Links zu den Kapiteln:
John Lennons Ermordung
George Martins Rückkehr
die Wings lösen sich auf
die Singles
die weiteren Songs
die Videos
die Versionen
das Cover
Rezeption und Statistik
«Die Musik machte grossen Spass und wir taten das, was wir machen wollten. Und dann noch mit all den Gästen zu spielen, war der grosse Bonus», erinnert sich Paul in der «Archive Collection» an die Aufnahmen zu «Tug Of War». Für die Produktion engagierte er zum ersten Mal seit «Live And Let Die» (1973) Beatles-Produzent George Martin. «Ich mag ihn wirklich als Produzenten und wenn du mit Leuten arbeitest, die wirklich gut sind, ist es viel einfacher», so Paul einem anderen Interview. Die gemeinsamen Aufnahmen begannen im Oktober 1980 mit «We All Stand Together» und wurden im Dezember weitergeführt.
John Lennons Ermordung
Die Nachricht von John Lennons Ermordung erreichte Paul an einem Aufnahmetag. Mark David Chapman schoss am 8. Dezember 1980 um 22.48 Uhr mehrere Schüsse auf John Lennon vor dem Dakota Building ab, worin er und Yoko Ono eine Wohnung hatten. Am Nachmittag, als Lennon das Haus verliess, um ins Record Plant Studio zu fahren, hatte Chapman bereits auf ihn gewartet, John signierte ihm die LP «Double Fantasy». Die Polizei brachte ihn ins Roosevelt General Hospital, doch er verstarb auf dem Weg dahin.
In Europa ging war es Morgen zu, als Linda McCartney die Kinder zur Schule gebracht hatte und zur heimischen Farm bei Rye in Sussex zurückgekehrte, tigerte Paul vor der Haustür auf und ab. «Schon als ich ihn sah, wusste ich, dass etwas schreckliches passiert sein musste», erinnerte sie sich. «Ich habe ihn noch nie zuvor so gesehen, er war verzweifelt, weinte.» Pauls Manager Peter Shrimpton hatte angerufen und Paul die traurige Nachricht überbracht. Linda führte Paul in die Küche, wo er schon bald von einer Panikattacke heimgesucht wurde: Er wäre bestimmt der nächste. Und noch viel schlimmer, jemand könnte es auf Linda und die Kinder abgesehen haben.

Eines der letzten Fotos von John Lennon zeigt, wie er seinem späteren Morder Mark David Chapmans ein Autogramm gibt.
George Martin rief an: «Paul, du möchtest heute verständlicherweise nicht arbeiten, oder?», fragte er. Am Nachmittag sassen sie in Martins AIR Studio in London und versuchten mit Arbeit über den Schock hinweg zu kommen. Auch George Harrison regierte ähnlich. Er nahm an diesem Tag in seinem Heimstudio in Friar Park neue Musik auf. Einer seiner Begleitmusiker an diesem Tag war Schlagzeuger Dave Mattacks, der ein paar Wochen später bei Paul spielen sollte. Ringo Starr flog mit seiner Frau Barbara Bach nach New York, um Yoko Ono zu kondolieren. Paul erzählte in mehreren Interviews, dass er und John Frieden geschlossen hatten und bei ihrem letzten Telefonat über ihre Kinder sprachen und Brotrezepte austauschten. Johns letzte Worte zu Paul waren: «Think of me now and then».
George Martins Rückkehr
Das Studiohandwerk und das Produzieren lernte Paul McCartney von George Martin. Dieser hatte zu Beginn der Aufnahmen von «Tug Of War» Bedenken und konfrontierte Paul mit folgender Bedingung: «Wenn es wirklich funktionieren soll, wirst du von mir einige harte Kritiken einstecken müssen, was dir nicht gefallen wird, denn du warst eine lange Zeit dein eigener Chef.» Paul akzeptierte die Regeln. «Ich habe immer gerne mit George gearbeitet. Er war eine grosse Hilfe bei den Beatles-Aufnahmen von Anfang bis zum Ende und ich hatte immer eine gute Beziehung zu ihm, vermutlich, weil wir begannen, gemeinsam Sachen zu orchestrieren», erinnert sich Paul in der «Archive Collection».
George Martin hatte die Karibikinsel Montserrat Mitte der 70er-Jahre kennen und lieben gelernt. 1979 richtete er in einem Bungalow mit eher knappen 27 Quadratmetern Fläche eines der damals modernsten Studios mit einem eigens dafür angefertigten Nieve-Mischpult mit 24 Spuren und 56 Kanälen ein. Zudem konnte man digital abmischen. «Tug Of War» war das erste Mal, dass Paul digital produzierte, der klarere Sound überzeugte ihn schnell davon. In den 1970er-Jahren pflegten die McCartneys in wärmeren Gefilden zu überwintern. Im Air Studio Montserrat wurden einige der wichtigsten Alben der 1980er-Jahre eingespielt, insgesamt 76, von The Police, den Rolling Stones, Elton John, Eric Clapton, Phil Collins, Dire Straits, Duran Duran, oder Black Sabbath. 1989 wurde es durch den Hurrikan Hugo zerstört.

