Endlich hat er es geschafft: Sir Paul veröffentlicht nach fast einem halben Jahrhundert Musikerkarriere ein komplettes Konzert, sowohl als Film wie auch als CD. Ansonsten waren es immer Tourmitschnitte oder wie bei «Unplugged – The Official Bootleg» von 1991 gekürzte Versionen eines Konzertes.

Seit dem 2001er-Album «Driving Rain» gibt Macca regelmässig Konzerte. Die Setliste der zum Mammutprogramm mutiertern Show hat sich in dem guten Jahrzehnt kaum geändert. Ein Drittel ist der Songs ist auch auf den Schwesteralben «Back In The USA» (2002) bzw. «Back In The World» (2003) zu hören. Bemängelten wir auf der «04 Summer Tour» nach seinem Auftritt im Zürcher Letzigrund, dass Macca zu viele Beatles Songs im Programm hat, änderte sich das Verhältnis in der Setliste ganz leicht zugunsten der Solo-Songs. Mit «Highway», «Sing The Changes», «Only Mama Knows» und «Dance Tonight» kamen vier Songs der letzten zwei Jahre ins Set.

Paul, mittlerweile im Frührenter-Alter angekommen, wird keine Welttourneen mehr unternehmen, sondern lediglich ein paar Konzerte pro Jahr geben. Konzerte wie jenes im New Yorker Citi Field, das er im Juni zur Eröffnung desselbigen vor 120 000 Personen gab. Das Citi Field Stadion wurde an der Stelle des legendären Shea Stadiums errichtet. Im Shea Stadium spielten die Beatles 1965 das erste Stadionkonzert der Rockgeschichte. 44 Jahre später kehrte McCartney zurück und spielte über dreissig Songs. Zu zwei Dritteln Beatlessongs, neben den üblichen Verdächtigen «Yesterday», «Hey Jude», «Let It Be» oder «Eleanor Rigby» finden sich «A Day In The Life», «Day Tripper» oder «I Saw Her Standing There», letzteres im Duett mit Billy Joel im Set. 5 Songs stammen aus dem Jahr 1973, drei davon ab dem Album «Band On The Run», dazwischen klafft eine grosse Lücke, «Flaming Pie» (1997), «Memory Almost Full» (2007) und «Electric Arguments» (2008) werden mit je zwei Songs zitiert. Sentimental wird es, als Macca John Lennon (mit «Here Today») und George Harrison (mit «Something») gedenkt.

Mit Wehmut stellen wir fest, dass «Maybe I’m Amazed» aus dem Programm fiel, doch der Shouter von 1970 ist wohl nicht mehr ganz das Richtige für Maccas Stimmbänder. Mit Freude nehmen wir zur Kenntnis, das «Calico Skies» und «Helter Skelter» noch immer im Programm ist. Doch anstelle der einen oder anderen Beatlesnummer dürften ruhig Songs wie «Let’em In», «Silly Love Songs», «Letting Go», «Ebony And Ivory», «Say Say Say» oder «My Brave Face» oder «Hope Of Deliverance» ins Liveprogramm zurückkehren (ausser «Say Say Say» - durch Jackos Tod wieder oft im Radio und TV gespielt).

Darum halten wir uns an die beiden Höhepunkte: der erste ist Billy Joels spontaner Auftritt bei «I Saw Her Standing There». Ein Jahr zuvor, gab Joel das letzte Konzert im Shea Stadium. Macca war der Überraschungsgast. Die zweite Überraschung ist Pauls spontanes Gitrarrensolo, das er an «I’ve Got A Feeling» anhängt. Linda, seine erste Frau, bedauerte es, dass Macca nicht öfters die Leadgitarre spielte. She was damn right!

Nachtrag aus dem Februar 2010
«Helter Skelter» wurde mit dem Grammy Best Solo Rock Vocal Perfomance ausgezeichnet. Dieses Mal ging John Mayer leer aus.

40 Jahre auf einem Bild: George Harrison und Paul 1969, McCartney im City Field 2009.

Chronologie:

« Electric Arguments
» Live In Los Angeles