alte Plakate und ebensolche Erinnerungen
11. Mai 2013


Mit einem späten Mittagessen gestärkt, gelangen wir beim Seeparkplatz an den See, auf der Seepromenade spazieren wir dem Ufer entlang in Richtung Wolfgang. An Schwimmen ist nicht nur wegen der winterlichen Temperatur nicht zu denken, der Davoser See ist für seine thermischen Winde bekannt, die heute besonders eisig sind, so dass jeglicher Badespass ungemütlich wäre, zudem liegt der Seespiegel auch sehr tief. Seine Farbe ist wohl das, was man als Stahlblau bezeichnen würde, ein türkisgrau mit hohem Weissanteil, da das Seebecken aus beigen Steinen besteht.

Wir umrunden das obere See Ende, überqueren das Drussetschabächli und erreichen den Seehornwald, den Ernst Ludwig Kirchner in den buntesten Farben gemalt hatte. Etwas später informiert eine Tafel über den Bau des Druckstollens zum Kraftwerk Klosters, der 1922 eröffnet wurde. Die Tafel erklärt auch, dass im Winter durch den Druckstollen jeweils mehr Wasser abfliesst, als die Zubringerbäche in den See einspeisen, weshalb sein Pegel jeweils auf einen kleinen Rest abfliesst. Mitte Mai dürfte sich der See wohl wieder füllen, dennoch braucht es sehr viel Fantasie, um sich hier das sommerlich vergnügte Leben mit Segelschiffen, Schwimmern und Fischern vorzustellen, das in wenigen Wochen wieder vorherrschend sein wird.

Am See selber herrscht ebenfalls die totale Zwischensaison, wir sind die einzigen, die unterwegs sind. Wenn es wenigstens schönes Wetter wäre, man würde von der Wolfgangpass-Strasse das Knattern der Motorradmotoren hören. Doch nicht bei diesem Wetter, bei dem bleiben die Töffs zuhause. Dem trüben Wetter geschuldet, mich an frühere Aufenthalte hier am See erinnernd. Als Vater Ende der 80er-Jahre für das Diakonissenhaus Bethanien die Grafik machte, waren wir auch ein oder zwei Mal in Davos, da das Bethanien hier ein Hotel betrieb. Meine Erinnerungen richtig sortierend, war Vater an einer Besprechung mit dem Kunden, während Mutter mit Alain und mir dem See entlang ging. Vielleicht taten wir das aber auch alle miteinander, von diesem Spaziergang sind mir vor allem die Eichhörnchen hier auf der Seepromenade in Erinnerung geblieben; doch heute scheinen sie sich in ihre Nester zurückgezogen zu haben und bestätigen so den Eindruck, den Mutter damals von Davos hatte: langweilig. Und dies in der Hochsaison. –

davosersee 2013


Damals wie heute stimme ich nicht Mutter überein. Langweilig ist Davos nicht mal in der Zwischensaison, da ist es schlicht tot. Die Davoser Landschaft ist schön, zum Teil malerisch, nicht nur auf Kirchners Bildern. Die Aussenposten wie Monstein haben ihren ursprünglichen Charakter bewahrt, Davos selber, höchstgelegene Stadt in den Alpen, also Davos Dorf und Platz, ist im Vergleich zu anderen Schweizer Kurorten schlicht hässlich. International, verglichen mit Sestriere oder französischen Wintersportorten, die reine Retortenstädte sind, würde ich Davos als organisch gewachsene Ortschaft immerhin als herbe Schönheit bezeichnen.

Beim Freibad verlassen wir das Seeufer wieder. Wir wollen nicht auf demselben Weg, auf dem wir gekommen sind, also die Promenade mit all ihren geschlossenen Läden nach Davos-Platz zurückkehren, sonst würden wir uns wohl noch eine verspätete Winterdepression einfangen, sondern dem Landwasser entlang. Zunächst ist es aber eine organisierte Sightseeing-Tour: Auf der Stillistrasse vorbei am wohl bizarrsten Neubau im Endstadium, den die Schweiz bieten kann: Das Inter Continental, dessen Form schlicht an ein goldenes Ei erinnert, das anstelle des 2007 abgebrochenen Basler Sanatoriums gelegt wurde. Wir folgen dem Flüelabach bis zum Schweizerischen Schnee und Lawienenforschungsinstitut SLF und biegen kurz danach in die Museumsstrasse ein. Gespannt, auf welches Museum wir stossen werden, führt der Wanderweg uns am Heimatmuseum vorbei. Selbstverständlich hat auch dieses geschlossen. Einige Ständer mit alten Tourismusplakaten erregen meine Aufmerksamkeit. Immerhin etwas Gratiskultur.

davos heimatmuseum poster parsenn 2013


Nach Betrachtung und Würdigung der Plakate gehen wir weiter. Wenigstens wird es nun gülden: Auf der Dischmastrasse kreuzen wir Langlauf-Olympiasieger Dario Cologna, der mit Rädern an den Ski seine Trainingsrunde absolviert. Danach wäre das Landwasser sichtbar, mangels Wanderwegzeichen aber verfransen wir uns bei einem Bauernhof, der direkt am Golfplatz gelegen ist. So automatisch bei einer Warteschlange jeweils die langsamste erwischt wird, stellt sich unser Weg als der längste um den Golfplatz heraus. Jeder Schritt misst die Länge eines Kilometers. Über die Matta- und Hertistrasse erreichen wir schliesslich doch nach das Landwasser.

Ganz in meinen neunzehnjährigen Erinnerungen an den ersten Wintersporttag schwelgend, den ich hier an Ort auf den Langlaufskiern verbracht habe, auf der linken Seite des Landwassers gehend. Sinnigerweise heisst das Strässchen Skistrasse. Irgendwie bringe ich die Erinnerung nicht mehr mit den realen Verhältnissen vor Ort zusammen, was nicht am fehlenden Schnee liegt, ich weiss, dass ich mir die Skier an der Mattastrasse, wo wir vorhin Dario Colgona gekreuzt haben, angelegt hatte, weshalb hat es so viele Häuser? Führte die Lopie am Waldrand entlang oder war der Startpunkt der Loipe erst gegenüber der Talstation der Jakobshornbahn. Dort, wo in meiner Erinnerung eine Skischule war? Ich schaffe es nicht mehr, die Erinnerung richtig zusammenzusetzen.

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davosersee mai 2013

 

weitere Plakate:


plakat davos parsenn heimatmuseum


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Samstagmittag während der Zwischensaison – 11. Mai
Steinzeitkunst – 10. Mai
in der Viamala – 10. Mai

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Vom Aufgang der Sonne in St. Johann – 11. Mai
Klosters – 12. Mai
Frühling, du schöner Mann – 23. Mai


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