Der Schüler und sein Meister: Paul McCartney und George Martin im Studio während den Aufnahmen zu «Tug Of War». Foto: Linda McCartney; paulmccartney.com
In den 1970er-Jahren pflegten die McCartneys in wärmeren Gefilden zu überwintern. Paul nutzte diese Urlaube für das Songwriting. Fernab grosser Touristenströme und einem Flugplatz, worauf nur Propellerflugzeuge landen konnten und dessen Piste dem Vulkan abgetrotzt werden musste, war Montserrat im Februar 1981 ein idealer Ort, um dem Trubel nach John Lennons Ermordung entfliehen und ungestört arbeiten zu können.
die Wings lösen sich auf
Im Sommer 1980 nahmen Paul und Linda McCartney mit Denny Laine in Pauls Heimstudio in Schottland die Demos von 15 Songs auf, von denen neun auf den Alben «Tug Of War» und «Pipes Of Peace» erscheinen sollten. Die ersten Aufnahmen mit George Martin führte Paul im Oktober und November durch, er spielte «We All Stand Together» ein, den Song zum 1984 veröffentlichten Zeichentrickfilm «Rupert And The Frog Song». Bei diesen Aufnahmen war niemand von den Wings dabei. Bei den Aufnahmen im Dezember 1980, war von den Wings einzig Denny Laine involviert. Die letzten Aufnahmen mit seiner 70er-Jahre Band führte McCartney im Januar 1981 durch, sie nahmen den Song «Same Time Next Year» auf, bevor Paul mit der Familie nach Montserrat reiste.
Es war offensichtlich, nach zehn Jahren und sieben verschiedenen Bandbesetzungen waren die Wings am Ende angekommen. Laurence Juber analysierte 2012 in einem Interview dem «Something Else Magazin» das Ende plausibel: «Ich denke, Paul hatte diese wirklich coole Rock Band gegründet und dann aber realisiert, dass er sie überhaupt nicht braucht – oder er wollte sie nicht brauchen, da er sich zum Familienmenschen entwickelt hatte, was eine andere Richtung war. Sein kreativer Impetus hat sich verschoben.»

Im «Club Sandwich» Nr. 24, dem Fan Club Zeitschrift, wünscht Paul Denny Laine im Sommer 1981 alles Gute nach seinem Abschied von den Wings.
Einzig mit dem treuen Denny Laine, der seit 1971 mit Paul und Linda Musik machte und den Kern der Band bildete, wirkte bei den Aufnahmen in Montsterrat im Februar und März 1981 mit. Dort kam es zu einem heftigen Streit zwischen Paul und Denny, da dieser die Lyrics von «Somebody Who Cares» kritisierte. Die Geschichten variieren, ob Paul Denny feuerte oder dieser entschied, die Zusammenarbeit zu beenden. Laine war enttäuscht, dass wegen McCartneys Verhaftung bei der Einreise in Japan im Januar 1980 die Wings-Tour durch Japan und die USA abgesagt werden musste und Paul die Konzerte nicht nachholen wollte. Als sich abzeichnete, dass sich Paul nach John Lennons Ermordung ins Plattenstudio zurückziehen würde, verliess Denny Laine nach offizieller Mitteilung die Wings auf eigenen Wunsch, weil er Konzerte geben wollte. Sein Abschied bedeutete das Ende der Wings. Zudem haben George Martin und Paul McCartney entschieden, die Aufnahmen grundsätzlich ohne die Band zu machen und die Musiker zu engagieren, die für einen Song gebraucht werden.
die Singles
Die Inspiration zu «Ebony And Ivory» kam Paul, als er Spike Milligan die Musikerweisheit aus den Zwanzigerjahren sagen hörte: «Black notes, white notes, and you need to play the two to make harmony, folks!». Paul verwendete die schwarzen und weissen Klaviertasten als Metapher: «Ebony and ivory live together in perfect harmony / Side by side on my piano keyboard, oh Lord, why don't we? » In der Strophe fährt er fort, dass die Menschen überall dieselben wären und in jedem Gut und Böse steckt und endet: «We learn to live, we learn to give each other what we need to survive together alive».
1964, bei der ersten US-Tour der Beatles durch die Südstaaten, hatte sich die Band geweigert, aufzutreten, bis die Rassentrennung im Stadion aufgehoben wurde. Zwischen der Beziehung mit seiner Verlobten Jane Asher und jener mit seiner späteren Frau Linda war McCartney 1968 mit der schwarzen Francine Schwartz zusammen. Zu dieser Zeit schrieb er «Blackbird». Schwarze Musiker prägten auch die Beatles. Von Anfang an plante Paul, «Ebony And Ivory» mit einem schwarzen Sänger einzuspielen, seine liebste Wahl war Steve Wonder, den Paul und Linda gemeinsam bewunderten.

