Zürich, Hallenstadion
20. August 2008


Der Stau der Konzertbesucher in Oerlikon war gross, aus Frankreich und Deutschland reisten die Fans an. Um 20 Uhr betritt die Vorgruppe die Bühne. Irgendwie kommt mir der nette junge Herr mit seinem Hut bekannt vor, doch ich kann mich nicht an seinen Namen erinnern. Dabei hatte ich erst kürzlich im «Rolling Stone» ein Porträt über ihn gelesen. Musikalisch erinnert er mich an eine Kreuzung von Bob Dylan und Neil Young. Gegen 21 Uhr betritt Eric Clapton die Bühne. Schon den ganzen Tag läuft mir sein Song «She’s Gone» nach.

Der erste Akkord hallt durch das Hallenstadion. Es ist nicht «She’s Gone». Die Tonlage ist ähnlich, Clapton eröffnet das Konzert rockig, er trifft zum ersten Mal an diesem Abend bei mir gefühlsmässig ins Schwarze: «Tell the truth, who’s been fooling you?», fragt er und wechselt gleich mal ins Falsett. Mit dem Opener des «Layla»-Albums legt er gleich mit dem harten Bluesrock los. Und er bleibt beim Bluesrock. Muddy Waters «Hoochie Coochie Man» schallt durchs Hallenstadion, es scheint, als ob meine Seele ihre Tore weit geöffnet hätte, die Gitarren prallen an den verletzten Wänden ab und wärmen diese wohlig. Clapton spielt und soliert als wären wir noch immer in den 60er- und 70er-Jahren. Immer wieder die Gitarren, ausser «Wonderful Tonight» und «Isn’t It A Pitty?» keine zuckrigen, Radiotauglichen Songs, dafür gleich sechs Stück ab dem Album «Layla», jenem Werk über die (noch) nicht erwiderte Liebe zu Patty Boyd Harrison. Zwei Songs in der gefühlten Mitte des Sets spielt Clapton unplugged: «Travelling Riverside Blues» und «Running On Faith» mit seinem tröstenden Refrain «love comes over you».

War «Berlin» von Lou Reed vor sechs Wochen das falsche für meinen Gemütszustand, gehe ich im klassischen Blues von Eric Clapton förmlich auf. Jedes Gitarrensolo, jeder Zwölftakter ein musikalischer Jungbrunnen. Seit ein paar Jahren hat Eric Clapton den Blues überwunden und eine neue Familie gegründet. Die Sprache des Blues hat er dennoch nicht verlernt. Ein ehrlicheres Konzert habe ich noch nie erlebt. Vater begeistert über die vielen Klassiker, ich bin frappiert über die grosse Anzahl der Songs, die genau meine Situation getroffen haben: «Tell The Truth», «Isn’t It A Pity?», «Why Does Love Got To Be So Sad?», «Help Me», «Nobody Knows You When You’re Down And Out», «Running On Faith», «Got To Get Better In A Little While» und als gemeinsame Zugabe mit dem behuteten Herrn vond er Vorgruppe, den Clapton als Jakob Dylan, Bobs Sohn, vorstellt, «Crossroads», das mir auf dem Nachhauseweg nachläuft, allerdings mit meinen Worten.

eric clapton zürich hallenstadion 2008


 

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