von Schwerzenbach zum Giessen
3. April 2015


Ich steige in Schwerzenbach aus der S9 und gehe zielgerichtet die Bahnhofstrasse hinab und folge anschliessend der Dorfstrasse bis zum Chimlibach. Mein Blick fällt auf die reformierte Kirche, die bestimmt nicht grösser ist als das Haus, in dem ich wohne. Sie ist gerade deswegen ein Gebäude, das mich schon immer fasziniert hat.

Die meisten meiner Schwerzenbacher Erinnerungen haben mit dem Buch «Schwerzenbach. Eine lange Geschichte» zu tun. Es ist eine Ortsgeschichte von Beat Frei, die Vater gestaltet hat und für die wir gemeinsam auf Fotosafari durch die Gemeinden gepirscht sind. Da es ein Buch mit relativ wenig Bildern ist und Schwerzenbach eine kleine Gemeinde, habe ich nur wenige Erinnerungen daran. Und es werden auch nicht mehr, jetzt vor Ort. Beim Anblick der Kirche erinnere ich mich, wie Vater und ich auf der Suche nach einem guten Fotostandort um die Kirche herumgingen. Eine andere, wie wir möglicherweise am selben Tag, in der Nähe der Kirche gegessen haben. Sonst sind es Transit-Erinnerungen, als wir von Dübendorf oder Uster kommend an der Kirche vorbeifuhren.

kirche schwerzenbach ostern 2015


Ich zweige rechter Hand in die Hermikonerstrasse ab und folge unter einer Hochspannungsleitung gehend dem Chimlibach entlang, bis zu seiner Mündung in die Glatt. Der April zeigt sich von seiner sonnigen Seite, an der Sonne ist es heiss. Auf diesem Wegstück versuche ich mich an die Schwerzenbacher Fotosafaris zu erinnern. Im Buch fehlt das obligate Bahnhofsfoto mit den Leuten, die in die S-Bahn ein- und aussteigen. Ich erinnere mich auch nicht daran, im Bahnhof fotografiert zu haben, obwohl es im Buch ein Foto vom Bahnhofsschild hat. Es ist das einzige darin, das von mir sein könnte. Hingegen sehe ich jedes Mal Vater und mich auf der Fotosafari, wenn die S-Bahn an Mettler Toledo am westlichen Ortsrand von Schwerzenbach vorbeidonnert.

Ich erreiche die Glatt. Nachdem ich einen Blick flussaufwärts zum nahen Greifenseeausfluss geworfen habe, folge ich dem Glattuferweg in Richtung Gfenn und Dübendorf. Es ist die österliche Fortsetzung des Karfreitagspaziergangs vom Milchbuck nach Stettbach, einfach in die andere Richtung, aber mit demselben Ziel. Der April macht seinem Ruf alle Ehre: Ich bin noch keine fünf Minuten der Glatt entlang spaziert und habe den wunderbaren hellblauen Himmel und die Frühlingsfarben der Hölzer und das frische Grün der Wiesen genossen, da schieben sich schwere schwarze Wolken vor die Sonne. Zudem bläst wieder eine kalte Bise. War es vorhin an der Sonne noch vorsommerlich heiss, friere ich nun trotzt geschlossener Lederjacke. Praktisch von einem Moment auf den anderen setzt Graupelschauer ein.

schwerzenbach glatt graupelschauer ostern 2015


Immerhin entspricht das Wetter nun meiner prägendensten Erinnerung von Schwerzenbach: Vater und ich waren im Sommer oder Frühherbst 2004, kurz vor dem Gut zum Druck des Buches, an einem Nachmittag nach Schwerzenbach gefahren, weil wir noch Fotos vom aus den Neubauquartieren Fotos brauchten. Es war grau, es war trüb, was keine Rolle spielte, da auch die Fotos im Buch schwarzweiss sind. Die Zeit, auf schönes Wetter zu warten, hatten wir wegen der nahenden Drucklegung nicht mehr. Immerhin regnete es nicht.