Paul und Steve Wonder Ende Februar 1981 in George Martins AIR Studio in Montserrat. – Foto: Linda McCartney
Paul schätzt Steve Wonders Humor und seine rhythmische Exaktheit. Als sie bei «Ebony And Ivory» in die Hände klatschten, sagte Steve Wonder: «You’re out of the pocket», und meinte damit, dass Paul etwas hinter dem Takt wäre. Sie wiederholten es so lange, bis sie synchron waren. Im Studio lachten und scherzten sie sehr viel. Vor allem machte Steve Wonder immer wieder Witze über seine Blindheit: Wenn er einen Fehler machte und von Paul McCartney oder George Martin darauf hingewiesen wurde, pflegte er zu sagen: «Now, I see it.»
Für die B-Seite wurde «Rainclouds» gewählt, ein Song, den Paul und Denny Laine gemeinsam geschrieben haben. Bei den Aufnahmen mit George Martin erhielt der Song einen Irish Folk Touch, Paddy Moloney von der irischen Gruppe The Chieftains war für die Session am 9. Dezember 1980 gebucht, um den irischen Dudelsack zu spielen. Auch er hatte von John Lennons Tod erfahren, weshalb er sich vergewisserte, ob er noch nach London fliegen solle und wurde gebeten, den Termin einzuhalten. «Um etwa zwei Uhr war ich im Studio in der Nähe des Oxford Zirkus. Es waren nur etwa vier oder fünf Leute anwesend. Paul und ich sprachen miteinander. Er sagte, dass sein Haus belagert würde und es für ihn eine Erlösung sei, ins Studio zu fahren und von zu Hause fortzukommen, weil dort so viele Leute wären. Es wurden viele Tränen vergossen an diesem Tag.»
Auf der Maxisingle ist als dritter Song die «Solo Version» von «Ebony And Ivory», die Paul allein singt. Dem Song fehlt die letzte Raffinesse und vor allem Steve Wonders soulig warme Stimme.

Screenshot aus dem Video zu «Ebony And Ivory».
Als zweite Single wurde «Take It Away» ausgekoppelt. Es ist der ältesten Songs, den Paul bereits 1979 mit den Wings geprobt hatte. Paul schrieb ihn ursprünglich für Ringo, doch «ich dachte, dass er mir besser passen würde, so wie er in den Chorus geht». Der Song wurde fast ganz in Montserrat eingespielt, Ringo Starr wirkt darauf mit, er spielt mit Steve Gadd synchron das Schlagzeug. Das E-Piano stammt aus einer frühen Phase und wurde von George Martin eingespielt, Paul entschied, es drin zu lassen. Eric Stewart von 10cc, mit dem Paul bis 1986 und «Press To Play» zusammenarbeiten sollte, erarbeitete den Hintergrundgesang. Das Bläserarrangement wurde später in London aufgenommen.
«I’ll Give You A Ring» auf der B-Seite ist ein älterer Song von Paul, bereits 1974 spielte er ihn bei «One Hand Clapping», diese Version wurder aber erst 2010 erstmals veröffentlicht. «I’ll Give You A Ring» ist ein Vaudeville-artiger Songs und im Umfeld der Aufnahmen in New Orleans für das Album «Venus And Mars» gepasst hätte. Auf der fertigen Aufnahme singen Linda McCartney und Eric Stewart die Backvocals, die Klarinette spielt Tony Coe, er improvisierte ihn direkt im Studio.
Als dritter Song war auf der Maxisinge «Dress Me Up As A Robber», der auch auf dem Album erschien. Es ist der funkigste und rockigste Song auf dem Album. Paul hatte Teile davon bei einem früheren Aufenthalt in der Karibik geschrieben, eine erste Demoversion spielte er 1977 ein. Zu den Aufnahmen in Montserrat brachte Paul drei Demos mit, eines mit einem feurigen, vom Flamenco inspirierten Gitarrenriff, eines mit Pauls Falsettgesang und das ursprüngliche Demo. Die meisten Elemente der Demos wurden im finalen Song verfeinert, die Aufnahme dauerte einen Tag. Dave Mattacks spielte Schlagzeug, George Martin das elektrische Klavier und Denny Laine war am Synthesizer und der Gitarre, Paul spielte Bass und die weiteren Gitarren.

