Journalismus
16. Oktober 2008


Roger Köppel, Chefredaktor und Herausgeber der Weltwoche, ist bekannt dafür, dass er immer das Gegenteil von dem schreiben muss, als dass die meisten Medien tun. Dies mag ja als Geschäftstaktik aufgehen, wobei, die Zahlen, die lieben Zahlen… Nur so lässt sich aber auch erklären, weshalb Köppel die einst liberale Zeitung zu einem Kampfblatt der SVP von Dr. Blochers gemacht hat.

Seit dem Bankrott von Lehman Brothers vergeht kein Tag, ohne dass ein irgendwo ein renommiertes Finanzinstitut vom Staat gerettet werden muss. Geld, das für die normalen Staatsausgaben fehlen wird. Erste Kommentatoren stellen die bange Frage, ob der Neoliberalismus nicht ausgedient habe.

Nicht so die «Weltwoche», die auf ihrem heutigen Titelbild frei nach Ben Vautier sagt: «La crise n’existe pas.» In den Artikeln wird das hohe Lied auf die (Neo-)liberale Wirtschaft gesungen, und feierlich erklärt, im selben Tonfall wie in der Tagesschau am Sonntag von einem Professor der Wirtschaftshochschule St. Gallen HSG, dass wohl in Amerika und der EU die Banken reihum Konkurs gehen werden, nicht aber die UBS und Credit Suisse. Obwohl beide zu den zehn grössten Banken weltweit gehören, können sie sich per se nicht verspekuliert haben, da es Schweizer Banken sind. Und diese ja für Sorgfalt und Seriosität stünden.

Heute Morgen zur Ladenöffnung wurde die Weltwoche mit dem Titel «La Crise n’existe pas. Finanzkrise: Die Schweiz gewinnt» ausgeliefert. Zusammen mit dem Nachruf auf Jörg Haider, dem grössten Oppositionspolitiker Österreichs (gemässt Titelbild) und einem Beitrag über den Ewigen Wert Heimatschutz, ist diese Ausgabe der Weltwoche ein so sicherer Wert die Börsenkurse der ins Trudeln geratenen Blue Chips an den internationalen Aktienmärkten.

Etwas zur gleichen Zeit hat heute Morgen hat die UBS ihre toxischen amerikanischen Immobilienwertpapiere der Nationalbank verkauft, die diese in einer so genannten Bad Bank ausgelagert hat. Alleine den Begriff, dass die Nationalbank eine schlechte Banken schafft, also eine Bad Bank, um die UBS, die sich auf dem US-Markt verzockt hat, zu retten, muss man sich auf der Zunge vergehen lassen: Die Nationalbank schafft zur Rettung einer Grossbank eine Bad Bank…

Die Credit Suisse hat im Laufe des Tages in der Folge der Rettung der UBS durch die Nationalbank deren Rettungsangebot ausgeschlagen, da staatliche Lösungen in der neoliberalen Denkweise per Definition des Teufels sind. Weshalb aber übernimmt dann anstelle der Schweizerischen Nationalbank und damit durch uns Steuerzahler der Staatsfond von Quatar die Aktienmehreit der Credit Suisse?

Weshalb ist in der grössten Finanzkrise seit der Weltwirtschaftskrise von 1929 für die zweitgrösste Schweizer Bank ein arabisches Scheichtum vertrauenserweckender als unsere eigene Nationalbank? Sind Petro-Dollar besser als der Schweizer Franken, der eine kirsenresistente Währug ist?

Sorgen müssen wir Schweizer unser nicht machen, denn wie es in der Tagesschau von der HSG verkündet wurde und die Weltwoche für eine Woche am Kiosk proklamiert: Schweizer Banken können sich nicht verspekulieren und die Krise existiert nicht. Trotz den Rettungsaktionen für die UBS und CS. Das ist Journalismus.



Weltwoche 16 Oktober 2008 Finanzkrise

 

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