zwei Frauen an der Strassenecke
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Jedesmal wenn ich hier an der Strassenecke vorbeifahre, stehen diese zwei Frauen hier und tratschen. Die eine ist gross und blond, die andere klein und brünett. Meist tragen sie flippige Jeans und ein knallenges Top, wobei die Blonde den burschikoseren Körper hat. Fast immer hat die Brünette eine Zigarette in der Hand und lehnt lässig an der Ampel an. Hier führt ein Zebrastreifen über die Strasse, der einen Gullydeckel im vierten Streifen hat. Steigt man hier in die Kanalisation, so kommt man nach zig Abflussrohren und Rattennestern an einen Zusammenfluss mehrerer Kanäle. Hier finden sich Säufer, Obdachlose, Ausbrecher und anderes lichtscheues Gesindel ein und feiern Partys. Das Gedröhn der Fässer ist bis in die entfernten Quartieren zu hören. Neben dem Zebrastreifen, auf der anderen Strassenseite der Frauen, ist ein Musikhaus mit Instrumenten, CDs, Videos und Büchern drin. Der Besitzer, ein einarmiger Mittfünfziger behauptet von sich, mit Lennon gekifft und Hendrix einen Satz Saiten geklaut zu haben – sicher ist nur, dass Rory von der lokal grössten Rockgruppe von ihm gesponsert wird. Schräge Vögel gibt es überall, so auch im Stockwerk über dem Musikgeschäft: Da lebt ein verrückter Maler, der von sich behauptet, die Reinkarnation Van Goghs zu sein. Er sandte der Pöstlerin sein Hörgerät nach.

Auf der Kreuzung gab es einen Autounfall. Eine Limousine mit gestresstem Chauffeur fuhr auf einen Kleinwagen auf, der seinerseits den Hund des Leierkastenmannes überfahren hat. Jetzt schreit dieser den Kleinwagenfahrer an, der seine Wut am überforderten Polizisten auslässt, während der Chauffeur von der Polizei befragt wird und einem Infarkt nahe ist. – Vor zwei Wochen übrigens wurde die Bank neben der Lieblingsampel der zwei Frauen überfallen. Ich könnte wetten, dass sie es gewesen sind, denn seither hat man sie nicht mehr gesehen.

 

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zwei Frauen an der Strassenecke – 1995  

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