Dieses Foto von Linda McCartney wurde für die Hülle von «Take It Away» verwendet.
Im Text geht es darum, was auch immer die Person im Erzähler sieht, wie auch immer sie ihn anzieht, als Räuber, Matrose oder Soldat, der Erzähler wird immer sich selbst bleiben.
Der Titel «Tug of War» bedeutet im Englischen Seilziehen. Für Paul drückt er auch Gegensätze wie Ja und Nein, Oben und Unten, Mann und Frau oder Schwarz und Weiss aus. «Tug Of War» wurde als dritte und letzte Single aus dem Album ausgekoppelt. «Für mich ist es ein Lied über das Leben an sich, das ein Seilziehen darstellt. In einer idealen Welt könnten wir uns um eine einfachere Existenz bemühen», so Paul. Musikalisch ist der Song ein weiteres Beispiel für die Symbiose von Paul McCartney mit George Martin, der das Arrangement komponiert hat. Zunächst beginnt Paul solo, danach kommen Schicht um Schicht die akustische Gitarre, der Bass, das Schlagzeug, die Streicher und die Bläser hinzu, bis in der Mitte, wenn Paul von der besseren Welt singt, das Orchestertutti über die Akkorde einer elektrischen Gitarre spielt.
«Tug Of War» zeigt Paul als gereiften Texter, auf der Höhe seiner Kompositionskunst und mit seinen vierzig Jahren ist seine Stimme noch voll im Saft, weshalb der Song zu den Höhepunkten in seinem Katalog zählt. Das «Rolling Stone» verglich den Song gar mit John Lennons «Imagine».
Auf der B-Seite wurde der Album-Track «Get It» gewählt. Paul nennt Rockabilly Urgestein Carl Perkins den grössten Einfluss auf die jungen Beatles, sie hatten sieben seiner Songs in ihrem Repertoire. Paul schrieb speziell für die Aufnahme mit ihm «Get It». Im Refrain kommt der alte Optimist in McCartney zum Vorschein: «You’ve got to get it and you’ve got to get it good.» Da sich Carl Perkins bei den Aufnahmen mit den Kopfhörern schwertat, spielten sie den Song schlussendlich wie in den 1950er-Jahren live ein.
Das herzhafte Lachen von Carl Perkins am Ende beruht auf einer Bemerkung, die Paul von Perkins übernommen hatte. Eine Tage vor den Aufnahmen waren die Musiker zu einem Apéro geladen und als Perkins das Buffet sah, war er sehr beeindruckt davon. «Er kam zu mir und sagte: ‹Paul, wo ich herkomme, nennt man so etwas ‹shitting in the high cotton›», in etwa ins hoch gewachsene Baumwollfeld scheissen. Paul verwendete den Ausdruck bei den Aufnahmen, was Carl so lustig fand. Paul beliess das Lachen im Song, aber: «Wir mussten ihn beschneiden, sonst hätten sie ihn niemals am Radio gespielt», so Paul weiter.
Carl Perkins gefiel der Aufenthalt in Montserrat so sehr, dass er hier für Paul McCartney dankbar den Song «My Old Friend» schrieb und aufnahm.
die weiteren Songs
Paul schrieb «Somebody Who Cares» an einem Sonntagnachmittag, während er auf die Ankunft von Steve Gadd und Stanley Clarke wartete. «Mir gefiel die Idee, zu Ihrer Ankunft etwas zu schreiben, so dass dieser Song für alle neu war», erinnert sich Paul. Als sie ihn entwickelten, merkten sie, dass ihm noch etwas fehlen würde. Paul unterbrach die Arbeiten, sagte: «Gebt mir eine Stunde» und kam mit latein-amerikanisch angehauchten Gitarrensolo zurück.