Schwerzenbach ist an der Grenze zwischen dem Glattal und dem Zürcher Oberland gelegen, sowohl das Oberland als auch das Glattal sind Landschaften mit eiszeitlichen Drumlins, jenen einzelnen, länglich-tropfenförmigen Hügeln, die durch das Eis geformt wurden. Zwischen Dübendorf und Schwerzenbach finden sich erste Drumlins. Vater und ich parkierten das Auto nach der letzten Siedlung am Ortsrand und gingen auf einem Feldweg in Richtung des ersten Drumlins vor Schwerzenbach, um einen guten Panaoramablick auf das Neubaugebiet zu haben. Der Rückweg führte um einen Drumlin herum. Wir hatten diesen beinahe umrundet, da erklang auf einmal ein lautes Heulen, das nach etwa einer Minute immer lauter wurde. Es dauerte wohl noch einmal so lange, dann donnerten zwei vom nahen Militärflugplatz Dübendorf startende F/A 18 an uns vorbei, über Schwerzenbach zündeten sie die Nachbrenner und verschwanden in den tiefhängenden Wolken, den Lärm ihrer Triebwerke an einem unsichtbaren Band nach sich ziehend.

Der Graupelschauer ist so schnell wie er gekommen ist auch vorüber, dennoch bin ich nass. Ich gehe auf einem Themenweg über die Kirchengeschichte. Die Landschaft zwischen dem Greifensee und der noch in weiter Ferne liegenden Besiedlung Dübendorfs ist zauberhaft; mit der hervorbrechenden Sonne kommen auch wieder Leute hervor, es hat Velofahrer, Jogger, Hündeler, auf dem Grillplatz Fällanden brät eine Familie Würste. Ich überquere die Glatt, setze mich beim Grillplatz an einen Tisch, esse ein Käsebrötchen, trinke ein Bier und geniesse anschliessend in Tradition meiner Gipfelzigarillos einen Zino Brasil am Glattufer und lasse mich von der Sonne trocknen.

glattuferweg ostern 2015 schwerzenbach

Der Rast genüge getan, folge ich der Glatt nun an ihrem linken Ufer. Der Weg geht weiterhin an Feldern entlang, eines wird von einem einzelnen Bauern in seinem Traktor bestellt. Bei der Buenstrasse überquere ich den Fluss wieder. Der Glattuferweg nähert sich nun Gfenn. Als erstes wird man sportlich empfangen: am linken Ufer befindet sich der Tennisclub Waldmann, auf meinem die Eis- und Curlinghalle sowie ein schöner Minigolf Platz. Da das Wetter nun wieder sonnig ist, bin ich wieder im Poloshirt unterwegs und schaue im vorbeigehen den Sporttreibenden zu. Beim nachfolgenden Wehr überquere ich die Glatt, weiter stadteinwärts folgt das Freibad Oberdorf, das es zu umgehen gilt. Als ich bei World Vision arbeitete, sind ein paar Kollegen hier über Mittag schwimmen gegangen. Ich folge anschliessend der Oberdorfstrasse zum Kulturzentrum Obere Mühle, wo einmal ein Freund von mir ein Chorkonzert gegeben hat.

Hier komme ich wieder an die Glatt und folge ihr quer durch Dübendorf. Die obligaten Enten, die ich während meinen Mittagpausen zu World Vision Zeiten hier beobachtet habe, nehmen keine Notiz von mir, da ich vorbeispaziere und nichts esse. Bei der Überlandstrasse mache verzichte ich auf meinen sonst üblichen Schwenker ins Industriegebiet Chriesbach, um dort in Erinnerungen versunken bei World Vision vorbeigehend in Gedanken die Kollegen gehend. Ich folge dem Fluss weiter, entlang alter Fabrikanlagen und neuen Gewerbebauten sowie der grössten Schweizer Garage, der Amag Überland, die ich von meinem Bürofenster aus wachsen sah.

Bei der Haltestelle Giessen entscheide ich mich, nicht mehr ganz bis nach Stettbach weiterzugehen, sondern nehme die Glattalbahn und fahre über Walisellen in die Aubrugg und wechsle auf den 11er. Beim Bahnhof Oerlikon nehme ich den 80er bis zur ETH Hönggerberg und von dort aus gehe ich das letzte Stück zu Fuss nach Hause.


duebendorf glatt ostern 2015


beat frei schwerzenbach eine lange geschichte

Beat Frei
Schwerzenbach
Eine lange Geschichte Gemeinde Schwerzenbach
2004
ISBN-3-033-00285-4



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