Wettrennen
9. Februar 2008


Zwei Angestellte versuchen mit grossem Geschick, die gut zwanzig bis dreissig ineinander verkeilten Einkaufswagen auf dem viel zu engen Raum um die Ecke und durch die Drehtüre zu manövrieren. Der Tatzelwurm ist schwer lenk- und noch weniger biegbar, dennoch gelingt es den beiden, die Wagen ohne die Glastüre zu zerstören und ohne die Leute all zu lange aufzuhalten, in die Migros zu bugsieren. Kaum sind sie im Innern verschwunden, geht das Rennen unter der Handvoll wartenden Konsumenten los, um den Laden als erster zu betreten. Neben mir steuert ein Herr zielstrebig auf die Drehtür mit den noch eingeklappten Flügeln los, doch er stoppt abrupt. Die Gelegenheit nützend, überhole ich ihn, nach einem Schritt ebenfalls stoppend. Ein Tattergreis, der seine vierrädrige Gehhilfe vor sich herschiebt, kommt mir entgegen. Das kann unter Umständen gleich lange dauern wie das Rangieren der Einkaufswagen. Also links um und den Laden à l’anglaise betreten. Der Herr macht keine Anstalten einzutreten, nach zwei Schritten muss ich wieder stoppen! Nun kommt mir eine alte, klapprige Dame entgegen, ihren Rollator vor sich herschiebend. Sie blickt etwas lockerer in die Welt als der Greis, konzentriert sind sie beide. Angestrengt tippeln die beiden Schrittchen für Schrittchen aus der Migros. Sie sehen wie Spatzen aus, die über den Boden hüpfen. Exakt in der Mitte vor der Tür treffen die beiden wieder aufeinander und müssen erst wieder zu Atem kommen, noch immer die Drehtür versperrend. «Ich habe gewonnen», sagt sie. «Ja, ja», lächelt er, tätschelt ihr die Schultern und dann tippeln sie im Gänsemarsch los.




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Familienalbum – 22. Januar
Titeuf – 22. Januar
Über das Schreiben eines literarischen Tagebuchs – 22. Januar

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Transformer – 21. Februar
Europabrücke – 6. März
erster Frühlingsabend – 28. März


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