Linda McCartney im Videoclip zu «Take It Away».
Das Intro spielt Paul auf der akustischen Gitarre und Denny Laine auf dem Synthesizer. Die Panflöte spielte Adrian Brett später in London ein, als der Harmoniegesang von Linda und Eric Stewart aufgenommen wurde. Brett war damals der einzige Londoner Flötist, der auch Panflöte spielte. Er erinnert sich, dass es für seinen Teil keine Noten gab, sondern dass ihm George Martin und Paul im Studio den Song vorspielten und er sein Solo aufgrund der Vorstellungen McCartneys entwickelte.
Im August 1981 nahm Paul in der ersten Etage der Windmühle von Hog Hill bei Rye in Sussex den Song «Here Today» auf – Paul kaufte die Mühle später, sanierte sie und richtete darin sein eigenes Studio ein. «Press To Play» (1986) sollte das erste Album, das er in seinem eigenen Studio aufnahm. Zu «Here Today» erzählt Paul: «Ich fühlte, dass ich irgendetwas (zu Johns Ermordung) schreiben musste, aber das Schlimmste wäre gewesen, etwas zu Sentimentales zu machen. So versuchte ich, meine Gedanken in Worte zu fassen.» Es wurde das Gespräch, das Paul und John nie führen konnten. Paul beginnt mit der Frage: «And if I said I really knew you well what would your answer be? » und gibt die Antwort: «Well knowing you you’d probably laugh and say that we were worlds apart».
Paul spielt die akustische Gitarre. Mit George Martin komponierte er das Arrangement für ein Streicherquartett. Von der Machart erinnert der Song an «Yesterday». «Wir machten uns Gedanken über Alternativen zu einem Streicherquartett, aber je mehr ich darüber nachdachte desto mehr kam ich zum Schluss, dass es dumm wäre. Es ist albern, dieses frühe Streicherquartett zu verdammen, nur weil wir es mal bei einem berühmten Song verwendet haben.» Seit 2002 ist «Here Today» fester Bestandteil in Pauls Konzerten.
«Ballroom Dancing» erarbeitete Paul im Sommer 1980 mit den Wings und war der erste Song, den er im Dezember des Jahres mit George Martin aufnahm. Überstrahlt vom hämmernden Klavier ist es ein tanzbarer Rocksong. Paul schrieb ihn mit den Erinnerungen, als er und George Harrison als Teenager in die Ballrooms in den Ausgang gingen, obwohl sie nicht tanzen konnten. Im surrealistischen Text verbindet er Kindheitsabenteuer und reist in der Zeit von David Crockett und in einer Porzellantasse auf dem Nil.

Paul mit Steve Gadd (rechts hinten) und Ringo Starr im AIR Montserrat Studio im Februar 1981. Wahrscheinlich bei der Aufnahme von «Take It Away»– Foto: Linda McCartney.
«The Pound Is Sinking» besteht aus zwei Teilstücken, die Paul beide 1977 schrieb: «The Pound Is Sinking» und «Hear Me Lover». Bei «The Pound Is Sinking» nimmt Paul die Börsenhändler auf die Schippe: «Für mich ist es eine lustige Sache, dass die Experten so nahe an den tatsächlichen Verlauf der Börsenkurse herankommen, so dass die Leute, die Geld haben, sie abschätzen können wie das Wetter. (…) Dennoch machen sie mehr falsche als richtige Prognosen.»
«Hear Me Lover» bildet im fertigen Song den Mittelteil, klar erkennbar unterlegt durch das Klavier im 3/4 Takt. Zwischen «Hear Me Lover» und der Wiederaufnahme von «The Pound Is Sinking» hat Paul noch ein Fragment des Songs «Something That Didn’t Happen» gemischt.
«Wanderlust» schrieb Paul über die Aufnahmesessions auf den Yachten vor den Jungfern-Inseln 1978, bei denen Paul und der Kapitän von McCartneys Yacht aneinander gerieten, weil Paul kiffte und der Kapitän ihm mit der Polizei gedroht hatte. Die McCartneys zogen dann auf die kleinere Yacht «Wanderlust» um. Die Melodie von «Wanderlust» ist eine der wenigen, bei denen Paul über drei Register singt.
Den Basistrack spielte er im Dezember 1980 ein. Er wollte, dass George Harrison ein Gitarrensolo spielen würde. Im März 1981 fuhren Paul und George Martin zu George Harrison. Harrison arbeitete damals an «All Those Years Ago», seiner Homage an John Lennon. Zunächst steuerten Paul und Linda ihren Harmoniegesang bei. Doch danach kam es nicht mehr zur Aufnahme von Georges Gitarrensolo für «Wanderlust», was Paul enttäuschte.

