müssen Schriftsteller sportlich sein?

27. Februar 2019


Müssen Schriftsteller sportlich sein? Dürrenmatt, man sieht es ihm im Alter wegen seiner Krankheit, Diabetes, nicht mehr an, ging dennoch jeden Tag in Neuenburg spazieren. Es war ein einstündiger Spaziergang, immer dieselbe Strecke. Haruki Murakami, der grosse japanische Schriftsteller, schreibt in «Von Beruf Schriftsteller», dass er täglich eine Stunde laufen geht. Er braucht dies nicht, um seine Krankheit zu bekämpfen, sondern um in sein Unterbewusstsein abzutauchen und genügend Kraft zu haben, um sich dem Dunkeln darin stellen zu können. Auch beschreibt er den Vorgang des Romane Schreibens mit einem Marathonlauf. Für den muss man auch fit sein. Murakami erwähnt auch Franz Kafka, der täglich 2 Kilometer in der Moldau geschwommen war. Was schliessen wir daraus?

Unsere eigene Erfahrung zeigt, dass Bewegung gut tut und dass sportliche Betätigung etwas hart formuliert, notwendig ist. Womit wir wieder bei den berühmten Kollegen sind, die Ausdauersport betrieben haben. Ich laufe nicht gerne, also kein Jogging. Ich bin aber gerne in der freien Natur, ausgedehnte Spaziergänge oder Wanderungen. Auch Kilometer fressen auf dem Velo oder wie Kafka schwimmen. Der wöchentliche Kilometer im Hallenbad ist ein Ziel, das ich mir noch immer gesteckt habe. Bei der köperlichen Betätigung geht es mir darum, loszulassen und den Kopf frei zu kriegen. Hierfür eignen sich Schwimmen und Radfahren bestens.

Der Vorteil beim Laufen ist, man kann etwas nachstudieren oder sich einfach in der Natur inspirieren lassen. So erinnern wir uns, vor der kaufmännischen Abschlussprüfung unserem Labrador Retriever die Rechtskunde und Betriebswirtschaftslehre beigebracht zu haben. Er war ein geduldiger Zuhörer und das Examen haben wir bestanden. Die Betätigung in der Natur, eine Stunde muss es erfahrungsgemäss mindestens sein, damit der Kopf frei wird, dient weniger als Konditionstraining und dem Durchhalten, so wie das Murakami schreibt, sondern es wirkt, denke ich an die gemeinsamen Wanderwochenenden in Davos mit Werner und an die Ferien in Flims, wie ein Katalysator aus. In Flims wandere ich in der Regel täglich sicher einen halben Tag, wenn nicht den ganzen Tag. Am Abend schreibe ich dann in kurzer Zeit, oft beim Nachtessen zwischen Gängen, mit solchem Elan, dass ganze Werke gewachsen oder vollkommen aus dem Nichts entstanden. So geschehen bei «Zwergenland», «Noxius» und diesem Tagebuch.

Murakami hat Recht, körperliche Betätigung ist neben Disziplin nötig, um als Schriftsteller Arbeiten zu können. In den Phasen, während denen ich regelmässig in der Natur unterwegs bin, bin ich produktiver als im Alltag. Es müsste doch möglich sein, die Arbeit, besser das Schreiben, mit der Musse, der sportlichen Betätigung und dem Training verbinden zu können.

 

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Aufbruch – 25. Februar
im Grossmünster – 17. Januar
Wildschweine – 1. Januar


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Züri West –15. März
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