der humanitäre Krieg
30. August 2013


Man hat offensichtlich die Lehren aus 2003 gezogen, als die USA die UNO und damit die Welt und sich selber mit gefälschten Beweisen über Massenvernichtungswaffen von der Notwendigkeit eines Irakkrieges zu überzeugen versucht haben. Das Mandat blieb damals aus, die USA zimmerten eine Qualition der Willigen mit England, Spanien, Italien, Australien und den bürgerlich regierten osteuropäischen Staaten. Deutschland und Frankreich widersetzten sich. Das ruinöse Desaster des Irakkrieges, den die USA schlussendlich fast alleine fertigführen mussten, nahm seinen Lauf. Lust, in den nächsten Jahren nochmals kriegerisch zu intervenieren, hat niemand. In Libyen intervenierten vor zwei Jahren Frankreich und England, die USA wirkten im Hintergrund mit. Nach wenigen Wochen war Muammar Gaddafi gestürzt. Anfang dieses Jahres führten die Franzosen in Mali eine wenige Wochen lange dauernde Aktion in Mali durch, um die islamistischen Milizien zurückzudrängen und die Trennung des Staates rückgängig zu machen. Im Herbst 2013 aber ist die Rhetorik schärfer als der Wille, zur Tat zu schreiten. Frankreich, England und die USA haben unmissverständlich klar gemacht, dass der Einsatz von Giftgas gegen die eigene Zivilbevölkerung das Überschreiten der roten Linie bedeute. Dennoch möchten weder der französische Präsident François Hollande, der nur mit den Amerikanern zusammen, und US-Präsident Barack Obama, sofort in den Krieg ziehen. Obama möchte zuerst den Segen des Parlaments einholen, anstatt es, wie sein Vorgänger vor zehn Jahren, vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Ebenso der englische Premierminister David Cameron. Überzeugt davon, einen humanitären Krieg zu führen, indem er Syriens Präsident Assad am Einsatz weiterer chemischer Waffen hindern würde, hat er fest mit der Zustimmung des Parlaments zu einem Militärschlag gerechnet. Das Parlament hat dem Premier seinen humanitären Krieg auch gegeben. Mit umgekehrten Vorzeichen jedoch: Mit der Begründung, zuerst den Bericht der eilends eingesetzten UNO-Kommission abzuwarten, ob und wer das Giftgas eingesetzt hat, lehnte das Parlament unter der Führung der Labour Partei den sofortigen Militäreinsatz ab. Soweit die Lehre aus dem Irakkrieg. Die kriegslüsternen Kommentatoren in den Medien fragen sich nun enttäuscht, ob England als ehemalige Weltmacht mit diesem Entscheid sich endgültig von der politischen Weltbühne verabschiedet hätte. Dass man mit einem Luftschlag lediglich den Teufel mit Belzebub ausgetrieben hätte, wird verschwiegen.

Ebensowenig wird in den Kommentaren darauf verwiesen, dass ein Krieg, so humanitär seine Begründung auch sein mag, das letzte ist, was sich ein Staat leisten sollte, hat er doch die Aufgabe, für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen. Auf die Idee, dass England, das im Frühling dieses Jahres bei der Bildung, der Sozialhilfe und anderen Wohlfahrtsbereichen massive Sparprogramme durchgeführt hat, sich gar keinen Krieg leisten kann, sind weder der sein Premier noch die Presse gekommen.




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