Paul Carl Perkins, Denny Laine und George Martin (vlnr) bei den Aufnahme von «Get It»1981. Foto: Linda McCartney
George Martin hatte eine andere Idee und heuerte mit der Philipp Jones Brass Band eine der bekanntesten englischen Tattoo-Bands an. Er steuerte McCartney Klavierballade in eine neue Richtung. Geht es im Song um die Suche nach Freiheit, die der Erzähler am Meer und auf der «Wanderlust» finden möchte, ist der fulminante Mittelteil mit dem Brass-Solo ein veritabler Counter Part, wo McCartney über eine verflossene Liebe nachdenkt, es könnte auch das Sinnieren über seine Beziehung zu John Lennon sein.
«Be What You See (Link)» ist eine kurze Spielerei mit dem Vocoder und einer Gitarre. Paul erzählt: «Ich wollte wenige Momente auf dem Album», bei denen du wie auf einem Album von Pink Floyd Geräusche hast, die sich zu einem ganz anderen Geräusch entwickeln.» Der Text von «Be What You See» besteht aus einem einzelnen Satz, beinahe schon eine fernöstliche Weisheit: «The one you wanted to be is now the one you see.»
die Videos
Zu jedem als Single ausgekoppelten Song wurde ein Video gedreht – zu «Ebony And Ivory» und «Tug Of War» gar zwei.
Das erste Video für «Ebony And Ivory» drehte Keith McMillan und nahm dabei die Themen des Songs auf. Für das Video wurde eine 12 Meter (40 Fuss) grosse Klaviertastatur gebaut. Es war das 500 Video, das Keff & Co drehten. Das zweite Video drehte Barry Myers, der zwischen Aufnahmen von Paul und von Gefängnisszenen hin und her wechselte. McMillans Video wird bis heute mehr gesendet.
Für das Video von «Take It Away» verloste Pauls Fan Club 600 Tickets für ein Konzert, dessen Band Paul, Linda, Steve Gadd und Eric Stewart waren, begleitet von einer Brass Band. Die Story orientiert sich am Songtext, ein Manager entdeckt eine neue Band. Der Manager wird von John Hurt gespielt, der sich für seine Rolle von Beatles-Manager Brian Epstein inspirieren liess – 15 Jahre nach dessen Tod eine schöne Hommage von Paul an seinen ehemaligen Förderer.

An Pauls 40. Geburtstag wurde in den Elstree Studios der Videoclip zu «Take It Away» gedreht. Eric Stewart, Linda McCartney, Steve Gadd und Ringo Starr, George Martin und Paul McCartney (vlnr).
Das Video erzählt visuell die Bandgeschichte, von der Probe in einem Wohnhaus, eine Reminiszenz an die Anfänge der Beatles und dem Konzert, wo der Manager zuerst Linda McCartney entdeckt und diese ihm die Band mit Paul vorstellt. Bei der Probenband spielt George Martin das Klavier und Ringo Starr das Schlagzeug.
Die zwei Videos zu «Tug Of War» drehte Maurice Philipps in den Air Studios in London und zeigen die Arbeit im Studio mit den Aufnahmen und dem Abmischen des Songs und die Zusammenarbeit mit dem Orchester. Bei der zweiten Version sieht man Paul den Song allein mit seiner Epiphone-Gitarre spielen und singen, Linda gesellt sich zu ihm bei ihren Harmonien, ergänzt wird der Video mit Szenen von Seilzieh-Wettkämpfen.
die Versionen
Von Anfang der 80er-Jahre an ordnete sich Paul McCartney dem Branchenstandard unter, dass Singles mehrheitlich aus Alben ausgekoppelt wurden. Als Lead-Single wurde «Ebony And Ivory» veröffentlicht, die einen Monat vor dem Album erschien. Von ihr gab es auch eine Maxisingle mit drei Songs. Im Juni 1982 folgte mit «Take It Away» die zweite Single, die ebenfalls als Maxi mit drei Songs erschien. Lange galt «Ballroom Dancing» als Favorit für die dritte Single. Im September 1982 wurde «Tug Of War» als Single veröffentlicht.
«Tug Of War» erschien am 19. April 1982 in England und Europa bei Parlophone, Odeon und EMI Electrola und eine Woche später, am 26. April in den USA bei Columbia. Veröffentlicht wurde das Album in zwei Formaten, der LP und der Musikkassette. In den USA wurde es erstmals am 29. Februar 1984 auf CD veröffentlicht. In Europa und Übersee am 4. Februar 1985. «Tug Of War» wurde noch auf analogen Geräten aufgenommen, gemischt und produziert wurde es bereits digital. 1993 erschien es in Europa digital remastered in der «Paul McCartney Collection», ohne Bonus-Tracks. 2007 wurde das Album erstmals als Download im iTunes-Store angeboten, als Bonustrack war Pauls Soloversion von «Ebony And Ivory» erhältlich.

