Zürich, Dolder
11. Juli 2012


Die Band legt alleine los und spielt zwei Stücke. Der Blues, Cousin des Jazz, angereichert mit Ethno- und Popelementen, erklingt auf der sommerlichen Doldereisbahn und steigt zum sich bewölkenden Zürcher Nachthimmel auf. Jeder der acht Instumenalisten erhält sein Solo und seinen Szenenapplaus, abfallend ist bloss der Gitarrist, der krampfhaft versucht wie B.B. King zu klingen. Dieser wird nach diesen zwei ersten Songs von zwei Sekundanten auf die Bühne geführt, der eine einen silbernen Koffer tragend – Notapotheke oder enthält er gar einen Defibrillator? B.B. King, mittlerweile 87-jährig, steckt in einem weissen, nach europäischen Massstäben, Nachthemd, als dicker Bruder von Nelson Mandela die Standing ovation zur Begrüssung winkend entgegennehmend. Danach setzt sich er auf seinen Stuhl und stellt, musikalisch untermalt, gemütlich und nicht ohne Schalk seine Band inklusive sich selber vor. Es ist wohl das einzige Konzert, das bereits mit dem Zugabenblock beginnt…

Ein Eindruck, der während den kommenden anderthalb Stunden nicht widerlegt wird. B.B. King kommuniziert erzählend und gestikulierend mit dem Publikum, hört Gedanken verloren seinen Mitmusikern zu und greift sich ab und zu Lucille, seine ebenfalls gealterte Gitarre. Am Ende des Abends wird er zwischen 40 und 50 Prozent der zu spielenden Gitarrenparts noch selber gespielt haben. Mit leuchtenden Augen nimmt er die wiederkehrenden Huldigungen aus dem Publikum entgegen. Er erinnert an den Urgrossvater bei seinem Geburtstag, den er mit einem Familienfest mit der ganzen Sippe feiert.

Der Ablauf ist bei jedem Song derselbe, die Band beginnt und King beugt sich zum Mikrofon. Scheint ihm auch Lucille aufs Alter zu schwer geworden und ihre Befriedigung nichts für die zarten Greisenhände mehr zu sein, doch sobald er zu singen beginnt, das blanke Erstaunen. Keine Spur von virilem Altersdiskant, vor dreissig Jahren war Kings Stimme so kräftig wie heute. Doch er muss das Alter elegant umschiffen, indem er von jedem Song die ersten beiden Strophen sowie den Refrain singt und danach die Band solieren lässt. Nach acht weiteren Songs, darunter den Hits «The Thrill Has Gone» und «Love Comes To Town», verabschiedet sich King mit den Worten, er werde in zwei Jahren wieder beim Live At Sunset Festival auftreten. Ich glaube nicht, dass er nochmals kommen wird, zu gebrechlich wirkte er. Doch kommt er wieder, werde ich ihn nochmals schauen gehen.





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