lennon flaniert in Paris. Dank der sorgfältigen Produktion, bleibt die geöffnete Hardcover Ausgabe auf dem Tisch liegen.
Paul benutze damals eine Pentax SLR, er und Ringo trugen nicht nur eine Kamera mit sich herum, sie nutzten auch alle Fotografen, die sie fotografierten, um ihnen Tipps zu Beleuchtung und Komposition zu geben. So sieht man im Buch die heute selbst zu Ikonen gewordenen Dezo Hoffman, der Paul ermutigte, keinen Blitz zu benutzen, aber auch Harry Benson. der 1964 die Beatles bei einer Kissenschlacht in einem Pariser Hotel abbildete.
Ergänzt wird der Bildband von einer Einleitung von Jill Lepore, einer New Yorker Historikerin und Essayistin sowie einem Begleitwort von Nicholas Cullinan, Direktor der National Portrait Gallery in London sowie ein Essay von Rosie Broadly, Senior Kuratorin ebenda.
Die Ausstellung:
«Es ist toll, meine alten Fotos so schön ausgestellt zu sehen, und natürlich wecken sie bei mir tolle Erinnerungen, denn es sind ja die Jungs!», lässt sich Paul im 2024er-Jahresrückblick auf seiner Webseite zitieren. «Eyes Of The Storm» ist die Begleitpublikation zur Ausstellung «Paul McCartney Photographs 1963-64. Eyes Of The Storm», die in der National Portrait Gallery startete und seither in den USA und Japan gezeigt wird.

Paul McCartney betrachtet die Ausstellung in der National Portrait Gallery, Screenshot aus dem «Behind The Secenes» YouTube Video.
Die National Portrait Gallery entwickelte sie in Zusammenarbeit mit Paul. Kuratoren sind Paul McCartney, Sarah Brown für MPL Communications und Rosie Broadley für die National Portrait Gallery.
Die bisherigen Ausstellungen:
2023
28. Jun.–1. Oktober: National Portrait Gallery, London
5. Dez.–7. April: Chrysler Museum Of Art, Norfolk
2024
3. Mai–18. August: Brooklyn Museum, New York
19. Juli–24. September: Tokio City View
14. Sept.–19. Jan: Portland Art Museum
12. Okt.–5.Jan: Knwoledge Captial Event Lab, Osaka
2025
1. März-6.Juli: The De Young Museum, San Francisco
7. Nov.-6. Januar: First Art Museum, Nashville


Zwei Einblicke in die beiden Versionen: oben die Concertina-Version unten eine Doppelseite aus der Stadard Hardcover Edition.
die Versionen
«Eyes Of The Storm» erschien zunächst in zwei Versionen, als Hardcover Buch und eine Leporello Version, die Conertina-Version. Etwas später wurde das Buch auch als Paperback veröffentlicht. Es erschien zudem eine limitierte Portfolio-Edition von 175 Exemplaren, die Paul signierte. Zudem wurde in mehrere Sprachen übersetzt, u.a. auch auf Französisch, Portugiesisch, Spanisch und Deutsch. Sämtliche Ausgaben wurden auch als eBooks veröffentlicht.
Rezeption
«McCartneys Pentax wurde zu seinem intimen Notizbuch. … Was an (diesen Fotos) beeindruckt, ist nicht nur die Nähe, sondern auch der immer wieder staunende Blick des Fotografen McCartney», schreibt Jochen Siemens im Stern. Und Marion Löhndorf findetr in der Neuen Zürcher Zeitung: «Die Bilder sind faszinierende Zeitdokumente eines Beteiligten, der zugleich Beobachter war, ein Insider, der einen Schritt von der Mitte des Geschehens weg tat.»

Schauspieler Stanley Tucci interviewt Paul für einen Livestream der National Portrait Gallery.
Foto: MPL Communications
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1964: Eyes of the Storm
Photographs and Reflections by Paul McCartney
Paul McCartney, Jill Lepore
Hardcover, 336 Seiten
Penguin Books
ISBN 9780241619711

Titel der Concertina-Version.
Die limiterte Portfolioversion oben und unten die deutsche Ausgabe:
ISBN 978-3-406-80300-0

Werbung 2023:
Inserat in der Sunday Times vom 11. Juni 2023.
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