Die das Boxset der Deluxe Version der «Archive Collection» Wiederveröffentlichung von 2015.
2015 wurde «Tug Of War» in der «Archive Collection» neu gemischt veröffentlicht. Die Wiederveröffentlichung umfasste die Standardversion mit dem 2015er-Remix des Albums und einer Bonus Disc mit Demos, Outtakes und den Single B-Seiten, dies als CD und auf Vinyl. Eine Deluxe Version mit DVD, worauf die Videoclips und ein Making-Of des Videos von «Take It Away» enthalten ist. Der remixte Single Edit von «Take It Away» ist als Gratis-Download auf paulmccartney.com verfügbar.
Für die Kompilation «The McCartney Years» (2007) wurden die Videos von «Tug Of War», «Take it Away» und «Ebony And Ivory» von Keith Mac Millan verwendet. in der «Archive Collection» sind zusätzlich die zweiten Videos von «Tug Of War» und «Ebony And Ivory» erhältlich.
das Cover
Brian Clarke gestaltete das Cover mit einem gemalten Porträt von Paul im Aufnahmestudio, das auf einem Foto von Linda McCartney basiert. Dazu übermalte er das Foto mit lithografischer Tinte durch eine Folie hindurch, legte dann eine zweite Schicht Folie darüber und malte einige der geometrischen Formen des Ölgemäldes mit blauer und roter Transferfarbe nach. Diese kombinierte er mit einem fotografischen Abzug seines Gemäldes, so dass die drei Schichten miteinander zu verschmelzen schienen und ein Gefühl von Tiefe und Transparenz entstand. Diese Komposition bildete die Grundlage für eine Serie von fünf «Tug of War»-Glasmalereien in verschiedenen Farben und Behandlungen bildete.

Die geometrischen Elemente des Gemäldes, die Clarke «Gitternetze» nennt, wurden im Werbematerial für das Album verwendet, in die Booklets integriert und erscheinen auf den Labels. Die fünf Glasmalereien sind auch im Video zu «Take It Away». Brian Clarke gestaltete 1993 das Dekor für die «New World Tour» von Paul und fertigte in den 1990er-Jahren weitere Glasgemälde mit Fotos von Linda McCartney an, die 1998, als Linda starb, in der Schweiz ausgestellt waren.
Rezeption und Statistik
Stephen Holden schrieb im «Rolling Stone», dass «Tug Of War » das Meisterwerk sei, das man von Paul McCartney erwarten dürfte. An dieser Rezeption hat sich die letzten vierzig Jahre nichts geändert. Robert Palmer von der New York Times fand das Album exquisit, kritisierte jedoch Pauls Texte als manchmal klischeehaft. Beatles Archivar Mark Lewisohn bezeichnet «Tug Of War» als das bessere Album als «Band On The Run». Dass ihm heute viele Kritiker, vor allem auch auf YouTube, nicht automatisch folgen, liegt daran, dass das Album als zu perfekte, kitschige Popmusik bewertet wird – und McCartney stets seine Credibility als Rockmusiker zu beweisen hat.
Mit Blick auf die globalen Verkaufszahlen war «Tug Of War» auf Jahrzehnte McCartneys erfolgreichstes Album nach den Beatles, «Band On The Run» erreichte in 12 Ländern in Nordamerika, Europa, Japan und Australien die Top 20. «Tug Of War» war in 15 Ländern in den Top 5. Erst «New» (2013), «Egypt Station» (2018) und «McCartney III» (2020) sollten diese Zahlen toppen mit mindestens zwei Dutzend Chartnotierungen pro Album.
«Tug Of War» war das siebte und bis «Egypt Station» 2018 das letzte Nummer 1 Album McCartneys in den amerikanischen Billboard Charts. In den britischen Charts war «Tug Of War» das fünfte Nummer 1 Album McCartneys und nach «McCartney II» das zweite in Folge in den 1980er-Jahren. In Deutschland war «Tug Of War» Pauls erstes Album an der Top-Position in der Hitparade – bis ebenfalls «Egypt Station». Weitere Top Positionen erreichte «Tug Of War» in Kanada, Holland, Italien, Japan, Norwegen und Schweden, in Frankreich, Österreich, Israel, und Spanien klassierte sich das Album auf Rang zwei, in Belgien Platz drei.

