im Auge des Sturmes

13. Juli 2021


Für die Nacht ist sind wieder Gewitter angesagt, ich verräume gegen zehn Uhr wieder den Balkontisch. Die Fenster auf den Balkon lasse ich noch gekippt, als ich schlafen gehe. Nach halb zwei erwache ich, das Unwetter ist da. Ich gehe ins Heimbüro und die Stube rüber und schliesse die Balkonfenster. Das Bild ist dramatisch: Hinter dem grossen Ahorn auf der anderen Seite der Riedhofstrasse ist eine graue Wand, die düsteren Regenwolken hängen bis in die Baumkrone hinab, in ihnen blitzt es dauernd, so als ob jemand ständig den Lichtschalter an- und abmachen würde. Der Regen prasselt auf die Strassse, den Balkon und an die Fensterscheiben, hörbar auch auf das Hausdach, doch der Hagel bleibt aus.

Ich habe schon einige Gewitter hinter dem Fenster beobachtet, wenn das Wasser über die Fensterscheiben hinabläuft. So einen Starkregen habe ich noch nie in meinem Leben gesehen, selbst bei den stärksten Gewitterregen nicht, bei denen es bei Sturmböen durchaus waagrecht regnen kann, wenn waagrechte Wasserfontänen von den Hausdächern spritzen. Heute ist der Regen ein waagrechtes Band, der Begriff einer weissen Plastikplane, die von der Strasse bis in die Baumkrone reicht und im Wind hin und hergezogen wird, trifft es besser. Es ist ein Regenvorhang bzw. eine Regenwand. Wenn eine Windböe von der Stadt kommt, klatscht wellenartig ein Schwall Regen ans Fenster. Auf der Riedhofstrasse fliesst ein mehre Zentimeter tiefer Regenfluss.

Die Bäume werden vom Sturm hin und her gerissen. Es ist seit Orkan Lothar Ende 1999 der stärkste Wind den ich erlebe, damals wohnte ich noch bei den Eltern in einer Terrassensiedlung mit grossen Kaminen drauf, Vater beschrieb sie immer mit Kaminen von Mississippidampfern. Stoisch trotzten die Kupferkamine Wind und Wetter und setzten Grünspan an, aber bei Lothar wackelten sie im Sturm. Erfasst eine Strumböe heute die Bäume in der Umgebung, ist ein Fauchen auf der Strasse zu hören und die Baumkronen biegen sich schlagartig dreissig, vierzig Grad und schnellen danach in die Gegenrichtung zurück. Bei jeder Böe erwarte ich dass es den Bäumen die Spitze abbricht oder sie entwurzelt umfallen. Glücklicherweise passiert nichts. Nach ein paar Minuten ist der Spuk vorbei. Trotz des Orkans hat es nicht einmal meine Blumentöpfe mit dem Basilikum und der Minze drin umgeblasen.

 

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mehr Sturmschäden – 14. Juli
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