Sprachbetrachtung: Fremdworte sind Glücksache
13. April 2009


Nein, man sollte Leute nicht auslachen, sogar dann nicht, wenn sie es nicht merken, obwohl man direkt neben ihnen steht. Dennoch musste ich im Zürcher Zoo über den unbeholfenen Familienvater lachen. Ich stand dort und fotografierte die Dscheladas. Dschelada ist ein wohlklingendes Wort, aber wohl nicht gerade jedem Menschen die geläufige Bezeichnung der Affenart, die erst vor kurzem ihr neues Gehege zusammen mit äthiopischen Steinböcken beziehen konnte. Ich wusste es jedenfalls bis zu diesem Moment nicht und bezeichnete die Tiere als Makaken. Der Familienvater neben mir zeigte seinen Kindern etwas genervt darüber, dass diese zwar die nicht vorhandenen Steinböcke, nicht aber die munteren Affen sehen wollten, auf die Affenbande. «Nein, das sind nicht die Steinböcke, seht ihr, das sind die Pavi... äh... Pavillons», sagte er.
Beasty me begann also herzhaft zu lachen.

Und ich erinnerte mich an den Stand der helvetischen Schulbildung von 1994, als mein Geografielehrer im Lehrerseminar einen Witz über einen Mann erzählte, der im Blumenladen Gladiatoren kaufen wollte und in die Heizungsabteilung weiterverwiesen wurde. Mehr als die Hälfte der Klasse hatte das Wortspiel nicht verstanden, weshalb mein Lehrer etwas erschüttert fragte, wie man denn den Heizungskörpern unter dem Fenstern sagen würde. Prompt antwortete die treuherzige Seraina: «Gladiolen».

Fremdwörter sind Glücksache, und hier spiele ich nicht auf die verunglückten Mischehen wie Swiss Lack an. Ein befreundeter Gartenbauingenieur bezeichnete mit der grössten Inbrunst eine ausgewiesene Fachperson als Koniphere. Mein Schulfreund Manuel behauptete im Konfirmationsunterricht einmal, dass er am Sonntag in der Kirche auf der Amphore neben der Orgel gesessen habe. Und mein Klarinettenlehrer erzählte, dass ein Schüler in der Prüfung die Jazzphrasierung mit Synagoge bezeichnet hatte.

Spätestens hier sind wir wieder beim Thema des Sprachbildes angelangt. Irgendwie habe ich mühe, das orthodoxe Judentum, in welchem die Frauen diesselben Perrücken tragen und anderthalb Schritte hinter dem Mann laufen, mit Synkopen in Verbindung zu bringen.

 


dschelada

Der Dschelada des Anstosses.

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EInkaufen im Migros Limmatplatz – 8. April
Sprachbetrachtung: ein gemeingermanisches Phänomen – 16. März
wahre Lügengeschichte (Emil Steinberger) – 11. März

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in der Agentur – 15- April
ein Wunder – 21. April
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