Scherenschnitt eines Seilziehens, der auf der Coverrückseite der Single «Tug Of War» verwendet wurde.
«Ebony And Ivory» war ein weltweiter Erfolg, in Kanada, Deutschland, Norwegen, Japan, England und den USA erreichte der Song die Chartspitze, in Schweden und Australien Platz zwei. Es war die am viertmeisten verkaufte Single des Jahres 1982.
«Take It Away», das einen amerikanischen Touch hat, erreichte Platz 10 in US-Charts, in England Platz 15. Top-Ten Platzierungen meldeten Kanada (Rang 2) und Norwegen (Rang 7), in Luxemburg resultierte ein 11. Platz, in Australien Rang 18. Irland meldete Rang 26, Flandern Rang 28 und Holland Platz 43.
Die Single «Tug Of War» erreichte sowohl in England wie Amerika Platz 53. Hinter dem Eisernen Vorhang meldete Polen einen 11. Platz.
In der Schweiz wurde die Albumhitparade erst 1983 eingeführt. «Ebony And Ivory» erreichte den 2. Platz in den Schweizer Single Charts. Es war nach «Another Day» 1971 und «Mull Of Kintyre»1977 McCartneys dritter helvetischer Single-Erfolg nach den Beatles und wird heute noch am Radio gespielt. Die beiden anderen Singles konnten sich auch nicht platzieren.
Das Album «Tug Of War» und «Ebony And Ivory» wurden zusammen für fünf Grammy nominiert, aber nicht ausgezeichnet. 2017 ereilte das neuaufgelegte Boxset der Archive Collection dasselbe Schicksal. Zwei Nominationen gab es bei den American Music Awards 1983, ebenfalls ohne Auszeichnung. In England wurden Paul und George Martin bei den Brit Awards drei Mal nominiert, Paul gewann als bester britischer Künstler und die Sony Auszeichnung für technische Expertise, die George Martin ebenso verdient hätte, aber in der Sparte bester britischer Produzent nur auf der Shortlist blieb. In Frankreich, Kanada, Japan und Spanien erzielte das Album eine Goldene Schallplatte, in den USA Platin.

Promofoto von 1982, aufgenommen beim Videodreh für «Ebony And Ivory» von Linda McCartney.
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Tracklist:
Tug Of War
Take It Away
Somebody Who Cares
What's That You're Doing?
Here Today
Ballroom Dancing
The Pound Is Sinking
Wanderlust
Get It
Be What You See (Link)
Dress Me Up As Robber
Ebony And Ivory
Cover Paul McCartney Collection, Remaster 1993:

Bonus Track
iTunes 2007:
Ebony And Ivory (Solo Version)
Archive Collection 2015:

CD1: Originalalbum
2015 Remix
CD 2: Bonus Audio
Stop, You Don’t Know Where She Came From (Demo)
Wanderlust(Demo)
Ballroom Dancing (Demo)
Take It Away (Demo)
The Pound Is Sinking (Demo)
Something That Didn’t Happen (Demo)
Ebony and Ivory (Demo)
Dress Me Up As a Robber/Robber Riff (Demo)
Ebony and Ivory (Solo Version)
Rainclouds
I’ll Give You a Ring
Deluxe Edition
Archive Collection:
CD 3: Originalalbum
Original Mix 1982
Bonus DVD:
Tug Of War Video 1
Tug Of War Video 2
Take It Away Video
Ebony And Ivory Video
Fly TIA – Behind The Scenes On Take It Away
Singles 1982:
Ebony And Ivory

Single:
Ebony And Ivory
Rainclouds
Maxi Single:
Ebony And Ivory
Rainclouds
Ebony And Ivory (Solo Version)
Take It Away

Single:
Take It Away
I'll Give You A Ring
Maxi Single:
Take It Away
I'll Give You A Ring
Dress Me Up As A Robber
Tug Of War

Tug Of War
Get It
Gratis Download
paulmccartney.com 2015:
Take It Away:

Tracklist:
Take It Away (Single Edit); (2015 Remix)
Promotion 1982
US-Promsingle, 1982:
A Sample From Tug Of War

Ebony Ivory
Ballroom Dancing
The Pound Is Sinking
Diese Maxi erschien auf weissem Vinyl.


Inserat aus dem New Musical Express, das mit dem Slogan: Zwei Seiten die uns näher zusammenbringen wirbt (oben) und Aushang für die Plattenläden mit allen bis dato erschienenen Alben McCartneys (unten).
Songbook 1982:

80 Seiten, Music Sales Ltd.
Ehrung 2021:

Das 2021er-Briefmarkenset der Royal Mail zu Ehren von Paul McCartney würdigt auch «Tug Of War».
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